Dynamos Abstiegskampf ist diesmal anders

Dresden. Als Dynamo Dresden vor zwei Jahren aus der 2. Bundesliga abstieg, sprachen im Anschluss viele von Wettbewerbsverzerrung. Wegen zwei positiver Corona-Fälle mussten die Schwarz-Gelben damals eine Woche vor dem Neustart nach der Corona-Pause mit der gesamten Mannschaft sowie dem Trainer- und Betreuerstab in eine zweiwöchige häusliche Quarantäne.
In der Zeit konnten die anderen Zweitligisten weiter trainieren, und sie begannen auch wieder mit dem Spielbetrieb. Die Dresdner dagegen hielten sich auf Spinning-Bike und Gymnastikmatte einigermaßen fit, ein leistungssportliches oder gar fußballspezifisches Training war in dieser Zeit unmöglich. Dynamo geriet mit drei Spielen in Rückstand und bekam von der Deutschen Fußball-Liga ein Mammutprogramm verordnet. Gespielt wurde im Drei-Tage-Rhythmus, insgesamt acht Partien in 22 Tagen. Das Ergebnis: Dynamo stieg als Vorletzter in die 3. Liga ab.
Löwe kämpfte mit den Tränen
Chris Löwe wählte damals nach der 0:2-Niederlage am 32. Spieltag in Kiel und dem so gut wie sicher feststehenden Abstieg sehr deutliche Worte in Richtung Deutsche Fußball-Liga und deren damaligen Chef Christian Seifert. „Wir sind am Ende die, die den verfickten Preis bezahlen für den ganzen Scheiß!“, sagte der Verteidiger mit Tränen in den Augen. „Glauben Sie ehrlich, dass einer von denen in der DFL, Christian Seifert oder wer auch immer, sich eine einzige Sekunde Gedanken macht, was bei uns in unseren Köpfen vorgeht? Das ist denen alles scheißegal!“
Dieser Wutausbruch sorgte deutschlandweit für Schlagzeilen. Bei den Dynamo-Fans wurde Löwe für diese verbale Attacke gefeiert. Jeder konnte sich in die Mannschaft und speziell in Löwe hineinversetzen. Selbst der angegriffene DFL-Boss Seifert zeigte für Löwes emotionalen Ausbruch Verständnis. „Mir tut es sehr leid für Dynamo Dresden. Mir tut es auch leid, dass der Spieler sich so fühlt. Ich fand es gut, dass er diese Emotionen auch rauslässt. Wo soll er auch damit hin“, sagte er.
Löwe: "Jeder haut sich rein, jeder reißt sich den Arsch auf"
Dagegen betonte Mitspieler Marco Hartmann aber auch, dass man den Abstieg nicht allein auf die Corona-Entwicklungen schieben könne. Er mahnte die interne Aufarbeitung eigener Fehler an und stellte fest: Dynamo sei zuletzt keine Mannschaft gewesen. Diese Erkenntnis macht nun auch zwei Jahre später Löwe öffentlich. Auf der Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel gegen Fortuna Düsseldorf am Freitag sagt er: „Vor zwei Jahren war der Abstieg mit Ansage. Ab einem gewissen Punkt war es klar, dass wir das nicht mehr drehen können. Das ist dieses Jahr komplett anders. Es macht jeder, es will jeder.“
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Das sei beim Abstieg 2020, den außer Löwe noch vier weitere Spieler aus dem aktuellen Kader mitgemacht haben, anders gewesen. „Dieses Jahr ist keiner dabei. Jetzt muss ich aufpassen, was ich sage“, erklärte Löwe zögernd und erklärte dann: „Dieses Jahr ist keiner dabei, wie er vor zwei Jahren dabei war. Jeder haut sich rein, jeder reißt sich den Arsch auf, was vor zwei Jahren mit Sicherheit nicht der Fall war. Das überzeugt mich, dass wir am Ende den Klassenerhalt schaffen.“
Dynamo kann den Abstieg selbst verhindern
In den Spielen unter dem neuen Trainer Guerino Capretti hätten vor allem Kleinigkeiten gefehlt, meint der 33-Jährige. „Gegen St. Pauli zu Hause kannst du gewinnen, in Nürnberg kannst du gewinnen. Das Spiel in Bremen musst du nicht verlieren. Es waren immer Spiele, die auf der Kippe stehen“, meint er rückblickend. „Ich glaube, nein ich weiß es“, sagt er, „dass sich dieses Momentum eines Tages wieder auf unsere Seite dreht. Dann werden wir wieder in der Lage sein, Fußballspiele zu gewinnen, und die Liga halten.“
Aus diesem Grund ist Löwe vor dem Spiel in Düsseldorf auch sehr zuversichtlich. „Uns ist allen bewusst, dass das Spiel am Freitag extrem wichtig ist. Wir haben jetzt noch ein paar Spiele, bis sich etwas entscheidet, ob Relegation oder nicht“, sagt er, will dabei aber noch nicht weiterdenken. „Natürlich muss es unser Ziel sein, die Saison so gut wie möglich abzuschließen, egal, ob die dann auf dem Relegationsplatz endet oder woanders. Einfach, damit wir mit dem bestmöglichen Gefühl in eine eventuelle Relegation gehen. Dafür wäre es gut, wenn wir Spiele gewinnen.“ Gegen Düsseldorf wäre ein guter Anfang.
Derzeit trennt Dynamo sechs Punkte vom ersten Nichtabstiegsplatz, Erzgebirge Aue steht sieben Punkte hinter den Dresdnern und könnte den Relegationsplatz noch streitig machen. Insgesamt sind noch zwölf Zähler zu vergeben. Löwe, mit über 140 Zweitliga-Partien einer der Erfahrensten im Kader, weiß, worauf es in dieser besonderen Drucksituation ankommt.
„Je älter ich werde, umso mehr spielt der Kopf eine sehr entscheidende Rolle“, sagt er. „Wir haben alles in unserer eigenen Hand. Über die Relegation entscheiden nur wir. Und in den beiden Spielen entscheiden auch nur wir, ob wir die beiden Spiele gewinnen oder nicht.“ Vor zwei Jahren hatte es Dynamo nicht selbst in der Hand.