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Schätze aus dem Schlossgraben

Vor genau 25 Jahren wurde der Schloss-Wallgraben  ausgebaggert. Was Chronist Frank Schneider dort fand, stellt er heute aus.

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Diese Stücke barg Frank Schneider vor 25 Jahren beim Ausbaggern der Linzer Wallanlagen. Der Ortschronist bewahrt sie auf und zeigt sie zu bestimmten Anlässen.
Diese Stücke barg Frank Schneider vor 25 Jahren beim Ausbaggern der Linzer Wallanlagen. Der Ortschronist bewahrt sie auf und zeigt sie zu bestimmten Anlässen. ©  Anne Hübschmann

Linz. Der Linzer Wallgraben war bis zur Wende ein „stinkendes Loch, ein Schandfleck“, wie Frank Schneider erzählt. Das Abwasser lief in den Graben, die einstige Schönheit des Schlossplatzes war überwuchert. Der Linzer Ortschronist sitzt über den Vorbereitungen für die 800-Jahrfeier im nächsten Jahr. Das ehrwürdige Schloss, das 1948 abgerissen wurde (s. Beitrag unten), und seine erhalten gebliebene Wallanlage spielen dabei freilich eine große Rolle.

Es ist zudem gerade 25 Jahre her, dass der Schlossgraben geräumt und renaturiert wurde. Am 10. Januar 1994 begannen die Arbeiten. Das war der Abschluss der Wallanlagen-Sanierung, die seit 1992 von ABM-Kräften ausgeführt wurde. 

„Das war auch bitter nötig, denn die Brückenmauern drohten abzusacken“, erinnert sich Frank Schneider. Sie mussten von unten ausgefugt werden. Anfang der 70er Jahre sollte der Schlossgraben sogar wegen seines Zustands zugeschüttet werden. Nur weil die frühgeschichtliche Anlage ein Bodendenkmal ist, sei das nicht genehmigt worden.

Frank Schneider hat sich damals natürlich das Ausbaggern angeschaut. Er hat selbst auch neugierig gesucht, ob was zu finden ist. Im zugewucherten Schutt vom Schlossabriss, der aus dem Graben freigelegt worden war, fand er tatsächlich kleine Schätze: Meißner Porzellanscherben, ein Stuckornament von einer Wand, das Teil einer Kaminabdeckung, einen handgeschmiedeten Fensterwirbel und Türgitter.

Am 10. Januar 1994 startete das Enttrümmern des Schlossgrabens.
Am 10. Januar 1994 startete das Enttrümmern des Schlossgrabens. ©  Anne Hübschmann

„Die baulichen Stücke stammen garantiert noch vom Schlossumbau 1856“, ist sich der Ortschronist sicher. Die Tellerscherben könnten 1945 bei der Plünderung aus dem Fenster geworfen worden sein. Das Porzellan führt Schneider auf den letzten Schlossbesitzer – Graf zu Münster – zurück.

Den Umbau 1856 hat dagegen Ernst Freiherr von Palm veranlasst. Die Stücke, die der Ortschronist bei sich zu Hause aufbewahrt, könnten die letzten öffentlichen Erinnerungsstücke aus dem Schloss sein. „Nach der Enteignung und Vertreibung der letzten Schlossbesitzer ist vieles an die Flüchtlinge verteilt worden, aber auch Einheimische haben sich Dinge aus dem Schloss geholt“, weiß Schneider.

Seine Fundstücke behält er nicht für sich, sondern stellt sie öffentlich aus. Erstmalig war das 2003 zum Schlossplatzfest der Fall. Damals konnte mithilfe der oberösterreichischen Partnerstadt Linz/Donau das Schloss als Computerrekonstruktion virtuell dargestellt werden. Auch ein Schlossmodell hatten die Österreicher mitgebracht. Auf einem Bilderrundweg rund um den restaurierten Wallgraben konnte man an jenem Tag des offenen Denkmals verfolgen, wie das schöne Bauwerk einst aussah.

Ein zweites Mal waren die Schätze aus dem Wallgraben 2008 auf Schloss Lauterbach zu sehen. Freiherr von Palm stammte von dort. Als Linzer Kirchen- und Schulpatron erweiterte er nahezu die gesamte dörfliche Infrastruktur, indem er vor rund 150 Jahren den alten Gutshof komplett abreißen und neu aufbauen ließ, um die Hälfte größer als vorher.

Wie damals auf dem Wallgraben Schwäne, wilde Gänse, Löffelenten, ja sogar Flamingos gehalten wurden, beschreibt Frank Schneider im 2019er Großenhainer Jahrbuch. „Die meisten Linzer freuten sich nach der Wende, dass der Wallgraben rekonstruiert wurde“, blickt Schneider zurück.

Seither bildet er die besondere Kulisse für die jährlichen Dorffeste. 2020 zur 800-Jahrfeier wird die Diskussion um die alte Burganlage weitergehen. Dann werden Schneiders Fundstücke wieder zu sehen sein. Und der Chronist wird erzählen, wie er sie aus dem Dreck holte. (SZ)

>>>> Lesen Sie dazu auch: Schlosspark reichte bis an die Kirche