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Wird das sächsische Bergsteigen zum Kulturerbe?

Sächsisches Klettern soll als immaterielles Kulturerbe anerkannt werden. Das hat der Bergsteigerbund beantragt. Demnächst fällt die Entscheidung.

Von Dirk Schulze
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Klettern im Elbsandstein heißt, den Fels ohne künstliche Hilfsmittel zu bezwingen und das eigene Können richtig einzuschätzen. Ringe sind selten.
Klettern im Elbsandstein heißt, den Fels ohne künstliche Hilfsmittel zu bezwingen und das eigene Können richtig einzuschätzen. Ringe sind selten. © Mike Jäger

Das sächsische Bergsteigen ist besonders. So besonders, dass es als immaterielles Kulturerbe anerkannt werden soll. Das zumindest hat der Sächsische Bergsteigerbund (SBB) schon vor mehr als zwei Jahren beantragt. Der Freistaat Sachsen unterstützt die Bewerbung.

Am 13. März steht nun die Entscheidung an. Sächsische.de erklärt vorab, worum es dabei geht.

Was macht das sächsische Klettern aus?

Die Sächsische Schweiz gilt als Wiege des Freikletterns. Im Jahr 1864 bestiegen Schandauer Turner erstmals sportlich den Falkenstein, 1910 wurden die sächsischen Kletterregeln festgeschrieben. An der zugrundeliegenden Philosophie hat sich bis heute kaum etwas geändert.

Es geht darum, den Fels ohne künstliche Hilfsmittel zu bezwingen. Zur Sicherung dienen allein Knotenschlingen, feste Ringe sind im Elbsandstein selten. Das ist herausfordernd für Körper und Kopf. Im Zweifel heißt es, auf den Gipfel zu verzichten. "Einen Kletterweg (noch) nicht zu klettern und bis zur Durchsteigung mit Geduld und Demut einen weiteren persönlichen Reifungsprozess zu durchlaufen, hat beim Sächsischen Bergsteigen einen besonderen Wert", schreibt der SBB auf einer eigens eingerichteten Website.

Das sächsische Klettern ist demnach nicht nur Bergsport, sondern eine Kulturform. Ein achtsamer Umgang mit der natürlichen Felsenwelt sei elementar. Das Wissen darum wird in Klubs, Familien und in Freundeskreisen weitergegeben. Auch die Boofen und Berghütten gehören für die Kletterer zu dieser Kultur. Seinen Ausdruck findet das sächsische Bergsteigen nicht zuletzt in Musik, Malerei, Fotografie und Literatur, bekannt sind vor allem die Bergsteigerchöre.

Was ist immaterielles Kulturerbe?

Anders als beim Titel des Unesco-Welterbes, mit dem Baudenkmäler und Kulturlandschaften ausgezeichnet werden, geht es beim immateriellen Kulturerbe um kulturelle Ausdrucksformen. Es kommen Bräuche und Feste, traditionelles Handwerk, Musik oder Kunst dafür infrage.

Es gibt eine sächsische Landesliste und ein bundesweites Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes. Das bundesweite Verzeichnis umfasst derzeit 144 Einträge, von denen elf aus Sachsen stammen. Dazu gehören der vogtländische Musikinstrumentenbau, die Bräuche der Lausitzer Sorben oder das Singen des Steigerliedes.

Berggottesdienst mit Bergsteigerchören in der Kuhstall-Höhle in der Sächsischen Schweiz.
Berggottesdienst mit Bergsteigerchören in der Kuhstall-Höhle in der Sächsischen Schweiz. © Mike Jäger

Das sächsische Bergsteigen wäre bei einer Anerkennung der zwölfte Eintrag aus Sachsen. Wichtig für die Anerkennung ist, dass die Kulturformen über Generationen weitergegeben und weiterhin aktiv gelebt werden. Sie sollten ein Gefühl von Zugehörigkeit und Identität vermitteln.

Als höchste Weihe ist theoretisch noch die Aufnahme in eine von drei internationalen Unesco-Listen des immateriellen Kulturerbes möglich. Dies ist nochmals deutlich schwerer. Hierüber entscheidet ein internationaler Unesco-Ausschuss.

Wie läuft der Bewerbungsprozess ab?

Schon im November 2021 hatte der Sächsische Bergsteigerbund gemeinsam mit zwei anderen Dresdner Sektionen des Deutschen Alpenvereins die Bewerbungsunterlagen eingereicht. Vorausgegangen war dem unter anderem eine Umfrage unter den Mitgliedern, was das sächsische Bergsteigen für diese ausmacht.

Im Juni 2022 hatte der Freistaat Sachsen dann das hiesige Klettern in die sächsische Landesliste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen und es gleichzeitig als Kandidaten für das bundesweite Verzeichnis nominiert.

"Hier wird eine ganz eigene Kletterkultur gelebt, die das Gemeinschaftserlebnis betont und höchste sportliche Ansprüche mit der Bewahrung einer einzigartigen Naturlandschaft verbindet", hatte Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) zu diesem Anlass erklärt. Eine Bewerbungsrunde gibt es nur alle zwei Jahre, das Bergsteigen ist aktuell der einzige Vorschlag aus Sachsen.

Seitdem werden alle Bewerbungen von einem unabhängigen Fachkomitee im Auftrag der deutschen Unesco-Kommission bewertet. Das Fachkomitee besteht aus Wissenschaftlern und Experten, es spricht Empfehlungen aus. Die Entscheidung liegt dann bei der deutschen Kulturministerkonferenz, der alle Kulturminister der Bundesländer angehören. Diese tagt am 13. März in Berlin.