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Eiskalt, wenn's drauf ankommt: Das ist Rödertals Top-Torschützin

Sie zeigt keine Nerven. Handballerin Fabienne Büch ist beim Zweitligisten HC Rödertal auch die Frau für die Siebenmeter. Angetrieben vom eigenen Ehrgeiz und ihrem großen Bruder - einem Fußball-Profi.

Von Michaela Widder
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Zeit für eine heiße Schokolade im Café Hübler am Dresdner Schillerplatz. Zweitliga-Handballerin Fabienne Büch genießt einen nicht alltäglichen "Arbeitstermin".
Zeit für eine heiße Schokolade im Café Hübler am Dresdner Schillerplatz. Zweitliga-Handballerin Fabienne Büch genießt einen nicht alltäglichen "Arbeitstermin". © Foto: SZ/Veit Hengst

Dresden. Für sie ist es ein besonderer Termin. Interviews hat Fabienne Büch bisher noch nicht so oft gegeben, und das man sich dafür sogar extra in einem Café trifft, ist für sie ganz neu. Dass es auch noch spontan an einem Vormittag klappt, hat sie ihrem sportlichen Arbeitgeber zu verdanken. Das ist die Volleyball-GmbH des Dresdner SC, bei der sie seit November als Werksstudentin arbeitet. 20 Stunden in der Woche ist sie in der Geschäftsstelle tätig, hilft im Marketing und Social-Media-Bereich aus.

"Ich wollte gern Praxiserfahrung sammeln. Es ist spannend, was der DSC für Aktionen startet - auch für seine Fans", sagt die Sportmanagement-Studentin. Ein Spiel der Profi-Volleyballerinnen konnte sie allerdings noch nie live als Zuschauerin verfolgen. Wenn der DSC in der Margonarena aufschlägt, steht Fabienne Büch meist rund 20 Kilometer weiter selbst auf dem Feld - im kleinen Ort Großröhrsdorf.

Die 22-Jährige ist Handballerin und die zweite Saison beim HC Rödertal. Mit den Rödertalbienen gelangen zuletzt acht Siege in Serie, als Tabellenzweiter hat die Mannschaft unmittelbaren Kontakt zu Spitzenreiter Göppingen. Aufstiegsgedanken lassen sich auch deshalb nicht mehr beiseiteschieben. "Klar hat man das im Kopf", meint Fabienne Büch, doch sie betont: "Wichtig ist, dass wir von Spiel zu Spiel weiter unsere Leistung abrufen." So auch in der nächsten Heimpartie am Samstag, 18.30 Uhr gegen Mainz. Den Traum in der 1. Bundesliga zu spielen, habe sie jedenfalls seit ihrer Jugend. "Es wäre die Kirsche auf der Sahne."

Gegen Bundesliga-Absteiger Waiblingen gelang Fabienne Büch ein starkes Spiel, sie erzielte insgesamt 12 Tore von 14 Würfen. Mit dem Sieg am 20. Januar kletterte der HC Rödertal auf Rang zwei.
Gegen Bundesliga-Absteiger Waiblingen gelang Fabienne Büch ein starkes Spiel, sie erzielte insgesamt 12 Tore von 14 Würfen. Mit dem Sieg am 20. Januar kletterte der HC Rödertal auf Rang zwei. © RocciPix/Rocci Klein

Die große Stärke sei das Team, betont sie und meint die mannschaftliche Geschlossenheit: "Jede Spielerin gibt was dazu, der Gegner kann sich bei uns nicht auf eine einschießen." Oder doch?

Wenn es um die Siebenmeterwürfe geht, dann ist Fabienne Büch gefragt. 69 verwandelte Strafwürfe allein in dieser Saison zeigen: Sie ist eiskalt vom Punkt, ihre Quote liegt bei starken 85 Prozent. Die Linksaußen ist damit auch Top-Torschützin bei den Rödertalbienen, und in der Liga liegt sie damit auf Rang zwei.

