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Was die Dresdner Eislöwen gegen den Spielstress tun

Lisa Schmidtgen ist eine von zwei Frauen im Männer-Kosmos des Dresdner Eishockeys. In den nächsten Tagen hat die Physiotherapeutin besonders viel zu tun.

Von Alexander Hiller
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Physiotherapeutin Lisa Schmidtgen sorgt bei Eislöwen-Stürmer Tomas Andres manchmal für Tränen.
Physiotherapeutin Lisa Schmidtgen sorgt bei Eislöwen-Stürmer Tomas Andres manchmal für Tränen. © Arvid Müller

Dresden. Den Eishockey-Profis in der DEL2 verlangt der Spielplan in den kommenden Tagen besonders viel ab. Die Lausitzer Füchse absolvieren nach dem 4:1-Erfolg am Montag über Freiburg von Freitag bis Montag drei weitere Pflichtspiele, auf die Spieler des Spitzenreiters Dresdner Eislöwen kommen vier Partien in sechs Tagen zu.

Das geht an die körperlichen Grenzen. Um zumindest ein Stück weit gegenzusteuern, legt in Dresden eine junge Frau Hand an: Lisa Schmidtgen. Die 29-Jährige sorgt seit 2016 als Physiotherapeutin für lockere Muskeln und schmerzfreie Gelenke. Bei Heimspielen hat die ehemalige Bezirksliga-Volleyballerin eine eigene Kabine, in der sie sich auch während der Drittelpausen um kleinere und größere Blessuren kümmern kann.

Dass in weniger als 20 Meter Entfernung aus einer Männerkabine die beißenden Schweißgerüche durch die Gänge wabern – daran haben sich Schmidtgens Sinne längst gewöhnt. „Ich komme selbst aus dem Sport, da gehört das dazu. Und“, erklärt sie mit einem hellen Lachen, „man gewöhnt sich generell sehr schnell daran.“

„Die Jungs haben mich als Physiotherapeutin gesehen“

Dass sie jetzt mehr als üblich eingreifen muss, darauf freut sich Schmidtgen sogar. „In solchen Phasen wie jetzt kommt es tatsächlich eher zu Verspannungen, da wird viel präventiv und rehabilitativ gearbeitet. Für mich ist mehr Arbeit ein rein positiver Stress, ich habe damit kein Problem. Es ist nicht so stressig, dass es mich auffrisst. Für mich ist das eine Art persönliches Fitnessprogramm“, erklärt die Ullersdorferin, die bei den Eislöwen angestellt ist.

Ungefragt schaltet sich Eislöwen-Stürmer Tomas Andres in die Unterhaltung ein, der vor Schmidtgen auf der Pritsche liegt. „Lisa ist die beste Physiotherapeutin, die ich in meiner bisherigen Karriere hatte. Sie hat starke, kräftige Hände“, sagt der 25-Jährige, der bereits in Finnland, Frankreich, seiner tschechischen Heimat und bei den Lausitzer Füchsen unter Vertrag stand. Der Angreifer versichert glaubhaft, dass er Schmidtgen nicht deshalb lobt, um in den nächsten Minuten etwas zaghafter behandelt zu werden. „Manchmal kommen mir die Tränen, wenn Lisa zupackt“, gibt er zu.

Und das tut die Physiotherapeutin mit außergewöhnlich großen Händen. Die flößen Respekt ein. Der kann in dem reinen Männer-Kosmos, in dem sich Schmidtgen bewegt, durchaus hilfreich sein. „Es gab aber kaum schwierige Phasen. Sich am Anfang reinzufinden, ist sicher überall schwer. Man trifft auf neue Leute, fragt sich: Wie kommt man selbst an, wie ist die Reflexion? Die Jungs haben es mir von Anfang an leicht gemacht, mich immer als Physiotherapeutin gesehen“, betont sie.

Einblicke in das Seelenleben der Eislöwen

Für die Arbeit mit den Händen wird sie bezahlt, manchmal benötigt ein Eishockey-Profi aber auch mal einen Zuhörer. Schmidtgen ist ein kommunikativer Typ, die Einblicke in das Seelenleben so mancher Profis bekommt sie gratis. Eine Geste großen Vertrauens untereinander. „Da wird viel gequatscht, auch über Dinge außerhalb des Sports, wenn mal jemanden etwas bedrückt“, erklärt sie – natürlich, ohne Namen zu nennen.

Denn die Stimmung beim Tabellenführer der DEL2 ist gelöst, durchweg positiv. Das ist auch Schmidtgen nicht unbedingt gewohnt, sie hat mit den Eislöwen auch viele weniger gute Phasen durchlebt. Im Gegensatz zu heute. Bereits vor dem Mittwoch-Duell gegen Freiburg haben die Dresdner mit 92 Punkten in der Hauptrunde einen neuen Vereinsrekord aufgestellt.

Dabei stehen noch elf Partien in der Normalrunde aus. „Die Jungs strahlen das auch selbst aus, das freut einen einfach nur, macht bei der Arbeit richtig Laune“, sagt die Profi-Kneterin, die zusätzlich zu ihrer dreijährigen Ausbildung noch ein Bachelor-Studium der Physiotherapie abgeschlossen hat. „Für mich ist das ein 24/7-Job“, sagt sie. In den nächsten Tag trifft das sicher zu.