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Schulkinder entgehen knapp einer Katastrophe

In Neueibau rast ein BMW durch eine Bushaltestelle. Minuten später wäre sie voll gewesen. Der Fahrer stirbt im Wrack.

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© Markus van Appeldorn

Markus van Appeldorn

Neueibau. Fassungslos steht Steffen Garn vor den Trümmern seiner Garage. „Man darf gar nicht dran denken. Die wären alle tot gewesen“, sagt er. Mit „Die“ meint er die Schulkinder von Neueibau, die jeden Morgen an der Haltestelle vor seiner Tür auf ihren Schulbus warten. Wäre der Raser, der am Freitagmorgen in seinem total zerstörten Autowrack ums Leben kam, nur einige Minuten später unterwegs gewesen – er hätte eine Katastrophe ausgelöst.

Das ausgebrannte Wrack des BMW in der Garage verklemmt.
Das ausgebrannte Wrack des BMW in der Garage verklemmt. © Markus van Appeldorn
Diesen Weg nahm das unkontrolliert schleudernde Auto.
Diesen Weg nahm das unkontrolliert schleudernde Auto. © Markus van Appeldorn

Freitag, der letzte Schultag vor den großen Ferien. Gegen sechs Uhr morgens schreckt Steffen Garn aus dem Bett in seinem Haus an der Hauptstraße in Neueibau. Er vernimmt ein durchdringendes Reifenquietschen. Nur eine Sekunde später macht‘s einen Riesenknall. „Den hat man durchs‘s ganze Dorf gehört“, sagt er. Steffen Garn eilt vor die Tür und sieht das Drama. Ein Auto ist mit voller Wucht mit der Fahrerseite in die Ecke seiner Garage geprallt und hat diese teilweise zum Einsturz gebracht. „Als ich kam, hat das Auto bereits gebrannt. Ich habe noch versucht, mit dem Gartenschlauch zu löschen. Zwecklos“, sagt er. Die Feuerwehr Neueibau sei zwar schon nach wenigen Minuten am Ort gewesen. Das Wrack brannte dennoch total aus. Mit dem getöteten Fahrer darin.

Das Auto hat eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Markierungen der Polizei auf der Straße zeigen, dass der Todescrash sich schon rund hundert Meter vor der Unfallstelle abzeichnete. Der Fahrer fährt mit seinem rund 18 Jahre alten BMW 735i (238 PS) auf der Gegenspur, als er die Kontrolle über sein angejahrtes Luxusgefährt verliert. Bis zum Ortsschild ist Tempo 70 erlaubt. Die Deformierungen des Wracks zeigen: Der Fahrer war viel schneller unterwegs. Das Auto stellt sich quer und rutscht Heck voran immer weiter nach rechts. Dann kommt der schwere BMW von der Straße ab, durchschlägt das Wartehäuschen der Bushaltestelle und prallt schließlich auf Höhe der Fahrertür mit voller Wucht in die Ecke der gemauerten Garage. Die Beschilderung der Bushaltestelle wird 50 Meter weit geschleudert. Die Straße ist übersät mit Glassplittern der geborstenen Scheibe des Buswartehäuschens, als seien die Splitter mit einer Schrotflinte verschossen worden. Die abgerissene Auspuffanlage und andere Autoteile liegen gut 20 Meter weit vom Wrack entfernt. Im Buswartehäuschen sind Reste des Kühlergrills verstreut.

„Zehn Minuten später hätten da die Schulkinder gestanden. Das hätte niemand überlebt“, sagt Steffen Garn. Und auch die Retter rückten mit den schlimmsten Befürchtungen an den Einsatzort. Matthias Kubitz, Leiter der Kriminaltechnik bei der Polizeidirektion Görlitz, ermittelte am Unfallort. „Wir haben bei der Bergung des Fahrzeugs hier alles abgeschirmt, weil wir nachschauen mussten, ob da noch jemand drunter liegt“, sagte er der SZ.

Für Steffen Garn und seine Nachbarn war es nur eine Frage der Zeit, bis hier mal ein wirklich schlimmer Unfall passiert. „Das ist hier ein Raserschwerpunkt. Die donnern hier regelmäßig mit 100 Sachen an meinem Haus vorbei.“ Er und seine Nachbarn fordern deswegen schon seit langem, dass an dieser Stelle Maßnahmen getroffen werden, um Raser zu bremsen. „Der Zaun von meinem Nachbar wurde schon viermal geflickt“, sagt Garn. „Und das da“, sagt der Bauunternehmer und zeigt auf die Garage, „das war mein Lager.“

Unterdessen gestaltete sich die Bergung des Wracks und des getöteten Fahrers schwierig. Langsam zog das THW das Wrack mit einem Radlader aus der zerstörten Garage. Dabei mussten die Helfer auch immer wieder den Bau mit Stahlstützen absichern. Um den Leichnam des Fahrers zu bergen, musste die Feuerwehr anschließend das Dach und mehrere Türen des ausgebrannten BMW entfernen. Der Leichnam war zwischen dem Vordersitz, der Mittelkonsole und dem Rücksitz eingeklemmt worden. Feuerwehrler am Einsatzort schätzten, dass der Fahrer schon den Aufprall nicht überlebt hat. Erst kurz vor Mittag konnten Bestatter das Unfallopfer aus dem Wrack bergen. Die Identität des Toten konnte Kriminaltechniker Matthias Kubitz am Unfallort nicht klären. Er ist bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. „Das muss ein DNA-Test klären“, sagte Kubitz.