Bautzen
Merken

Seine Fotos schockieren

Der Japaner Shinya Arimoto zeigt Menschen am Rande der Gesellschaft. Zur Eröffnung seiner Ausstellung im Bautzener Museum standen die Besucher Schlange.

Von Carmen Schumann
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Der japanische Fotograf Shinya Arimoto nahm für die Ausstellungseröffnung den weiten Weg nach Bautzen auf sich. Er begegnet den auf seinen Bildern dargestellten Menschen auf Augenhöhe.
Der japanische Fotograf Shinya Arimoto nahm für die Ausstellungseröffnung den weiten Weg nach Bautzen auf sich. Er begegnet den auf seinen Bildern dargestellten Menschen auf Augenhöhe. © Carmen Schumann

Bautzen. Armut heißt nicht automatisch, dass man unglücklich ist. Das zeigen eindrucksvoll die zumeist großformatigen Schwarz-Weiß-Fotografien des Japaners Shinya Arimoto, die Bestandteil der Ausstellung „Am Rand der Gesellschaft“ sind. Diese wurde am Sonnabend im Rahmen der Feierlichkeiten zum 150. Jubiläums des Bautzener Museums eröffnet.

Der japanische Fotograf, der bei der Ausstellungseröffnung anwesend war, kommuniziert ungezwungen mit denen, die er auf den Straßen der japanischen Großstädte trifft: Obdachlose, Landstreicher, Bettler, eben all jene, die am Rande der Gesellschaft leben. Der Fotograf betätigt sich nicht als Voyeur, sondern fragt die Abgebildeten um Erlaubnis, sie fotografieren zu dürfen. So begegnet er ihnen auf Augenhöhe. Bei seiner Arbeit hat er festgestellt, dass die Betreffenden durchaus nicht hoffnungslos oder deprimiert sind.

Raus aus der Komfortzone

Neben den Fotografien sind in der Ausstellung Skizzen und plastische Arbeiten des Bildhauers Ernst Barlach sowie Grafiken des Malers Reinhard Springer zu sehen. Letzterer hatte in den 80er-Jahren als Pfleger in der Einrichtung für Behinderte in Großhennersdorf gearbeitet. Das prägte ihn. Deshalb stellt er in seinen ausgestellten Bildern mit den Mitteln der Kunst Grenzbereiche des menschlichen Lebens dar. Auch der Bildhauer Ernst Barlach nahm sich bereits am Anfang des 20. Jahrhunderts der Unbehausten und Verstoßenen an. In seinen Arbeiten zeigt er, dass jenen Menschen einfach die Mittel fehlten, sich zu maskieren und zu verstellen. Dieses wiederum sei noch heute ein Wesenszug der kapitalistischen Gesellschaft, die an ihre Mitglieder den Anspruch stellt, zumindest äußerlich den Anschein eines stetigen Wohlbefindens zu verkörpern, um nicht als Versager dazustehen. Dies sagte in seiner Rede zur Ausstellungseröffnung der Finanzbürgermeister Robert Böhmer. Er erklärte auch, es sei eine bemerkenswerte programmatische Entscheidung gewesen, ausgerechnet zum 150. Jubiläum des Museums solch eine Ausstellung auf die Beine zu stellen, die zu kontroverser Auseinandersetzung geradezu herausfordere. Dies sei ein Schritt raus aus der Komfortzone.

Den Menschen auf Augenhöhe begegnen

Die sächsische Kunstministerin Eva-Maria Stange sagte während der Eröffnung, die Ausstellung rege zum Nachdenken an. Sie werfe viele Fragen auf. Zum Beispiel die, warum es uns nicht gelingt, diesen Menschen ein Dach über dem Kopf zu verschaffen? Und: Was machen wir als Gesellschaft eigentlich falsch? Leider sei die zunehmende Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich eines der größten Probleme unserer Zeit. Doch nach wie vor gelte der Paragraf 1 des Grundgesetzes, die Würde des Menschen ist unantastbar. Die ausgestellten Arbeiten lassen den dargestellten Menschen ihre Würde. Das ist das Verdienst der schockierenden und provozierenden Schau.

Schon deren Eröffnung stieß auf ein überwältigendes Interesse. Nicht alle Besucher fanden im Vortragsraum im Obergeschoss des Museums Platz. Deswegen wurde die Ausstellungseröffnung per Video-Schaltung in das Foyer übertragen.

Mehr Nachrichten aus Bautzen lesen Sie hier.

Mehr Nachrichten aus Bischofswerda lesen Sie hier.

Mehr Nachrichten aus Kamenz lesen Sie hier.