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"Wir waren tot": Niners Chemnitz gewinnen Europapokal und feiern ersten Vereinstitel

Chemnitz gewinnt trotz einer Rückspielniederlage gegen Bahcesehir den FIBA Europe Cup. Der Club ist das sechste deutsche Basketballteam mit einem europäischen Titel. Nicht nur ein Weltmeister gratuliert.

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Da ist das Ding; Die Chemnitzer Basketballer jubeln nach dem Spiel mit der Trophäe des FIBA Europe Cups.
Da ist das Ding; Die Chemnitzer Basketballer jubeln nach dem Spiel mit der Trophäe des FIBA Europe Cups. © dpa/Matthias Stickel

Istanbul. Sogar Dennis Schröder schickte Glückwünsche, als die Niners Chemnitz weit entfernt am Bosporus ihren historischen Europapokal-Triumph feierten. "Deutschland gewinnt eine weitere europäische Trophäe", frohlockte der Basketball-Weltmeister auf Instagram, per Stream hatte Schröder am Laptop gespannt verfolgt, wie der Bundesligist aus Sachsen in einem aberwitzigen Finale Geschichte schrieb.

Beim Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) gratulierte auch Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) noch in der Nacht: "Herzlichen Glückwunsch Jungs, ihr habt Geschichte im Sportland Sachsen geschrieben." Dass die Basketballer aus Chemnitz den Fiba Europe Cup geholt haben sei Wahnsinn und beste Werbung für die Kulturhauptstadt Europas 2025.

Von einem historischen Erfolg sprach der Chemnitzer Oberbürgermeister Sven Schulze (SPD). Der Triumph solle nun in der Stadt gebührend gefeiert werden. Dazu wolle er am Sonntagnachmittag das Team im Rathaus empfangen. Dann werden Mannschaft, Trainer und Betreuer ihren Fans auf dem Marktplatz den Pokal vom Rathausbalkon aus präsentieren, hieß es.

Ein verrückter und nervenaufreibender Basketballabend

Zuvor flog das Konfetti durch die Halle in Istanbul, Freudentränen flossen, und im Kopf von Kevin Yebo lief der Spielfilm dieses denkwürdigen Abends immer und immer wieder ab. "Wir waren tot. Zweimal. Dreimal. Viermal. Wir haben es geschafft zurückzukommen, weil die Jungs die Geilsten sind. Kämpfer", rief der Chemnitz-Profi heiser ins Mikrofon des MDR.

Die Party war da schon in vollem Gange, in der Kabine stimmte Erfolgscoach Rodrigo Pastore als Party-General den Hit "Das geht ab" von Den Atzen an - völlig entfesselt feierten die Niners nach einem verrückten und nervenaufreibenden Basketballabend den ersten Titel der Vereinsgeschichte. In der Verlängerung hatten sie den FIBA Europe Cup bei Bahcesehir Istanbul gewonnen, obwohl sie vor mehr als 11.000 lautstarken türkischen Fans 95:105 verloren hatten.

Das Hinspiel des Europapokal-Finales hatten die Chemnitzer gewonnen. Am Mittwoch kam es zum Rückspiel in Istanbul.
Das Hinspiel des Europapokal-Finales hatten die Chemnitzer gewonnen. Am Mittwoch kam es zum Rückspiel in Istanbul. © dpa

Doch der Vorsprung aus dem Hinspiel (85:74) reichte, auch wenn es zwischenzeitlich so aussah, als hätten ihn Yebo, Kapitän Jonas Richter, Matchwinner Kaza Kajami-Keane und all die anderen Europapokalhelden mehrfach schon verspielt.

"Das ist Wahnsinn. Wahnsinn. Wir feiern mit unseren Fans, mit dem Team, mit unseren Freunden", stammelte Richter: "Wir wollten um jeden Preis kämpfen. Wir können unfassbar stolz auf diesen Titel sein."

Am Samstag wartet wieder die Bundesliga

Schon am Samstag geht es in der Bundesliga weiter, es geht um die Ausgangslage für die Play-offs. Nur einen Tag später, am Sonntag, soll ab 15.00 Uhr auf dem Marktplatz in Chemnitz die große Titelsause steigen. Doch die Niners hatten bereits in Istanbul die Nacht zum Tag gemacht. "Wir haben dieses Ding eingenommen", sagte Richter und ließ seinen Blick stolz durch die Ülker Sports Arena schweifen. "Das ein oder andere alkoholische Getränk wird heute verhaftet", sagte Richter.

Verdient haben es sich die Niners, die erst ihre zweite Saison im Europapokal spielten. Zumal deutsche Vereinserfolge auf europäischer Basketballebene nicht an der Tagesordnung sind. Chemnitz triumphierte erst als sechste Mannschaft. Den Europe Cup, den viertwichtigsten kontinentalen Wettbewerb, hatten zuvor der Mitteldeutsche BC (2004) und die Frankfurt Skyliners (2016) gewonnen. Alba Berlin holte den Korac Cup (1995), die BG Göttingen die EuroChallenge (2010) und die Telekom Baskets Bonn die Champions League (2023).

DeAndre Lansdowne (r) von Chemnitz in Aktion gegen Jerry Boutsiele von Bahcesehir: Die Niners Chemnitz haben den größten Erfolg ihrer Vereinsgeschichte gefeiert
DeAndre Lansdowne (r) von Chemnitz in Aktion gegen Jerry Boutsiele von Bahcesehir: Die Niners Chemnitz haben den größten Erfolg ihrer Vereinsgeschichte gefeiert © Matthias Stickel/dpa

Stolz waren alle Chemnitzer auf das Basketballmärchen im 25. Jahr der Vereinsgeschichte, auch, weil es zwischenzeitlich nicht mehr nach einem Triumph ausgesehen hatte. Zur Pause lagen die Niners mit 17 Punkten zurück, kamen wieder und verspielten erneut ein Polster. In der Verlängerung fehlten die "Big Men" nach Fouls - und doch durften die Niners feiern, weil der letzte Istanbuler Wurf nicht fiel.

Geschäftsführer Steffen Herhold hatte dafür eine übersinnliche Erklärung, er dachte dabei an die Lieben, die Trainer Rodrigo Pastore, Spielmacher DeAndre Lansdowne oder auch ihn selbst in Istanbul nicht mehr unterstützen konnten, aber irgendwie doch da waren. "Rodrigos Mama, mein Papa, Dreas Mama - da waren so viele heute da, die aus dem Himmel diesen Ball heute abgewehrt haben", sagte Herhold. (sid)