Wieder mal wurde vertuscht und versagt

Die ARD-Dokumentation offenbart ein Bild des Grauens. Der einstige Weltklasse-Wasserspringer Jan Hempel berichtet darin, wie er 14 Jahre von seinem Trainer sexuell missbraucht wurde, selbst unmittelbar vor einem olympischen Wettkampf. Wie konnte das passieren? Warum geht der Dresdner erst Jahrzehnte später an die Öffentlichkeit? Hat keiner etwas davon mitbekommen?
Doch, und das ist das Perfide an diesem Fall. Noch als Aktiver fand Hempel die Kraft, vertraute sich der Verbandsführung an. Sein Trainer wurde zwar kaltgestellt, doch die öffentliche Begründung war eine andere. Damit hat der Deutsche Schwimm-Verband eine Straftat vertuscht – und komplett versagt. Niemals hätte dieser Trainer wieder in seinem Beruf arbeiten dürfen, aber er fand eine Anstellung in Österreich.
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Dieser und auch Fälle aus der jüngeren Vergangenheit erinnern an den Umgang der Katholischen Kirche mit dem weltweiten Missbrauchsskandal. Es gibt weder dort noch hier ein Klima der Aufklärung. Und deshalb haben Opfer oft die verständliche Angst, noch einmal zum Opfer zu werden, wenn sie sich öffnen: Zur großen Scham kommt das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Das Leid der Betroffenen wird dadurch unerträglich größer.
Der Täter hat sich das Leben genommen, aber der Schwimm-Verband ist in der Pflicht, nicht nur diesen Vorfall endlich konsequent aufzuarbeiten – und Mitwisser zur Verantwortung zu ziehen.
E-Mail an Michaela Widder
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