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Als Profi-Fußballerin schwanger – und dann?

Wenn Fußballerinnen schwanger werden, ist für sie oft nicht klar, wie die Karriere weitergeht. Der Fall von Sara Björk Gunnarsdóttir soll nun ein Weckruf sein.

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Sara Björk Gunnarsdóttir (l.) – hier im Duell mit Alexandra Popp – erstritt von ihrem Ex-Verein eine Nachzahlung von 80.000 Euro. Olympique Lyon hatte ihr wegen der Schwangerschaft den Lohn gekürzt.
Sara Björk Gunnarsdóttir (l.) – hier im Duell mit Alexandra Popp – erstritt von ihrem Ex-Verein eine Nachzahlung von 80.000 Euro. Olympique Lyon hatte ihr wegen der Schwangerschaft den Lohn gekürzt. © dpa/Gabriel Buoys

Von Jacqueline Melcher

München. Die Baby-Freude ist auch bei Fußballerinnen groß, die Ungewissheit aber auch. Viele Fragen begleiten die werdenden Mütter, die ihre Familienplanung eben nicht erst nach der Karriere vorantreiben wollen. Wie reagiert der Verein? Welche Konsequenzen hat die Elternzeit für die sportliche Zukunft? Und klappt es danach überhaupt mit der Rückkehr in den Sport?

Nationaltorhüterin Almuth Schult hat das alles schon einmal durchgemacht: Im Jahr 2020 legte sie wegen der Geburt ihrer Zwillinge eine Babypause ein, heute ist sie erneut schwanger. Wie es danach mit ihrer sportlichen Karriere weitergeht? Das ist für die 32-Jährige unklar.

Schult ist im Fußball kein Einzelfall mehr. Immer häufiger bekommen Spielerinnen während ihrer aktiven Karriere ein Kind – sie kämpfen auch um Rechte, die ihnen eigentlich schon zustehen. Im Januar sorgte eine Entscheidung des Fifa-Tribunals für größere Schlagzeilen, wonach der französische Fußball-Klub Olympique Lyon mehr als 80.000 Euro an seine ehemalige Spielerin Sara Björk Gunnarsdóttir nachzahlen musste.

Fifa stellt Regeln auf

Der Verein hatte der isländischen Nationalspielerin nach Bekanntwerden ihrer Schwangerschaft den Lohn teils nicht mehr überwiesen. Zu Unrecht, entschied die entsprechende Kammer des Weltfußballverbandes Fifa. Gunnarsdóttir bezeichnete das Urteil als „Weckruf“ für alle Vereine und eine Botschaft an alle Spielerinnen. Sie hätten „Rechte und Garantien, wenn sie schwanger sind oder schwanger werden wollen während ihrer Karriere“.

Die deutsche Nationalspielerin Alexandra Popp sprach im RTL-Interview die Unterstützung für ihre ehemalige Teamkollegin beim VfL Wolfsburg aus: „Das hat nichts mehr mit einer gewissen Menschlichkeit zu tun. Da geht’s dann einfach am Ende nur noch um Business, und das ist aus meiner Sicht ganz verkehrt.“

Seit rund zwei Jahren steht professionellen Fußballerinnen weltweit ein bezahlter Mutterschutz zu. Die Fifa stellte im Dezember 2020 entsprechende Regeln auf, die für Fußballerinnen einen Anspruch auf Mutterschaftsurlaub für mindestens 14 Wochen bei mindestens zwei Drittel ihres vertraglich geregelten Gehalts festlegen und die Frauen vor Vertragskündigungen wegen der Schwangerschaft schützen. Eine Nichteinhaltung der Fifa-Regeln kann dabei auch mit sportlichen Sanktionen bestraft werden.

In Deutschland bereits weitgehend geregelt

Von den neuen Regeln profitierten aber vorwiegend Spielerinnen, die in Ländern mit geringen Mutterschutzstandards arbeiten, sagte Ulf Baranowsky, Geschäftsführer bei der Spielergewerkschaft VDV. „In Deutschland gibt es glücklicherweise schon sehr weitgehende gesetzliche Regelungen zum Mutterschutz.“

Während der Schwangerschaft und kurz nach der Geburt stehe Frauen in Deutschland grundsätzlich ein Schutz vor Kündigung und meistens auch vor einer Minderung ihres Gehalts zu, erklärte Martin Schimke, Fachanwalt für Sport- und Arbeitsrecht. An diese Regeln müssten sich auch die Fußballklubs halten.

„Auch über diese Schutzfristen hinaus sieht das Mutterschutzgesetz allgemeine und individuelle Beschäftigungsverbote vor, die Profifußballerinnen betreffen können“, sagte Schimke. „Der Arbeitgeber muss dabei dafür sorgen, dass ihre Tätigkeit die Frau und ihr Kind nicht unverantwortlich gefährdet.“ Für Spielerinnen, die nicht bei einem Verein unter Vertrag stehen, gelte der arbeitsrechtliche Schutz aber dementsprechend nicht.

Schult verzichtete auf Vertragsunterschrift

Davon ist diesmal auch die vertragslose Torhüterin Almuth Schult betroffen. „Ich hatte mich eigentlich schon im Dezember mit einem Klub geeinigt, bin dann aber offen damit umgegangen, dass ich schwanger bin, und wir waren uns dann darüber einig, dass wir den Vertrag jetzt nicht unterschreiben“, sagte die Nationalspielerin im Interview der Funke-Mediengruppe. „Ich denke nicht, dass mich ein Verein unter Vertrag nimmt, solange ich noch nicht wieder spielen kann.“

Dass sie das als ehemalige deutsche Nummer eins nicht ganz so hart trifft wie andere Spielerinnen, weiß Schult. „Andere Sportlerinnen hätten in meiner Situation eventuell vor dem Nichts gestanden“, sagte die zuletzt in den USA beschäftigte Keeperin. „Es ist immer noch so, dass der Sport nicht darauf vorbereitet ist, sondern, dass die Mütter darum kämpfen, dass es Normalität wird und sie ihre Rechte erstreiten müssen.“

Der Deutsche Fußball-Bund verweist in puncto Mutterschutz in erster Linie auf das staatliche Arbeitsschutzgesetz. „Eventuelle Sondervereinbarungen der Vereine mit ihren angestellten Spielerinnen obliegen den Klubs“, sagte Annette Seitz, Frauenfußball-Referentin beim DFB.

DFB will Rückkehr auf den Platz erleichtern

Der deutsche Verband wolle aber zukünftig einen Fokus darauf setzen, die Bedingungen für Mütter vor allem nach der Schwangerschaft zu verbessern und die Rückkehr auf den Platz zu erleichtern. „Dabei möchten wir zunächst für unsere Nationalmannschaft einen verbindlichen Rahmen festlegen“, sagte Seitz. In einem weiteren Schritt wolle man Regelungen dann auch mit den Vereinen besprechen. Konkrete Ergebnisse gebe es aber bislang nicht.

Einen Grund dafür, dass Mütter ihre Fußballkarrieren trotz des geregelten Mutterschutzes selten auf hohem Niveau fortsetzen, sieht VDV-Geschäftsführer Baranowsky bei der nach wie vor relativ geringen Ertragssituation der Profifußballerinnen. „Ziel muss es daher sein, diesen Bereich weiter zu professionalisieren und besser zu vermarkten, damit höhere Einnahmen erzielt und bessere Gehälter gezahlt werden können“, sagte Baranowsky. „Das würde den Beruf für Mütter sicherlich attraktiver machen.“ (dpa)