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Schalom am Gymnasium

Beim fünften Austausch gibt es keine Bedenken mehr – junge Israelis lernen Großenhain und Stätten der Erinnerung kennen.

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© Anne Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Wer baut den höchsten Turm? Mit solchen Kennlernspielen in gemischten Gruppen kommen sich die Jugendlichen am ersten Tag des Schüleraustausches näher. Erst am Sonntag sind die 25 Israelis aus der Großstadt Holon angereist, am Montag wurden sie im Großenhainer Gymnasium mit „Schalom“ begrüßt. Auf deutscher Seite gibt es eindeutigen Mädchenüberhang, aus Israel sind dagegen mehr Jungen angereist. Es ist der fünfte Austausch über das sächsische Landesjugendpfarramt. Vertreterin Christiane Thomas wünscht sich, dass Freundschaften entstehen und Fremdheit überwunden werden kann. „Wenn jemand anders ist, dann ist das nicht schlimm“, das sollen die Jugendlichen erleben. Geschichtslehrer Wolfgang Maaß weiß, dass das bei früheren Begegnungen gut funktionierte. „Als wir 2014 den ersten Austausch hatten, waren wir noch vorsichtig wegen der Öffentlichkeit“, sagt er. Doch Vorkommnisse gab es nie. Mittlerweile gehen die Gastgeber lockerer mit den jungen Juden um. Zumal kaum einer in seiner Familie ein Opfer der Schoah zu beklagen hat. „Etliche Familien sind russischstämmig“, sagt Wolfgang Maaß.

Weiter Blick über die Stadt

Adi wohnt bei einer Gastfamilie in Lampertswalde. „Ich war schon mal in Berlin“, erzählt sie auf Englisch. Sie interessiert sich für die Verschiedenartigkeit von Deutschland und Israel und möchte Freunde finden. Shenhav, ebenfalls 15 Jahre alt, kennt die BRD bisher nur aus der Ferne. Deutsche Jugendliche zu treffen und die Mentalität der Deutschen zu ergründen – das ist ihr Wunsch. Beim Blick von der Sternwarte, als Schulleiter Klaus Liebtrau das Stadtbild erklärt, staunen die jungen Israelis. Hier ist es viel ruhiger als bei ihnen zu Hause. Hochhäuser gibt es auch kaum.

Die werden die Besucher allerdings in Dresden, Leipzig und Berlin sehen, denn dorthin führt sie das Programm gemeinsam mit ihren deutschen Gastgebern. Denkmale der Erinnerungskultur werden die Schüler besuchen, so in Potsdam das Haus der Wannseekonferenz oder die Gedenkstätte für Zwangsarbeit in Leipzig. In der Messestadt steht eine gemeinsame Übernachtung an, auch eine Wanderung durch die Sächsische Schweiz und ein Abschlussfest in Moritzburg sind geplant. Nach anfänglicher Schüchternheit sind die deutschen Zehn- und Zwölfklässler sowie ihre Gäste aus der Katzir-Highschool rasch aufgetaut. Schon vor den Sommerferien war immerhin klar, welcher Gast in welche Familie kommt. Parallel dazu ist eine israelische Gruppe am Meißner Franziskaneum. Dort ist auch Historiker Shmulik Lahar vom jüdischen Verein „I and Eye“. Der temperamentvolle pensionierte Wissenschaftler ist auch in Großenhain bekannt.

Später soziales Jahr in Israel

Er wird die deutschen Jugendlichen begleiten, wenn sie vom 6. bis 16. November nach Israel fliegen – in ein Land, das kleiner ist als Hessen. Wo im McDonalds koschere Speisen angeboten werden. Wo ein Schawarma umgerechnet zehn Euro kostet. 3,5 Stunden fliegt man dahin, die Großenhainer werden Jerusalem, Haifa und Tel Aviv besuchen. Dort liegt auch Holon, wo die deutschen Jugendlichen in Gastfamilien kommen. „Eine frühere Schülerin hat nach dem Austausch sogar ein soziales Jahr in Israel gemacht“, freut sich Lehrer Maaß.