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Darum startet ein Dresdner Team in der Königsklasse DTM

Am Wochenende feiert der Rennstall T3 mit zwei Lamborghini und einer Frau sein Debüt in der höchsten Tourenwagenklasse. Wie kann er sich das leisten?

Von Daniel Klein
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Britin, 24 Jahre jung und die erste Frau im Dresdner Team: Esmee Hawkey feiert am Samstag ihr DTM-Debüt.
Britin, 24 Jahre jung und die erste Frau im Dresdner Team: Esmee Hawkey feiert am Samstag ihr DTM-Debüt. © dpa PA/Reuters

Dresden. Auffallen werden die beiden Rennautos aus Dresden auf jeden Fall. Lamborghini in der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft – das gab es noch nie. Und ein DTM-Team aus dem Osten der Republik dürfte in der langen Geschichte der Serie ebenfalls einmalig sein, wenn man mal von der Motorsport-Dynastie Mücke aus Berlin-Charlottenburg absieht.

Die Nachricht sorgte für Aufsehen – zumindest in den Kreisen, die sich mit Pressluft-Schlagschraubern und Überrollbügeln auskennen. Die ganz große Autobühne und die neuen Bundesländer: Das schloss sich bisher aus, obwohl es hier mit dem Lausitzring, dem Motopark Oschersleben und dem Sachsenring drei moderne Rennstrecken gibt. Lokalmatadoren, die auf vier Rädern in den höchsten Klassen starten, sind jedoch Mangelware. In den gut 30 Jahren nach der Wende gab es keinen ostdeutschen Fahrer in der Formel 1, in der DTM sah es nicht viel besser aus. Das hat vor allem finanzielle Gründe.

Eine der häufigsten Fragen, die Jens Feucht, Teamchef des DTM-Neulings T3 Motorsport, beantworten muss, ist deshalb die nach dem Geld. Wie schafft es ein Rennstall aus Dresden, Sponsoren und Investoren zu finden, die sich für solch ein Projekt begeistern? Reden, das merkt man, mag er darüber nur ungern. Er spricht lediglich von „den Gesellschaftern, die eine Lösung gefunden haben“.

Im November 2018 hatten fünf Unternehmer aus Dresden das Team mit dem Ziel gegründet, „den Motorsport aus der Hobbyecke der vermögenden Rennfahrerdynastien und Privatunternehmer zu holen“. Umgesetzt werden soll das mit der Förderung von Talenten. Einer der beiden Fahrer in der DTM ist der erst 19-jährige Belgier Esteban Muth. Seine Kollegin Esmee Hawkey ist nur vier Jahre älter.

Frauen gab es zwar schon im Tourenwagensport, selten sind sie aber noch immer. Unter den 19 DTM-Piloten der neuen Saison sind nur es zwei, neben der Engländerin Hawkey startet noch Sophia Flörsch, die 2018 bei einem Rennen der Formel 3 in Macau nach einem Zusammenstoß in ein mobiles Podest geflogen war und sich mehrere Wirbelbrüche zuzog. Auch mit einer Frau im Cockpit kann das Dresdner Team für Aufsehen sorgen.

Eine Engländerin und ein Belgier also – ostdeutsche oder gar sächsische Piloten schafften es nicht ins neue DTM-Team. Auch das liegt am Geld. Wer bis in die oberen Motorsport-Ligen aufsteigen will, muss sich das leisten können, also Eltern mit gut gefüllten Konten haben. Und da ist die Auswahl in Ostdeutschland nicht üppig. Viele Talente bleiben so auf der Strecke.

Das Finanzielle war auch in der DTM in den vergangenen Jahren ein viel diskutiertes Thema. Einige Hersteller konnten oder wollten sich die teuren Sonderanfertigungen nicht mehr leisten, zuletzt blieben nur noch Audi und BMW übrig. Das ist ein bisschen wenig für Spannung und Rennaction. Der ehemalige Formel-1-Pilot Gerhard Berger verordnete Europas populärster Tourenwagenserie deshalb einen kompletten Neustart, künftig gehen nur noch Autos der GT3-Klasse an den Start. Die sind seriennaher und deutlich günstiger.

