Sebnitz
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Auf den Dörfern boomt der Büchertausch

Der Heimatverein Wesenitztal hat am Sonnabend am Markt in Dittersbach ein Herzensprojekt eingeweiht - eine Bücherzelle.

Von Anja Weber
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Der Heimatverein Wesenitztal hatte am Sonnabend zu einer Eröffnungsfeier der Bücherzelle am Markt in Dittersbach eingeladen.
Der Heimatverein Wesenitztal hatte am Sonnabend zu einer Eröffnungsfeier der Bücherzelle am Markt in Dittersbach eingeladen. © Anja Weber

Kostenfreie Bücher zum Mitnehmen gibt es neuerdings auf dem Marktplatz in Dittersbach. Da steht eine ausgediente Telefonzelle, nicht in Gelb oder pink, sondern schön grün - inmitten von Grün. Daneben befindet sich eine Sitzgruppe, Spielgeräte für Kinder gibt es auch und einen Papierkorb. So bestens ausgerüstet, hatten sich schon einige Lesefreunde versammelt. Da war die Bücherzelle noch gar nicht aufgeschlossen.

Das wurde sie am Sonnabend. Der Heimatverein Wesenitztal als Initiator hatte sogar zu einer kleinen Feier eingeladen. Lange war in dessen Reihen offenbar diesem Augenblick entgegengefiebert worden.

Das Motto der begehbaren Schmökerstation: "Lass uns tauschen. Bring mit, nimm mit". Ausrangierte Bücher können ebenso hier abgegeben wie kostenlos mitgenommen werden.

Am Sonnabend wurde gar körbeweise Druckwerke angeschleppt, sodass der Lesestoff in den ersten Tagen nicht ausgehen dürfte. Und die Mitglieder des Heimatvereins Wesenitztal sind froh, Lesefreunden nun auch in Dürrröhrsdorf-Dittersbach ein solches Angebot offerieren zu können.

Bücherstationen wie diese gibt es schon einige, aber jede sieht eben etwas anders aus und ist etwas Besonderes. Die am Dittersbacher Markt verfügt obendrein über eine kleine Solaranlage auf dem Dach - damit die Bücherzelle auch des Nachts beleuchtet ist.

Alles begann mit einer Wanderung von Heike und Wolfgang Kramer vom Heimatverein. "Wir hatten so einen Bücherschrank gesehen und dachten, das wäre doch auch etwas für uns", sagt Heike Kramer.

Sie kundschaftete aus, wo man solche ausrangierten Telefonzellen herbekommen kann - und zwar in Berlin von der Telekom. Das Unternehmen lässt bis 2025 alle Telefonzellen abbauen und die noch gut in Schuss sind aufarbeiten.

Letztlich entschied sich der Heimatverein, das Projekt anzugehen. Doch offenbar ist das Interesse groß, denn die Anwärter aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge kamen zunächst auf eine Warteliste.

Bis zu einem Jahr kann das dauern. Die Kosten liegen bei 450 Euro plus Mehrwertsteuer. Und die Telefonzellen müssen vor Ort abgeholt werden. Da war guter Rat teuer.

Immerhin bringt so ein Teil 330 Kilo auf die Waage und ist mit einer Breite von 1,20 Metern und einer Höhe von 2,50 Metern nun nicht mal so einfach in einem Auto verstaut.

Doch der Heimatverein fand schnell Helfer und vor allem auch einen Anhänger. Aus dem Kulturfonds stellte der Ortschaftsrat Gelder für den Erwerb zur Verfügung, die damals wegen Corona nicht alle abgerufen werden konnten.

Im Dezember 2022 konnten Wolfgang Kramer und Gerd Mittag die Telefonzelle in Berlin abholen. Sie wurde aufgearbeitet. Und jetzt ist sie fertig.

"Ohne die Unterstützung der Gemeinde, des Ortschaftsrates und der Handwerker hätten wir das Projekt allerdings nicht umsetzen können", betont Marion Roßig, die Chefin des Heimatvereins.

Lesestoff für alle

Vor allem in den Dörfern starten immer mehr solche Initiativen, nicht zuletzt auch, weil lesen einfach verbindet. In der Bushaltestelle von Oberottendorf sitzen zum Beispiel regelmäßig Leseraten zusammen. Außerdem ist es eine willkommene Gelegenheit, die Wartezeit auf den Bus mit Lektüre zu verkürzen.

In Mügeln, Gommern und Großsedlitz sind es tatsächlich Bücherschränke, die an zentralen Orten aufgestellt wurden. Schon etwas länger existiert die Bonnewitzer Bücherkiste. In der liegt sogar ein Gästebuch aus. Demnach wurde die Möglichkeit zum kostenfreien Lesen dankend von den Menschen angenommen.

Es geht aber auch ganz ausgefallen, wie ein Beispiel aus Pirna-Zuschendorf zeigt. Dort lässt sich ein Bücherkühlschrank finden. Die ausrangierte Kühlmöglichkeit wurde so umfunktioniert, dass sie nun als Bücherschrank nutzbar ist.

In anderen Orten werden ganz einfach Regale in Dorfgemeinschaftshäusern aufgebaut. Ebenfalls eine einfache Möglichkeit, Lesestoff für alle kostenlos zur Verfügung zu stellen.