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Vor den Eishockey-Play-offs: So tickt der Eislöwen-Coach

Petteri Kilpivaara ist ein Finne, wie er im Buche steht. Trotz seiner besonnenen Art hat er als Cheftrainer das Feuer beim Dresdner Eishockey-Zweitligisten wieder entfacht. Offen ist, wohin das ihn und den Verein führt.

Von Alexander Hiller
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Das Credo eines typischen Finnen hat auch Petteri Kilpivaara verinnerlicht: "Wenn du nichts zu sagen hast, sage nichts."
Das Credo eines typischen Finnen hat auch Petteri Kilpivaara verinnerlicht: "Wenn du nichts zu sagen hast, sage nichts." © kairospress

Dresden. Wer den Cheftrainer der Dresdner Eis-löwen während einer Partie genauer beobachtet, wird aus seiner Miene kaum etwas über den Spielstand, noch weniger über seine eigene Gemütsverfassung herauslesen können. Petteri Kilpivaara wirkt stets gelassen, in sich ruhend, abgeklärt, fast schon stoisch, vielleicht auch cool.

Der Mann ist Finne, und nach allem, was man so hört, sind die meisten Finnen so. „Ich glaube, ich bin ein typischer Finne. Wir zeigen nicht extrem viel Emotionen, obwohl wir natürlich Emotionen haben. Ich versuche, in jeder Situation sehr ruhig zu bleiben. Das ist meine Art. Einige sagen, ich sei zu ernst“, erklärt der 37-Jährige. Kilpivaara besitzt zudem feinsinnigen Humor. „Bei uns sagt man: Wenn du nichts zu sagen hast, dann sage nichts.“ Das sei beim Durchschnitts-Amerikaner genau umgekehrt, meint er schmunzelnd.

In seiner Unaufgeregtheit hat es Kilpivaara jedenfalls verstanden, den Dresdner Eishockey-Zweitligisten rechtzeitig wieder auf den richtigen Kurs zu bringen. Als die Eislöwen vor gut vier Wochen Gefahr liefen, das Saison-Minimalziel – Erreichen der Play-offs – aus den Augen zu verlieren, beurlaubte der Klub den Cheftrainer Andreas Brockmann und setzte auf die Interimslösung Kilpivaara. Mit dem bisherigen Co-Trainer, unterstützt von Teammanager Steven Rupprich, ging es aufwärts. Dank acht Siegen in neun Partien reichte es als Fünfter für den Direkteinzug in die K.-o.-Runde.

"In den Play-offs geht es immer um die Meisterschaft"

Im Viertelfinale gegen DEL-Absteiger Krefeld, bei dem die Best-of-Seven-Serie am Mittwoch startet, ist man keineswegs chancenlos. In den vier Hauptrundenduellen gewann jedes Team zwei Mal. „Krefeld spielt Forechecking ähnlich wie wir, ist eine sehr gefährliche Kontermannschaft und routiniert. Von meinem Gefühl her sind wir läuferisch etwas stärker. Wir haben diese junge Energie, Schnelligkeit mit und ohne Puck“, sagt Kilpivaara. Sein Ziel: Er will die Eislöwen weiterbringen als in der Vorsaison. Da schieden sie als Hauptrunden-Zweiter im Viertelfinale aus. „Für mich persönlich geht es in den Play-offs immer darum, dass du Meister werden willst. Ansonsten machen die 52 Spiele vorher ja keinen Sinn“, erklärt Kilpivaara.

Mit jeder zusätzlichen Runde würden zudem die Argumente für den Verein angreifbarer, nach der Saison einen neuen Cheftrainer zu präsentieren. Ob der in der kleinsten finnischen Stadt Kaskinen aufgewachsene Kilpivaara diesen Posten überhaupt übernehmen möchte, ist jedoch noch offen. Eindeutig positioniert sichder Mann mit dem markanten Kinn zumindest öffentlich nicht, und das aus guten Gründen.

Der neue Eislöwen-Coach will sich noch nicht festlegen, ob er für die Position des Cheftrainers langfristig zur Verfügung steht.
Der neue Eislöwen-Coach will sich noch nicht festlegen, ob er für die Position des Cheftrainers langfristig zur Verfügung steht. © kairospress

Vor zwei Jahren hat er seine Frau Maria – eine Dresdnerin – geheiratet, der gemeinsame Sohn Wiljami feierte am 1. Januarseinen zweiten Geburtstag. „Die Aufgabe als Cheftrainer finde ich interessant, ich denke aber auch an das Drumherum. Für mich ist viel wichtiger, wie meine familiäre Situation ist. Meine Frau hat hier einen guten, sicheren Job, der Kleine geht in den Kindergarten, die Großeltern wohnen in der Nähe von Dresden. Da liegt ganz viel auf der Waage“, sagt Kilpivaara.

Er weiß, wie schnelllebig das Geschäft ist. Lange genug ist er im Eishockey unterwegs. Seine eigene Karriere musste der frühere Torwart aufgrund einer Verletzung und eines Overreaching-Syndroms unterbrechen. Dann entschied er sich selbst fürs Laufbahn-Ende. „Wenn ich ehrlich bin, hätte ich höchstens in der 2. finnischen Liga spielen können, da verdient man nicht wirklich Geld. Ich war immer fleißig, aber nicht gut genug für eine Profikarriere. Wenn ich heute daran denke, war diese Entscheidung das Beste, was mir passieren konnte“, sagt er. Also schloss Kilpivaara im führenden finnischen Sportinstitut in Vierumäki seine Ausbildung zum Eishockeytrainer ab, zudem hat er einen Master im Bereich Sportwissenschaften.

"Das wird eine familiäre Entscheidung"

In seiner Heimat arbeitete Kilpivaara als sportlicher Leiter und Trainer bei den Nachwuchsmannschaften des Klubs Saimaan Pallo Ry, fungierte im Verband als Torwarttrainer sowie Scout und führte die finnische Nationalmannschaft der Frauen in vier Jahren seiner Tätigkeit als Co-Trainer auch zu den Olympischen Winterspielen in Sotschi. Die Kontakte nach Dresden knüpfte 2017 schließlich ein finnischer Funktionär, als die Eislöwen einen Nachwuchstrainer suchten. „In Dresden dachte ich sofort, hier hast du alles beisammen, kurze Wege. Das gibt es nicht einmal in Finnland“, erinnert sich Kilpivaara, der damals noch kein Deutsch sprach. „Von der7. bis 9. Klasse hatte ich das Fach fakultativ, aber ehrlich gesagt alles vergessen“, sagt er in beinahe perfektem Deutsch.

2018 stieg er zum Co-Trainer auf. Seither hat er vier Cheftrainer kommen und auch wieder gehen sehen. „Ruppi und ich nehmen das jetzt, wie es kommt. Wir versuchen, der Mannschaft bestmöglich zu helfen. Alles, was dann passiert, muss man genau überlegen. Das ist für mich auch eine familiäre Entscheidung“, so Kilpivaara. Eine Tendenz, wie er entscheidet, kann man ihm natürlich nicht ansehen.