So in etwa soll er aussehen, der Lamborghini Huracan Evo GT3, den das Dresdner Team am Wochenende in der DTM einsetzen wird. Nur die Lackierung wird wohl etwas anders aussehen.
So in etwa soll er aussehen, der Lamborghini Huracan Evo GT3, den das Dresdner Team am Wochenende in der DTM einsetzen wird. Nur die Lackierung wird wohl etwas anders aussehen. © T3 Motorsport

„Unter dem alten Regelwerk wäre ein DTM-Engagement für uns nicht infrage gekommen. Das hätten wir uns nicht leisten können“, erklärt Feucht. „Da wären wir als Team auch zu klein gewesen.“ Das ist nun anders. Die Dresdner wurden direkt vom DTM-Chef Berger angesprochen, der Lamborghini als sechsten Hersteller unbedingt im Starterfeld haben wollte. Auf T3 kam der Österreicher, weil das Team eine Klasse tiefer in der ADAC GT Masters die Marke wechseln musste. Bentley zog sich aus dem Motorsport zurück, dafür wurden sich Feucht und die anderen Gesellschafter mit Lamborghini einig. „Wir setzen jetzt vier Autos dieser Marke ein – zwei in der GT Masters und zwei in der DTM“, erläutert Feucht. Hinzu kommen noch zwei Audi in der Nachwuchsserie ADAC GT4 Germany. Das ist auch logistisch ein enormer Aufwand.

„An zwei Wochenenden gibt es terminliche Überschneidungen. Wir haben deshalb beschlossen, zwei unabhängige Mannschaften einzusetzen“, erklärt der Teamchef. Allein bei den acht DTM-Rennen sind jeweils 19 Helfer im Einsatz. Doch was kostet nun eine Saison in der neuen Klasse? „Die DTM selbst hat die Summe von einer Million Euro genannt. Das kommt schon hin“, sagt Feucht.

Der italienische Sportwagenhersteller stellt die beiden Huracan Evo GT3 sowie Ersatzteile zur Verfügung. Das Engagement von Esmee Hawkey wird zudem von einem britischen Telekommunikationsunternehmen sowie einer Brauerei aus Kaufbeuren unterstützt. Die Logos der beiden Firmen sind gut sichtbar auf der Motorhabe und den Türen ihres schwarz-weiß lackierten Huracan zu sehen.

Bisher allerdings gibt es den nur als grafische Animation. Lamborghini hat die beiden Autos noch nicht geliefert. Die offiziellen DTM-Tests auf dem Lausitzring Anfang Mai verpasste T3 deshalb. Nachgeholt wurden die in der vergangenen Woche in Monza, wo am Samstagmittag auch die neue Saison beginnt. Dazu wurden zwei Lamborghini den DTM-Vorgaben angepasst. „Wir waren sehr zufrieden“, meint Feucht. Seine beiden Fahrer sorgten im Vergleich zu den fünf anderen Teams, die zeitgleich in Monza testeten, regelmäßig für Bestzeiten.

Rückschlüsse lassen sich daraus allerdings nur bedingt ziehen. Um die Chancengleichheit zwischen den sechs Herstellern zu erhöhen, gibt es im Regelwerk der DTM die sogenannte Balance of Performance. Vereinfacht formuliert funktioniert das so: Je schneller man unterwegs ist, desto mehr Zusatzgewichte bekommt man aufgebrummt.

Das soll für mehr Spannung sorgen. Die ist nötig, um Zuschauer anzulocken – auf den Rennstrecken, vor allem aber vorm Fernseher. Sat1 zeigt alle acht Rennen der Saison live und ausführlich. „Die TV-Reichweite ist entscheidend, um Sponsoren akquirieren zu können“, weiß Feucht. Wenn man dann noch auffällt mit einer besonderen Marke und einer Frau hinterm Lenkrad, kann das auch nicht schaden.

TV-Tipp: Sat1 überträgt die Rennen am Samstag und Sonntag jeweils ab 13 Uhr.