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Mit einem Lächeln im Gesicht: Für diese Weißwasseranerin ist selbst ein Marathon zu kurz

Extremläuferin Jasmin Beer wurde jetzt Deutsche Meisterin im Sechs-Stunden-Lauf – und hätte selbst bei den Männern auf dem Podest gestanden. Wie macht die junge Frau das?

Von Frank Thümmler
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Jasmin Beer sieht man die Belastung auch nach vielen Kilometern nur selten an. Oft hat sie ein Lächeln auf den Lippen. Und langweilig, so sagt sie es, wird ihr auch nach vielen Stunden nicht.
Jasmin Beer sieht man die Belastung auch nach vielen Kilometern nur selten an. Oft hat sie ein Lächeln auf den Lippen. Und langweilig, so sagt sie es, wird ihr auch nach vielen Stunden nicht. © privat

Weißwasser. Wenn die anderen kaputt sind, kann ich meistens noch – sagt die aus Weißwasser stammende Jasmin Beer lächelnd. Sie meint damit nicht etwa nach drei, fünf oder zehn Kilometern. Sie redet vielmehr von einem Marathon, und die gut 42 Kilometer sind ihr einfach zu wenig.

Die inzwischen 25-Jährige galt vor einigen Jahren als großes Lauftalent für die längeren Strecken, war auf der Sportschule in Cottbus, lief als 18-Jährige den Halbmarathon schon in gut 1:21 Stunden, den Marathon unter drei Stunden.

Aber: „Die Entwicklung im Marathon war in den vergangenen Jahren rasant. Für die deutsche und internationale Spitze braucht man Zeiten an die 2:20 Stunden. Und dafür fehlt mir letztlich die Grundschnelligkeit. Mein Talent ist es eher, sehr lange ein gutes Tempo laufen zu können“, begründet sie ihren Wechsel auf die „langen Strecken“, wie sie die Distanzen ab 50 Kilometern aufwärts nennt.

Mit guter Renneinteilung zum Sieg gelaufen

2021 war sie schon Deutsche Meisterin über 50 Kilometer, Anfang Oktober gewann die Weißwasseranerin nun den deutschen Titel im Sechs-Stunden-Lauf – mit einem super Ergebnis: 76,553 Kilometer. Das entspricht in etwa der Strecke von Weißwasser bis nach Kodersdorf – und zurück.

Gelaufen wurde in Potsdam, wo Jasmin Beer studiert hat, lebt und läuft, auf einem gut einen Kilometer langen Rundkurs am Checkpoint „Bravo“. „ Ich bin eher verhalten angegangen, wusste, dass man über so eine lange Strecke Geduld haben muss. Ich war Anfang des Jahres schon mal sechs Stunden gelaufen, hatte da knapp 69 Kilometer geschafft. Diesmal sollten es schon 70, vielleicht auch 72 Kilometer werden.“

Die Weißwasseranerin ließ sich auch nicht davon beirren, dass viele der 100 Teilnehmer (davon 37 Frauen) schneller angingen. Sie hielt an ihrem Plan fest: 4:50 Minuten pro Kilometer. Wenn man das durchhält, kommt man am Ende bei 74 Kilometern raus. Jasmin Beer rollte dann das Feld von hinten auf, war am Anfang Achte, nach viereinhalb Stunden übernahm sie dann die Führung.

Nach dem Rennen nicht am Ende der Kräfte

„Ich hatte einen super Tag erwischt, konnte meine Geschwindigkeit nicht nur halten, sondern, angefeuert von vielen Bekannten an der Strecke sogar schneller werden, mit Kilometerzeiten an die 4:30 Minuten. Das am Ende über 76 Kilometer rausgekommen sind, hätte ich nie erwartet“, sagt sie.

Über sechs Stunden ist dieses Ergebnis das beste einer Frau der vergangenen Jahre, zugleich Deutscher Rekord der Altersklasse W20. Und bei den Männern, die ihren Wettkampf parallel zu den Frauen absolvierten, hätte Jasmin Beer auch auf dem Podest gestanden – auf Platz drei.

Im Ziel nach der „Sechs-Stunden-Tortur“ war sie keineswegs völlig am Ende ihrer Kräfte. „Es ist eher so eine Kopfsache, dass man nach fünfeinhalb Stunden denkt: Jetzt ist es aber bald genug, und dem Ende entgegenfiebert“, sagt sie.

Sie spricht aus Erfahrung, hat in diesem Jahr auch schon an den deutschen Meisterschaften im 24-Stunden-Lauf in Braunschweig teilgenommen, schaffte da 184 Kilometer, wurde Sechste bei den Frauen und Meisterin in ihrer Altersklasse.

Den nächsten Rekord schon im Blick

Genug vom Laufen hat Jasmin Beer auch nach diesen Ultraläufen in diesem Jahr noch lange nicht. Die Pläne für nächstes Jahr stehen schon: „Anfang des Jahres sind die Meisterschaften über 50 Kilometer und im Sechs-Stunden-Lauf. Ich will eigentlich auch noch einmal einen schnellen Marathon laufen. Aber da muss ich erst mit meinem Trainer drüber sprechen“, sagt sie.

Ein großes Fernziel sei auch der deutsche Rekord ihrer Altersklasse im 24-Stunden-Lauf. Der steht aktuell bei 208,176 Kilometern. „Dafür habe ich aber noch vier Jahre zeit, sagt sie schmunzelnd.“ Um auf dieses Niveau zu kommen, wird sie auch in den nächsten Monaten und Jahren ganz viel Laufen – im Training einhundert bis 170 Kilometer pro Woche.

Ihre Füße machen das mit: „Lange langsam laufen ist deutlich weniger beanspruchend als viel schnell zu laufen“, sagt sie. Und dass sie die richtigen Schuhe trägt, dafür kann sie selbst sorgen: Nach ihrem abgeschlossenen Studium der Sportwissenschaften verkauft sie jetzt selbst welche.