"Siebenmeterwürfe - das ist so eine eigene Welt", meint Fabienne Büch und erklärt ihre Taktik, die eigentlich gar keine ist: "Vor dem Wurf weiß ich nicht, wohin ich werfe. Ich mache mir da keine Gedanken. Die Würfe sind intuitiv." Dafür hat sie offenbar ein gutes Händchen. Nun ist es aber auch nicht so, dass alles allein Talent ist. Nach dem Mannschaftstraining macht sie oftmals Extra-Würfe, manchmal bis zu 50 auf das leere Tor.

Der Ehrgeiz ist groß - und liegt auch in der Familie. Die gebürtige Rand-Berlinerin hat sportliche Eltern und einen großen Bruder, der Fußball-Profi ist. Gordon Büch, der kurzzeitig mal für Ingolstadt in der 3. Liga und auch in Luxemburg spielte, steht derzeit beim Regionalligisten SV Babelsberg unter Vertrag.

"Du musst mehr machen als die anderen"

Es ist vor allem ein Satz von Gordon, den sie verinnerlicht hat. "Du musst mehr machen als die anderen." Der große Bruder - er ist sechs Jahre älter - ist ihr Vorbild. Dass er als Viertliga-Fußballer von seinem Sport leben könne und sie als Zweitliga-Handballerin nicht, damit hat sie sich längst abgefunden.

"Es ist wie es ist. Der Frauen-Handball ist nun einmal nicht so populär. Ich finde es aber gut, dass sich Gordon nicht darauf ausruht, sondern jetzt bei meinen Eltern im Steuerbüro arbeitet", sagt die kleine Schwester. Wie groß die finanziellen Unterschiede allein schon in ihrer Sportart sind, weiß Fabienne Büch schließlich auch ziemlich genau. Ihr Freund Vincent Klepp spielt beim Männer-Zweitligisten HC Elbflorenz.

Das ist auch eine der Gründe, warum es die Handballerin vor zwei Jahren nach Großröhrsdorf zog. Nach einem Jahr Fernbeziehung wollten sie, wenn es sportlich machbar ist, gern zusammenziehen. Fabienne Büch suchte den Kontakt zu den Vereinsverantwortlichen und kam 2022 von Pfeffersport Berlin ins Rödertal - als Entwicklungsspielerin. "Ich habe es als Challenge gesehen, den Schritt fest in den Kader zu schaffen", erklärt sie. Auch durch Verletzungen von Mitspielerinnen bekam sie früher als geplant Einsatzsatzzeiten.

Auch der Freund ist Handballer - beim HC Elbflorenz

"Sie hat alles in die Waagschale geworfen und sich auch als Siebenmeter-Schützin in die Mannschaft gespielt. Ich denke, ihre Entwicklung ist noch nicht zu Ende", sagt Trainerin Maike Daniels, die mindestens eine weitere Saison mit ihrer Stammspielerin planen kann.

Mit ihrem Freund hat sie in Dresden inzwischen eine gemeinsame Wohnung. "Es ist schön, einen Sportler als Partner zu haben, weil natürlich ganz viel Verständnis da ist. Wir helfen uns gegenseitig - emotional aber auch handballerisch. Wir schauen uns auch gern die Spiele des anderen an." Sie kochen gern zusammen, gehen ins Kino und auch ein Spieleabend zu Hause darf es gern mal sein.

Für ihren Klub betreut Fabienne Büch gemeinsam mit einer Mitspielerin den Instagram-Kanal und denkt sich neue Formate aus. Seit dieser Saison gibt es die "Frage der Woche" an die Spielerinnen. Die letzte lautete: Welche Superkraft hättest Du gern? Ihre Antwort: "Ich würde gern mit Tieren sprechen können", sagt die Hunde-Liebhaberin, die einen Schapendoes zu Hause bei ihren Eltern hat. Diese Siebenmeter-Superkraft, die sich möglicherweise andere Handballerinnen wünschen würden, hat sie ohnehin.