Merken

Sebnitz schießt gegen den Wolf

Per Resolution fordert der Stadtrat eine Obergrenze für Wölfe. Für auffällige Tiere soll es keine Gnade geben.

Von Dirk Schulze
 3 Min.
Teilen
Folgen
Ein Wolf im Zielfernrohr. Als erste Stadt in Sachsen hat Sebnitz eine Resolution gegen das Raubtier verabschiedet.
Ein Wolf im Zielfernrohr. Als erste Stadt in Sachsen hat Sebnitz eine Resolution gegen das Raubtier verabschiedet. © dpa/Carsten Rehder

Sachsens Landesregierung soll schärfer gegen Wölfe vorgehen. Das fordert die Stadt Sebnitz in einer Resolution, die der Stadtrat am Mittwochabend mehrheitlich beschlossen hat. „Der Stadtrat der Großen Kreisstadt Sebnitz spricht sich grundsätzlich für den Natur- und Tierschutz sowie für die natürliche Entwicklung des Wolfes aus“, heißt es zunächst versöhnlich im ersten Satz der Erklärung. Doch dann werden vier Forderungen aufgemacht: Der Freistaat soll Bestand und Entwicklung der Wölfe sowie Nutztierrisse öffentlich dokumentieren, eine Obergrenze der Population festlegen sowie Nutztierhalter zu 100 Prozent entschädigen. Als letzten Punkt fordert der Stadtrat, dass es möglich sein soll, Wölfe zu jagen, wenn sie wiederholt Nutztiere reißen oder sich gegenüber dem Menschen artuntypisch verhalten.

Den Text haben die Stadträte Wilhelm Baues (CDU) und Jörg Hempel (Mitsprache Stadt und Land) verfasst. Die beiden Landwirte sehen vor allem die Weidetierhaltung in Gefahr. Baues betreibt eine Landwirtschaft in Hertigswalde, Hempel ist Chef der Agrargenossenschaft „Sächsische Schweiz“ in Saupsdorf. Bei einem Wolfsangriff am 21. September in Hinterhermsdorf wurden zwei Schafe aus einer Herde der Genossenschaft getötet und sieben weitere verletzt. Knapp drei Wochen später waren erneut zwei Schafe in Hinterhermsdorf tot. Wölfe haben die Tiere gerissen, das ist in beiden Fällen nachgewiesen. Ende Oktober hat das Kontaktbüro Wölfe in Sachsen dann bestätigt, dass die Wolfspaare im Hohwald sowie um Stolpen und Hohnstein zu Rudeln herangewachsen sind. Erstmals wurden Wölfe im Nationalpark Böhmische Schweiz nachgewiesen, die sicher auch diesseits der Landesgrenze umherstreifen.

„Wenn die Wolfspopulation weiter so wächst, ist nicht nur die Haltung von Schafen und Ziegen, sondern auch die von Kühen und Pferden gefährdet“, sagte Wilhelm Baues in der Stadtratssitzung. Im Gegensatz zu den kleineren Weidetieren würden Pferde und Kühe zwar nicht so schnell gerissen, aber durch die Wölfe derart aufgescheucht, dass sie von ihren Weiden ausbrechen. Um dies zu verhindern, müssten die Kuhwiesen großflächig eingezäunt werden – das aber wolle schon aufgrund der Landschaft keiner. Der Zaunbau bedeute zudem einen riesigen Mehraufwand, der nicht entschädigt werde.

Der Resolutionstext fand fraktionsübergreifen Zustimmung. „Der Wolf gehört in unsere Natur“, sagte Wolfgang Mühle (Mitsprache Stadt und Land). Das stehe nicht infrage. Er müsse aber aus dicht besiedelten Landschaften herausgehalten werden und stattdessen Reservate zugewiesen bekommen. „Und wenn er die verlässt, muss er Feuer kriegen“, sagte Mühle, der seit Jahrzehnten als Förster arbeitet. Dann würden sich die Tiere auch nicht zu nahe an menschliche Siedlungen herantrauen. Der Wolf sei ein Raubtier, das nicht zwischen Wildtieren und Haustieren unterscheiden kann. Er kenne nur leichte Beute oder schwere Beute und entscheide sich naturgemäß für die leichte: eingezäunte Schafe oder auch Muffelwild statt wehrhafter Wildschweine.

Die Resolution wurde schließlich bei einer Gegenstimme aus der CDU-Fraktion mehrheitlich beschlossen. Über den Inhalt lässt sich streiten. Ein Wolfsmanagement, das die Entwicklung und Verbreitung der unter Naturschutz stehenden Tiere beobachtet und dokumentiert, existiert bereits. Nutztierhalter werden bei nachgewiesenen Wolfsrissen schon heute entschädigt – aus ihrer Sicht jedoch nicht genug, weil etwa die Arbeitszeit nicht mit berechnet wird. Auch der Abschuss von auffällig gewordnen Wölfen ist bereits möglich und wurde in Einzelfällen auch genehmigt.

Der Sebnitzer Stadtrat will diese Maßnahmen deutlich erweitert sehen und befindet sich damit auf einer Linie mit Sachsens Landesregierung, die just einen Tag vor dem Ratsbeschluss einen entsprechenden Entwurf vorgelegt hat.

Schön, dass es offenbar keine wichtigeren Probleme mehr gibt, die Resolutionen erfordern, sagt SZ-Redakteur Gunnar Klehm.