Berlin/Meißen. Guter Honig muss nicht teuer sein. So lautet das Fazit der Stiftung Warentest, die für die Februar-Ausgabe ihres „Test“-Magazins neun Mischblüten- und 27 Sortenhonige untersucht und bewertet hat. In beiden Kategorien bekamen Erzeugnisse, die von Discountern und Supermärkten verkauft werden, Top-Bewertungen.
Günstigen und gleichzeitig guten Mischblütenhonig verkaufen beispielsweise Lidl und Rewe: Ein 500-Gramm-Glas des „Maribel Cremiger Blütenhonig streichzart“ oder „Nektar Quell Bienenhonig“ kostet im Schnitt jeweils 2,29 Euro. Empfehlenswerten Waldhonig gibt es bei Aldi und Lidl – zu Preisen von knapp drei Euro je Standardglas.
Guter Sortenhonig ist dagegen rar. Einzig der Bio-Akazienhonig von Rewe (5,75 Euro à 35o-Gramm-Glas), Lindenhonig von D’arbo und Raps-Honige von Breitsamer und Dreyer (jeweils sechs Euro je 500 Gramm) schafften das Gesamturteil „Gut“. Dagegen erfüllten zehn Produkte eine oder mehrere Anforderungen an Sortenhonig nicht. Zum Beispiel schmeckten sie untypisch oder enthielten zu wenige Pollen der angegebenen Sorte.
Beides trifft auch auf ein Erzeugnis der Bienenwirtschaft Meißen zu. Deren Lindenblütenhonig fiel mit dem Urteil „Mangelhaft“ durch. „Produkt (...) dürfte (...) diese Sortenbezeichnung nicht tragen“, heißt es im Testfazit. Die Bienenwirtschaft, einst Volkseigener Betrieb (VEB) und größter Honigabfüller der DDR, agiert heute als 100-prozentige Tochter des bayerischen Honigproduzenten Breitsamer & Ullrich. Auf Anfrage der Sächsischen Zeitung erklärt Burkhard Bartsch von der Bienenwirtschaft Meißen, es gebe durchaus perfekten Sortenhonig, der wenig Pollen enthalte. „Lindenhonig kann nämlich sowohl aus dem Nektar der Lindenblüten, als auch aus dem Honigtau von den Blättern stammen.“ Doch nur vom Nektar brächten die Bienen Pollen mit.
Die Stiftung Warentest habe ihre Beurteilung zu sehr am Prozentsatz der Pollenzählung festgemacht, kritisiert Bartsch, der bei Breitsamer & Ulrich für die Qualitätssicherung zuständig ist. Demnach hatte der Meißener Lindenhonig einen Pollenanteil von 19 Prozent – gefordert sind mindestens 20 Prozent. Eine interne Analyse ergab demnach einen Anteil von 22 Prozent. Bartschs Fazit: „Dieser Honig ist definitiv ein Lindenhonig.“
Besser schnitt der Echte Deutsche Honig aus Meißen ab. Er erhielt die Note „Befriedigend“ – und wäre sogar „gut“ gewesen, wenn auf dem Glas der Hinweis gestanden hätte, dass man Säuglinge nicht mit Honig füttern darf. Laut Gesetz ist diese Warnung zwar nicht vorgeschrieben, die Kontrolleure halten ihn aber trotzdem für erforderlich. „Bakteriensporen im Honig können bei so kleinen Kindern eine lebensbedrohliche Atemlähmung auslösen“, erklärt Nicole Merbach von der Stiftung Warentest.
Von wegen naturbelassen
Eine Versäumnis, das die Bienenwirtschaft angehen wolle, sagt Burkhard Bartsch. Denn auf allen Artikeln mit eigenen Etiketten gebe es den Warnhinweis. Nur für diese eine Sorte verwende man ein Standardetikett des Deutschen Imkerbundes (DIB) – ohne den geforderten Text. „Wir werden diese Beurteilung aber zum Anlass nehmen und mit dem DIB über eine Anpassung des Etiketts sprechen“, sagt er.
Grundsätzlich positiv: Bei der in Meißen abgefüllten Ware waren keine Hitzeschäden zu verzeichnen. Dagegen zeigten Labortests bei sieben anderen Honigen, dass dort Enzyme „erheblich oder vollständig inaktiviert“ wurden. Gründe dafür gibt es aus Sicht der Experten verschiedene: Der Honig könne bei der Verarbeitung, beim Transport oder der Lagerung zu warm geworden sein. Eine weitere Möglichkeit sei „nachträgliche Wärmezufuhr, um den Wassergehalt unreifen Honigs zu senken oder Honige zu mischen“, so Merbach. Pollenanalysen ergaben, dass vier der sieben geschädigten Honige aus China stammen. Der größte Teil des EU-Importhonigs kommt von dort. Andere Herkunftsregionen sind Südosteuropa sowie Mittel- und Südamerika.
Dass Honig längst nicht mehr so naturbelassen ist, wie viele glauben, zeigen die Schadstoffanalysen. Demnach ließ sich in jedem dritten Honig der Unkrautvernichter Glyphosat nachweisen. Meist war der Gehalt aber sehr gering. Den höchsten Wert wies ein Deutscher Mischblütenhonig der Marke Fürsten-Reform auf. Hier stellten die Laboranten eine Glyphosatbelastung fest, die etwa der Hälfte des erlaubten Höchstwertes im Honig entsprach.
Kritische Stoffe fanden sich aber auch im Wildblütenhonig – zum Beispiel Pyrrolizidinalkaloide (PA). Das sind Inhaltsstoffe, die von manchen Pflanzen gebildet werden, vermutlich, um Fraßfeinde abzuwehren. In Tierversuchen hätten sich PA als Krebserreger erwiesen und Erbgut geschädigt, teilt das Bundesinstituts für Risikobewertung mit. Allerdings war der PA-Gehalt im getesteten Honig stets niedrig.
Alle Ergebnisse: „Test“ 02/18, S. 10ff
Wie muss ein guter Honig schmecken?