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Was für Olympia spricht - und was dagegen

Die Folgen der Pandemie sind das stärkste Argument gegen die Austragung der Spiele von Tokio, aber es gibt auch einige gute Gründe dafür. Ein Pro & Contra.

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Am 23. Juli soll im Nationalstadion von Tokio die Eröffnungsfeier der um ein Jahr verschobenen Olympischen Sommerspiele stattfinden.
Am 23. Juli soll im Nationalstadion von Tokio die Eröffnungsfeier der um ein Jahr verschobenen Olympischen Sommerspiele stattfinden. © Rodrigo Reyes Marin/ZUMA Wire/dpa

Von Christian Hollmann

PRO OLYMPIA

  • Signalwirkung: „Die Fackel der Hoffnung“ und „das Licht am Ende des Tunnels“ – so nannten IOC-Chef Thomas Bach und die Organisatoren immer wieder die Tokio-Spiele. Das große Sportfest mit Athleten aus aller Welt soll ein Zeichen sein, dass die Pandemie überwunden ist. Derart aufgeladen wäre eine erneute Verlegung oder gar der Verzicht auf Olympia eine Niederlage mit bitterster Symbolkraft.
  • Athletenziel: Die Qualifikationswettbewerbe haben gezeigt, wie sehr Olympia viele Sportler auch in diesen Zeiten anzieht. „Mein Leben hat sich gelohnt, das Lebensziel ist erreicht“, sagte Deutschlands Stabhochsprung-Meister Oleg Zernikel, als er sich jetzt qualifizierte. So ähnlich geht es vielen Athleten, die seit Jahren auf Olympia hintrainieren und schon durch die Verschiebung hart getroffen wurden. Eine Absage würde so manchen um die einzige Chance auf eine Teilnahme bringen.
  • Corona-Blase: Eine Reihe internationaler Sportereignisse und die Testwettkämpfe in Tokio haben gezeigt, dass sichere Spiele möglich sind. Der Aufwand, der dafür getrieben wird, ist enorm: wenig Bewegungsfreiheit und viele Corona-Tests für alle Teilnehmer, strenge Hygieneregeln im olympischen Dorf und den Arenen, der Ausschluss ausländischer Besucher. Laut IOC werden zudem mehr als 80 Prozent der Bewohner des Athletendorfes geimpft sein.
  • Finanzen: Die Olympia-Macher rechnen offiziell mit Ausgaben von rund 12,7 Milliarden Euro. Viel von diesem Geld ist bereits ausgegeben und wäre bei einer Absage verloren. Für das IOC hängen Milliarden vom Fernsehen und den Sponsoren an den Spielen. Fließt dieses Geld nicht, könnten internationale Verbände und Nationale Olympische Komitees in Not geraten, weil sie anteilig von den IOC-Einnahmen profitieren. Auch Athleten hätten Einbußen, weil Prämien und Werbeverträge ausbleiben.
  • Politik: Für Japans Führung wäre eine Absage eine Schmach. Ministerpräsident Yo-shihide Suga erklärte die Spiele zum Pres-tigeprojekt. Zudem ist bei einer Absage ausgerechnet Erzrivale China mit den Winterspielen in Peking 2022 erster Olympia-Gastgeber nach der Pandemie.

CONTRA OLYMPIA

  • Superspreader: Japans wichtigster Corona-Regierungsberater Shigeru Omi sagte: „Es ist in der gegenwärtigen Situation nicht normal, die Spiele auszurichten.“ Wie viele seiner Kollegen hält es der Mediziner für hochriskant, rund 78.000 Ausländer während einer Pandemie für Olympia und Paralympics einreisen zu lassen. Es droht die Verbreitung des Virus und das Entstehen neuer Mutanten. Japans Gesundheitssystem ist am Limit, die Impfquote sehr niedrig. Der seit April geltende dritte Notstand für Tokio gilt noch bis mindestens 20. Juni.
  • Anti-Stimmung: Die Umfragen in Japan ergeben seit Monaten stabil eine überwiegende Ablehnung. Im Mai unterschrieben mehr als 350.000 Japaner eine Petition gegen Olympia. Rund 10.000 freiwillige Helfer zogen ihre Bereitschaft zurück. Auch einige Städte, die als Trainingsquartiere eingeplant waren, haben sich abgemeldet.
  • Ohne Seele: Ein Fest der Völker, eine brodelnde Stätte internationaler Begegnungen – so ist Olympia diesmal nicht. Ausländische Gäste bleiben ausgesperrt. Die Sportler sollen sich mit Abstand treffen, sonst in ihren eigenen Teil-Blasen bleiben und sich so kurz wie möglich in Japan aufhalten.
  • Ungleiche Chancen: Nicht jeder Athlet wird rechtzeitig vor Tokio eine Impfung bekommen, gerade ärmere Nationen sind im Nachteil. Und bei einigen, die erst spät geimpft wurden, brachten die Wirkungen des Vakzins die Vorbereitung durcheinander. Auch beim Thema Doping dürfte Corona Effekte haben, weil über mehrere Monate kaum getestet werden konnte. (dpa)