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Jung, ehrgeizig, erfolgreich: Das ist Dresdens neues Kanu-Gesicht

Seit Jahren steht Olympiasieger Tom Liebscher für Weltklasse im Kanusport. Ein junger Dresdner könnte bald sein Nachfolger werden. Bei der U23-WM gewinnt Tobias Hammer zweimal Gold. Dabei ging die Saison schwierig los.

Von Michaela Widder
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Wird er mal der Nachfolger von Tom Liebscher-Lucz? Kanute Tobias Hammer ist auf einem guten Weg, international auf sich aufmerksam zu machen.
Wird er mal der Nachfolger von Tom Liebscher-Lucz? Kanute Tobias Hammer ist auf einem guten Weg, international auf sich aufmerksam zu machen. © Foto: SZ/Veit Hengst

Dresden. Die kleine Beule an seinem Daumen ist ein gutes Zeichen. Für die Hornhautverdickung haben die Kanuten sogar einen Namen. Kilometerzähler nennen sie diese empfindliche Stelle. „Je dicker die Hornhaut am Daumen ist, so sagen wir es spaßeshalber, desto mehr Kilometer hat man gemacht“, plaudert Tobias Hammer aus dem Leben eines Kanu-Profis.

Der Dresdner zählt zu den hoffnungsvollen Talenten, die vielleicht mal die Nachfolge von Doppel- Olympiasieger Tom Liebscher-Lucz antreten. Hammer gewann vor knapp zwei Wochen bei den U23-Weltmeisterschaften in Italien Gold im Kajak-Einer und -Zweier über die olympische 1.000-Meter-Distanz. Besonders glücklich ist er über den ersten großen Einzel-Titel. „Darüber bin ich sehr happy, denn am Anfang der Saison sah es gar nicht gut aus“, meint der 21-Jährige vom Wassersportverein Blaues Wunder.

Im Frühjahr müssen sich die Kanuten bei zwei Qualifizierungs-Wettkämpfen für internationale Einsätze empfehlen. „Das erste Wochenende lief gut, aber beim zweiten war unsere Trainingsgruppe komplett krank“, erzählt er. Es sah zunächst danach aus, als habe Hammer seine Chance verpasst. Doch dann wurde noch ein Ausscheidungswettkampf veranstaltet. „Ich habe mich Stück für Stück wieder rangekämpft.“

Olympia in Paris kommt noch zu früh

Und nun ist er sogar als Doppel-Weltmeister bei der U23-EM am letzten Juli-Wochenende in Portugal am Start. „Das Ziel ist, meine Leistung noch mal abzurufen. Die stärkste Konkurrenz kommt ja aus Europa“, meint Hammer, wohl wissend: „Ich fahre natürlich mit Rückenwind dorthin.“

Für die Heim-WM im August in Duisburg ist er trotz der Nachwuchserfolge nicht vorgesehen, auch die Olympischen Spiele in Paris kommen für ihn wohl noch zu früh. „Die Besetzung der Boote steht schon so gut wie fest. Da wird es schwierig reinzukommen“, meint er und hat die Spiele 2028 fest im Blick. Das große Vorbild hat er mit Liebscher-Lucz in der eigenen Trainingsgruppe. „Seine Erfolge sind atemberaubend. Wie lange Tom spitze ist – und das auf verschiedenen Strecken. Er hat enorm viel Talent“, findet Hammer.

So schaffte es Liebscher-Lucz schon als 20-Jähriger in die Nationalmannschaft – und ist dort nicht mehr wegzudenken. Gold mit dem Vierer-Kajak in Rio, den Olympia-Coup wiederholt 2021 in Tokio – dazu sechs WM-Titel und sieben EM-Titel. Und natürlich profitiert auch einer wie Hammer von diesem Weltklasse-Athleten in Dresden. „Klar, gibt er auch einiges an uns weiter, wir pushen uns gegenseitig nach oben.“ Und der Blondschopf konnte in einem offiziellen Wettkampf sogar schon mal den Olympiasieger besiegen. Beim Indoor Sprint Cup auf dem Paddel-Ergometer feierte er im Dezember diesen kleinen Prestige-Erfolg in Blasewitz.

Zwischen 7.000 bis 9.000 Kilometer im Kanu

Doch er weiß – abgerechnet wird auf dem Wasser. Die Trainingsgruppe von Jens Kühn gehört in Deutschland zu den erfolgreichsten. Eine zweite Medaille bei der U23-WM gab es für Estella Damm im Kajak-Vierer. Die 19-Jährige könnte mal in die Rolle von Steffi Kriegerstein schlüpfen, die ihre Karriere gesundheitsbedingt beenden musste.

„Das werden nicht die neuen Liebschers, sondern die neuen Hammers. Das sind schon coole Jungs, die sich immer weiter rangekämpft haben und mir im Training ganz schön einheizen“, meinte der 29 Jahre alte Liebscher-Lucz schon vor zwei Jahren. Was noch fehlt, ist der große Durchbruch der jungen Wilden. Am Trainingsfleiß fehlt es jedenfalls nicht. „Ich glaube, wir sind in Dresden eine Trainingsgruppe mit sehr vielen Kilometern“, so Hammer. Der Sportsoldat, der in Loschwitz wohnt, kommt auf rund 7.000 bis 9.000 Kilometer im Jahr.

Ob es da auch mal langweilig wird auf der Elbe? „Nein, es passiert doch immer was, mal kommt ein Schiff vorbei, mal ist die Elbe hoch, mal niedrig – da muss man schon wachsam sein.“ Und außerdem weiß er, wofür er sich Schwielen an den Händen holt. Der Kilometerzähler läuft. Gold macht schließlich süchtig.