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Live in Dresden: Als die DDR die BRD besiegte

Ronald Reng schrieb unter anderem die preisgekrönten Biografien von Robert Enke und Miroslav Klose. Jetzt erzählt der Bestsellerautor die Geschichte des Fußballspiels zwischen BRD und DDR bei der WM 1974.

Von Timotheus Eimert
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© Piper; SZ-Montage

Dresden. Ronald Reng gilt als einer der herausragenden Sportbuchautoren seiner Zeit. Er schrieb unter anderem die viel beachteten Biografie des 2014-Weltmeisters Miroslav Klose sowie des Nationaltorhüters Robert Enke, der sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere das Leben genommen hat. Dafür erhielt Reng mehrere Preise, zehn Wochen war das Buch über seinen engen Freund Enke unter den Top 5 der Spiegel-Bestsellerliste.

Nun kommt Reng nach Dresden - und liest am 13. Juni, einen Tag vor dem Start der Fußball-Heim-Europameisterschaft, im Haus der Presse aus seinem neusten Werk. In dem Buch "1974 – Eine deutsche Begegnung" erzählt er die Geschichte des deutsch-deutschen Duells bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 zwischen der BRD und der DDR. Darin schlägt er über den Fußball den Bogen hin zur Zeitgeschichte.

Reng will durch Fußballspiel Zeitgeschichte vermitteln

"Ich wollte ein Buch über ein Fußballspiel schreiben, das aber kein Fußballbuch ist, sondern eher ein Geschichtsbuch", erklärt Reng in einem Interview seine Herangehensweise. "Das war für mich das literarische Experiment an diesem Buch: Schaffe ich das? Durch ein Fußballspiel Zeitgeschichte zu vermitteln? Das war die Aufgabenstellung, die ich mir selbst gegeben habe."

Und das ist dem 54-Jährigen sehr gut gelungen. In mehreren langen Zeitzeugeninterviews und Archivrecherchen mit exklusivem Zugang zu Polizei- und Stasiunterlagen hat er eine der faszinierendsten Epochen deutscher Zeitgeschichte zurückgeholt: die Siebziger.

In dem Buch geht es deshalb nicht nur um ein Fußballspiel zwischen der BRD und der DDR, sondern vor allem auch um große deutsche Geschichte und viele kleine Dinge des damaligen Alltags in beiden deutschen Staaten.

Stasi-Unterlagen-Chef und RAF-Terrorrist kommen zu Wort

"Beim Schreiben wurde mir irgendwann klar, dass ich das Geschehen parallel auf zwei Erzählebenen schildern möchte", erzählt er. "Einerseits begleiten wir die zwei deutschen Mannschaften durch den Tag und das Spiel - andererseits hake ich immer wieder ein und wende mich Protagonisten zu, die das besagte Spiel von außen, aus einer ganz anderen Perspektive erleben."

So kommen Zeitzeugen aus West und Ost ausführlich zu Wort. Doris Gercke, die Schriftstellerin, die damals als DKP-Mitglied Reiseführerin für DDR-Fußballtouristen war zum Beispiel. Oder Roland Jahn, den späteren Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, der mit einigen aus dem DDR-Team gekickt hatte.

Oder RAF-Terrorist Klaus Jünschke, der 1988 begnadigt wird. Es sprechen außerdem Sportjournalisten aus Ost und West sowie auch die DDR-Auswahlspieler Gerd Kische und Jürgen Croy, die sich nach dem Spiel aus dem Hotel schlichen und von Zivilpolizisten auf die Reeperbahn fahren ließen.

Jürgen Sparwasser fehlte auf der Hamburger Reeperbahn

Jürgen Sparwasser, der Torschütze zum entscheidenden 1:0, durfte übrigens nicht mit. "Unser Quartier in Quickborn wurde damals vom Bundesgrenzschutz bewacht, also haben wir einen der Beamten gefragt, ob er uns nicht nach St. Pauli fahren könne", erzählte Sparwasser einmal die Geschichte. "'Klar', hat er gesagt, 'aber du bleibst hier'. Wieso denn, wollte ich wissen. 'Stell dir vor, dich sieht jemand auf der Reeperbahn. Dann bin ich sofort meinen Job los.'"

"1974 – Eine deutsche Begegnung" ist auch deshalb mehr als ein reines Fußballbuch. Rengs Werk liest sich wie ein Roman, bei dem ein Fußballspiel als Zeitzeuge dient. Der Autor hat unterschiedliche Lebensgeschichten aus beiden deutschen Staaten mit viel Fleiß und der Liebe zum Detail zusammengetragen. Dabei wird gesamtdeutsche Alltagsgeschichte deutlich, lange bevor es ein wiedervereinigtes Deutschland geben sollte.

Am 13. Juni, 19.30 Uhr, berichtet Ronald Reng bei einer Buchlesung im Haus der Presse in Dresden exklusiv von seinen Recherchen, liest aus dem Buch "1974 – Eine deutsche Begegnung" und steht anschließend für Fragen zur Verfügung.

Karten gibt es in allen DDV-Lokalen, telefonisch unter 0351/48 64 2002 sowie unter www.sz-ticketservice.de

© Verlag Piper

Ronald Reng: 1974 – Eine deutsche Begegnung. Als die Geschichte Ost und West zusammenbrachte. Piper Verlag; 432 Seiten, 24 Euro.