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Im Kampf gegen den Krebs: Karls Schutzengel haben vier Pfoten

Ein sächsischer Verein erfüllt kranken und behinderten Menschen Herzenswünsche. Dem krebskranken Karl hat er mit Hündin Rubi eine neue Gefährtin geschenkt.

Von Angelina Sortino
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Während seiner Krebsbehandlung stand Rüde Murphy (rechts) Karl zur Seite. Mittlerweile übernimmt Hündin Rubi (links) diese Aufgabe.
Während seiner Krebsbehandlung stand Rüde Murphy (rechts) Karl zur Seite. Mittlerweile übernimmt Hündin Rubi (links) diese Aufgabe. © Lukas Stern e.V./privat

Stirn an Stirn liegen Karl und Rubi auf dem Boden. Die Haare des zierlichen Jungen und das Fell der Hündin haben sich beim Kuscheln ineinander verwuschelt. Dass das geht, ist ein Erfolg. Denn die braunen Strähnen auf Karls Kopf zeigen, dass die letzte Chemo und Bestrahlung nun schon eine Weile hinter ihm liegen.

Die Hündin aus Weißbach hat der Achtjährige vom Verein "Lukas Stern" geschenkt bekommen. Der Chemnitzer Verein erfüllt Menschen, die eine schwere Erkrankung oder eine Behinderung haben, Herzenswünsche.

Eigentlich begann bei Karl alles ganz harmlos. Als seine Eltern ihn im Februar 2021 aus dem Kindergarten abholen, werden sie von den Erzieherinnen angesprochen. Ihnen sei aufgefallen, dass eines von Karls Nasenlöchern dicker ist als das andere. Zuerst vermuten die Eltern, dass ihr Sohn sich etwas in die Nase gesteckt hat. Mama Nadine Richter geht mit Karl ins Krankenhaus, wo dem damals Fünfjährigen Gewebe entnommen wird. "Eine Woche später habe ich dann den Anruf erhalten", sagt sie. Was sie in dem Telefonat erfährt, reißt ihr erst mal den Boden unter den Füßen weg. Das entnommene Gewebe ist bösartig. Karl hat Krebs.

Ein offenes Ohr - auch für die Angehörigen

Wenn Karls Mutter von der Leidensgeschichte ihres Sohnes erzählt, spricht sie leise, wählt ihre Worte mit Bedacht. Auf dem Sofa neben ihr sitzt Daniela Lieberwirth. Die 48-Jährige ist Vorstandsvorsitzende vom Lukas Stern e.V.. Sie ist nicht nur Wünsche-Erfüllerin, sondern hat auch ein offenes Ohr für alle - egal, ob es um die Betroffenen selbst geht, oder ihre Eltern oder Geschwister sich etwas von der Seele reden müssen. "Wir liefern nicht nur Geschenke ab, sondern begleiten die Menschen über einen längeren Zeitraum."

Mit Daniela Lieberwirth (links) kann Mama Nadine Richter (rechts) über die schwere Zeit sprechen, die hinter ihrer Familie liegt. Lieberwirths Verein hat Karl (vorne) einen Herzenswunsch erfüllt und ihm Hündin Rubi geschenkt.
Mit Daniela Lieberwirth (links) kann Mama Nadine Richter (rechts) über die schwere Zeit sprechen, die hinter ihrer Familie liegt. Lieberwirths Verein hat Karl (vorne) einen Herzenswunsch erfüllt und ihm Hündin Rubi geschenkt. © Angelina Sortino

Nadine Richter erzählt, die Ärzte hätten ihr damals erklärt: "Es wird eine lange Reise, aber die Chancen stehen gut." Sie sollen recht behalten. Schon wenige Tage später beginnt Karls erste Chemo. Außerdem erhält er einen Monat lang eine spezielle Protonenbestrahlung in Dresden. Und selbst danach ist es noch nicht ausgestanden. Karl muss operiert werden. Erst bei der dritten OP gelingt es den Ärzten, die letzten Reste des bösartigen Gewebes zu entfernen.

Nadine Richter leidet mit ihrem Sohn. "Eigentlich ist er ein kleiner Wirbelwind. Aber nachdem er die Chemo erhalten hatte, wurde er immer ruhiger und ruhiger, bis er nur noch geschlafen oder gebrochen hat." Auch nach den Operationen habe er viel geweint, erinnert sich die Mutter.

Ein Bild und ein Pfotenabdruck erinnern an Hund Murphy, Karls treuen Begleiter.
Ein Bild und ein Pfotenabdruck erinnern an Hund Murphy, Karls treuen Begleiter. © Angelina Sortino

Mittlerweile ist Karl aber wieder der Alte. Gemeinsam mit Rubi tobt er durchs Wohnzimmer, wirft ihr ein Spielzeug zu. Rubi jagt ihm hinterher. Aus ihrem Bauch tönt freudiges Grummeln.

Karl ist mit Hunden aufgewachsen. Mit Murphy, um genau zu sein. Der kleine Rüde war während der schweren Zeit nicht nur Seelentröster, sondern auch Karls einziger Spielgefährte. Denn während seiner Behandlung darf Karl auf keinen Fall krank werden. Während der Coronazeit bedeutet das kein Spielen mit Freunden - zu gefährlich!

Von Begleiter zum Schutzengel

Wenn es Karl nach seinen Behandlungen besonders schlecht geht, ist die Sehnsucht nach dem tierischen Bruder groß. Immer wieder hat er im Krankenhaus seinen Namen gerufen, erinnert sich Nadine Richter.

Doch während Karls Leben nach den Behandlungen weitergeht, endet das von Murphy im September 2023. Mit 16 Jahren stirbt er - wird von Karls treuem Begleiter zum Schutzengel. Im Wohnzimmer der Familie erinnern ein Bild und ein Pfotenabdruck an das vierbeinige Familienmitglied.

Als Karls Mutter vom Verein Lukas Stern e.V. hört, ist deshalb schnell klar, welcher Herzenswunsch ihrem Sohn erfüllt werden soll. "Tiere haben ein ganz feines Gespür für Menschen, die krank oder benachteiligt sind", erklärt Daniela Lieberwirth. Dennoch hat sie den Wunsch nicht leichtfertig erfüllt. "Beim Verschenken von Tieren muss man natürlich immer vorsichtig sein." Doch in diesem Fall ist schnell klar: Rubi wird bei Karl und seinen Eltern ein gutes Zuhause haben.

Inzwischen krabbelt Karl über den Wohnzimmerteppich. Mit kurzen Beinchen tabbst Rubi hinterher. Es fällt schwer zu glauben, dass die Hündin erst seit einer Woche zur Familie gehört.

Der Lukas Stern e.V. entstand aus der Idee, dem unheilbar an Leukämie erkrankten Lukas aus Chemnitz einen Herzenswunsch erfüllen zu können. Seit seiner Gründung 2016 hat der Verein rund 470 Herzenswünsche von Menschen mit schweren Erkrankungen oder Behinderungen erfüllt.

Spendenkonto: IBAN DE75870520000190030577, BIC WELADED1FGX, Sparkasse Mittelsachsen

Betroffene und Angehörige, die einen Herzenswunsch haben, können sich hier beim Verein melden.