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Weitere Geburtsstationen in Sachsen vor Schließung - längere Wege für Schwangere

In Sachsen sollen weitere Kreißsäle geschlossen werden. Hebammen warnen vor langen Wegen für Schwangere. Welche Standorte vor dem Aus stehen.

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Im Kreißsaal der Muldentalkliniken in Grimma kümmert sich Mandy Wendrich, Leiterin des freiberuflichen Hebammen-Teams am Krankenhaus, um ein Neugeborenes.
Im Kreißsaal der Muldentalkliniken in Grimma kümmert sich Mandy Wendrich, Leiterin des freiberuflichen Hebammen-Teams am Krankenhaus, um ein Neugeborenes. © Hendrik Schmidt/dpa

In Sachsen gibt es bald womöglich noch weniger Kreißsäle. Die zwei Geburtshilfestationen in Grimma (Landkreis Leipzig) und Erlabrunn im Erzgebirgskreis stünden vor dem Aus, sagt Stephanie Hahn-Schaffarczyk, Vorsitzende des Sächsischen Hebammenverbandes. "Damit nimmt die wohnortnahe Versorgung der Schwangeren weiter ab." Während in Erlabrunn, einem Ortsteil von Breitenbrunn, Ende des Jahres Schluss sein soll, sei die Situation in Grimma besonders unsicher.

Doch die Hebammen um Mandy Wendrich in Grimma möchten nicht aufgeben. "Richtung Mittelsachsen müssten Schwangere ohne uns deutlich längere Wege einplanen", sagt die Leiterin des freiberuflichen Teams am Krankenhaus Grimma, das Teil der Muldentalkliniken GmbH ist. Als Unterstützung sind für die zwölf Geburtshelferinnen knapp 50.000 Unterschriften auf der Petitions-Plattform Change.org zusammengekommen.

Eine 40-minütige Autofahrt bis zur Klinik sei laut einer Empfehlung für Schwangere mit Wehen zumutbar. Wendrich: "Das erhöht das Risiko von ungeplanten Geburten im eigenen Zuhause, im Pkw oder Rettungswagen." Dabei sei es nicht unerheblich, wie ein Mensch geboren wird. "Wie Mutter und Kind aus der Geburt gehen, ist der Grundstein für alles Weitere."

Seit 2011 in Sachsen elf Kreißsäle geschlossen

Die schwierige Lage der Muldentalkliniken zwinge zu kurzfristigen Sparmaßnahmen, erklärt Geschäftsführerin Julia Alexandra Schütte die Schließungspläne in Grimma. Deshalb werde die Geburtshilfe vorübergehend am Standort in Wurzen gebündelt.

"Zwei Geburtshilfen in unmittelbarer Nähe muss man sich leisten können, und das können die Muldentalkliniken aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht", sagt Schütte. "Die Versorgungssicherheit steht dabei an erster Stelle, und sie ist gewährleistet." Die Umsetzung der Schließung erfolge umgehend, um möglichst zeitnah notwendige Spareffekte zu erzielen.

Seit 2011 seien in Sachsen elf Kreißsäle geschlossen worden, so Stephanie Hahn-Schaffarczyk vom Sächsischen Hebammenverband. Die Ängste der Frauen würden zunehmen. Ohne Erlabrunn gebe es beispielsweise im Raum Erzgebirge Richtung tschechische Grenze kaum Anlaufstationen. Hahn-Schaffarczyk: "Frauen fragen sich, ob sie es noch rechtzeitig zur Klinik schaffen. Und wenn die nächste Geburtsklinik weit entfernt ist, können Hebammen keine Hausgeburt verantworten."

Alleingeburten sind risikoreicher

Ungewollte Alleingeburten könnten das Risiko einer schlechteren medizinischen Erstversorgung für die Neugeborenen bedeuten. Freiberuflichen Hebammen mache auch die hohe Haftpflichtprämie von bis zu 13.000 Euro pro Jahr zu schaffen. Und das trotz der Rückerstattung von rund 75 Prozent des Betrages, wenn sie genügend Geburten erfolgreich begleitet haben.

Nach Angaben des Sozialministeriums in Dresden verfügen aktuell 38 Krankenhausstandorte in Sachsen über Geburtshilfestationen. Noch mit eingerechnet sind Grimma und Erlabrunn. Anfang 2023 schloss auch die Geburtenstation des DRK Krankenhauses Lichtenstein (Landkreis Zwickau) - damit wären es drei Anlaufstationen weniger innerhalb eines Jahres.

"Vor dem Hintergrund der medizinischen Qualität und des demografischen Wandels kann nicht jede Klinik an jedem Standort das gleiche Angebot leisten", so eine Sprecherin des Sozialministeriums, das auch für den Bereich Gesundheit zuständig ist. Das Ministerium werde die Situation der Geburtshilfestationen fortlaufend beobachten.

Bei einer Schließung würden stets die Auswirkungen auf die Versorgungssituation in der betreffenden Region geprüft. In Sachsen gebe es eine flächendeckend gute und für jede werdende Mutter schnell zu erreichende Versorgung im Rahmen der Geburtshilfe, so die Ministeriumssprecherin. (dpa)