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Vorstoß aus Sachsen: Kommt die City-Maut doch noch?

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung bringt eine alte Idee ins Spiel, um Stauprobleme in der Innenstadt zu lösen – und die Stadtkasse besser zu füllen.

Von Gunnar Saft
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Weniger Verkehr in Sachsens Innenstädten und mehr Einnahmen für die Kommunen? Leipzigs OB Burkhard Jung (SPD) kann sich eine City-Maut gut vorstellen.
Weniger Verkehr in Sachsens Innenstädten und mehr Einnahmen für die Kommunen? Leipzigs OB Burkhard Jung (SPD) kann sich eine City-Maut gut vorstellen. © ronaldbonss.com

Innerhalb der kommunalen Familie in Deutschland hat sein Wort Gewicht. Der SPD-Politiker Burkhard Jung (65) ist nämlich nicht nur Oberbürgermeister von Leipzig – und damit Rathauschef von Sachsens größter Metropole –, sondern auch Vize-Präsident des Deutschen Städtetages.

Und so sorgte vor wenigen Wochen eine Forderung von ihm für Aufsehen, die auch in anderen sächsischen Städten einschneidende Veränderungen mit sich bringen könnte. Befragt, wie sich angesichts der akuten Finanzprobleme der Haushalt der Pleiße-Stadt entlasten ließe, sagte Jung der Leipziger Volkszeitung: „Ich denke da beispielsweise an eine City-Maut.“

Ob bewusst oder unbewusst brachte er so eine Debatte wieder ins Rollen, die viele seiner Amtskollegen eigentlich als beendet betrachtet hatten. So galt die Einführung einer City-Maut, bei der vor allem Autofahrer für die Nutzung von Verkehrsstrukturen in der Innenstadt jedes Mal eine zusätzliche Gebühr zahlen müssen, lange als eine mögliche Alternative, um die EU-Vorgaben in puncto Feinstaub und Stickstoffoxid zu erfüllen. In etlichen europäischen Städten wie London, Stockholm oder Mailand wird sie bereits seit Jahren erhoben, andere europäische Metropolen prüfen zumindest eine Einführung.

Aus Sicht der einzelnen Kommunen ist eine solche Maut durchaus attraktiv. Denn neben den damit verbundenen Luftverbesserungen fließt am Ende – je nach den konkreten Regelungen – auch viel Geld in die jeweilige Stadtkasse.

In Deutschland setzten sich einst allerdings die Befürworter von Umweltzonen gegen die Anhänger der City-Maut durch, weshalb es die Maut hierzulande bisher auch in keiner Stadt gibt. Allenfalls der Städtetag regte wiederholt an, wenigstens den daran interessierten Kommunen eine Erprobung zu erlauben, um danach erneut über das Für und Wider zu diskutieren.

Burkhard Jung scheint jedenfalls überzeugt, dass man über die bisher fehlenden rechtlichen Voraussetzungen für eine City-Maut debattieren sollte. „Es bräuchte also eine bundesgesetzliche Neuregelung. Wir sind gut beraten, alles auf den Tisch, alles auf den runden Tisch zu legen und sorgsam abzuwägen, was uns weiterbringen könnte“, betonte er im selben Interview.

Maut ist Sache der Kommunen

Tatsächlich blieb sein Ruf zumindest in Sachsen nicht ungehört. Die AfD-Landtagsfraktion nahm sich zwischenzeitlich des Themas an und stellte eine parlamentarische Anfrage an Landesverkehrsminister Martin Dulig (SPD). Darin erkundigte man sich, ob der Freistaat ein solches Projekt unterstützt und ob es dazu bereits Gespräche mit Leipzigs Oberbürgermeister selbst oder mit anderen Landesregierungen bzw. mit der Bundesregierung in Berlin gegeben hat.

Die Antwort fiel vor einigen Tagen jedoch denkbar knapp aus: Die Einführung einer sogenannten „City-Maut“, so teilte Dulig der AfD-Fraktion mit, obliege allein den Städten und Gemeinden im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung. Dazu verwies er auf den entsprechenden Artikel der sächsischen Landesverfassung. Immerhin ergänzte der Minister: „Dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sind diesbezüglich bisher keine Gespräche von Herrn Oberbürgermeister Jung mit der sächsischen Staatsregierung oder sonstigen politischen Vertreterinnen und Vertretern aus der sächsischen Kommunalpolitik, anderen Landesregierungen oder dem Bund bekannt.“

Verkehrsclub unterstützt Maut-Plan

Bei den tatsächlich dafür verantwortlichen Kommunen zeichnet sich bisher allerdings auch kein neuer Vorstoß ab. „Dem Sächsischen Städte- und Gemeindetag liegen weder aus Leipzig noch aus anderen Kommunen konkrete Informationen zur Einführung einer City-Maut vor“, bestätigt auch Geschäftsführer Mischa Woitscheck, dass das Thema dort aktuell nicht auf der politischen Tagesordnung steht. Freuen dürfte das vor allem den Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC), der einer solchen neuen Maut generell kritisch gegenübersteht.

Deutlich moderater beurteilt das Thema wiederum der Verkehrsclub Deutschland (VCD): Die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur, Stauvermeidung und eine Verbesserung der Lebensqualität sind Gründe für die Einführung einer City-Maut, heißt es dort. Diese Ziele können alternativ zwar auch mit anderen Instrumenten erreicht werden, zum Beispiel mit Verkehrsbeschränkung und -beruhigung, Parkraumbewirtschaftung und einer ökologischen Finanzreform. Allerdings: „Aus Sicht des VCD sollte der Gesetzgeber den Kommunen ermöglichen, eine City-Maut zu erheben. Dann können die Gemeinden selbst entscheiden, welche Maßnahmen zur Lösung ihrer Verkehrsprobleme jeweils am besten geeignet sind.“