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Stadträte protestieren gegen Abriss

Die Politiker nehmen es nicht hin, dass von Gebhardts Ausschank nur noch die Grundmauern stehen.

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson

Meißen. Der Vorsitzende der ULM-Fraktion Wolfgang Tücks hat sich jetzt mit einem Brandbrief an Meißens Oberbürgermeister Olaf Raschke gewandt. Anlass sind umfangreiche Arbeiten an der Meißner Traditionsgaststätte Gebhardts Weinschank. In der vergangenen Woche wurde das unter Denkmalschutz stehende Objekt quasi bis auf die Grundmauern abgerissen. Es sei unwiderruflich zerstört worden, schreibt Tücks. Dem Vernehmen nach habe es dafür keine Genehmigung gegeben.

Bestätigt wird Letzteres von der Sprecherin des Landratsamtes Kerstin Thöns. Gleichzeitig will sie keine weiteren Details preisgeben. Es gebe Gespräche zwischen der Denkmalpflege und dem Besitzer, der lediglich über eine Erlaubnis zum Um- und Ausbau der ehemaligen Weinstuben verfüge. Dieser Austausch sei intern. Der Eigentümer der Immobilie, Unternehmer Jürgen Hinz, möchte nicht mit der SZ kommunizieren.

Insgesamt stellt Stadtrat Wolfgang Tücks drei Fragen an den Rathauschef. So möchte er wissen, ob die Erlaubnis für den Umbau des Objektes nach dem tatsächlichen Abriss fast der gesamten Bausubstanz noch bestehe. Oder müsse nun eine neue Genehmigung her? Wenn ja, dürfe diese – wegen der Lage der Immobilie im Außenbereich – überhaupt erteilt werden?

Nach Angaben von Meißen Fernsehen soll die Bauaufsicht der Stadt für den Montag einen Vorort-Termin mit dem Architekten, dem Bauherren und der Denkmalschutzbehörde anberaumt haben. Bis dahin durften TVM zufolge am Hauptgebäude nur noch Bausicherungsmaßnahmen ausgeführt werden.

Zusammen mit Wolfgang Tücks nimmt sich CDU-Stadtrat Jörg Schlechte der Sache an. Beide wollen das Thema illegaler Abriss im Bauausschuss des Stadtrats ansprechen. „Wenn hier getrickst wurde, dann gibt es kein Pardon“, so Tücks.

Unter Meißner Bürgern sorgte die Nachricht von den Vorgängen auf der Stadtparkhöhe für empörte Reaktion. So schreibt etwa Ralf Urban in einem Kommentar zu einem SZ-Artikel über Gebhardts Weinschank: „Ich war dort selbst oft zu Gast und habe auch da gearbeitet. Natürlich schmerzt es, wenn man sieht, wie ein über Jahrhunderte gewachsenes und bewahrtes Denkmal, welches selbst die DDR und den vorsätzlichen Verfall der letzten fast drei Jahrzehnte überlebt hat, nun den Weg alles Irdischen geht.“ Aus Sicht Urbans ist eine Gaststätte an dieser Stelle allerdings nicht rentabel zu betreiben. Planungsauflagen des Denkmalschutzes hätten seiner Meinung nach gereicht, damit kein Neubaublock dort hinkommt. „Die Erinnerung bleibt“, so der Meißner.

Recherchen des verstorbenen Meißner Stadtchronisten Gerhard Steinecke zufolge ist ein Weinschank auf dem Teil des Meißner Plossens, der seit dem 19. Jahrhundert als „Stadtparkhöhe“ bezeichnet wird, schon seit dem Jahr 1713 bezeugt. Hier soll auch Kurfürst August der Starke öfter einige Tage geweilt haben.

Überregional bekannt wurde die Lokalität dann unter Wirt Richard Gebhardt in der Zwischenkriegszeit. Dieser ließ drei gut ausgestattete rustikale Gasträume einrichten und in einem davon ein größeres, hölzernes Bacchusweinfass aufstellen. Für die Versorgung entstanden moderne Küchen- und Kellerräume mit großer Herdfläche und einer Weinleitung aus Glasrohren, mit deren Hilfe der Wein direkt aus dem Keller in Glaskrüge gezapft wurde.

Im Außengelände wurde ein abends künstlich erleuchteter Garten mit Tanzdiele gestaltet, dessen zahlreiche und bunte Glaslampions Gebhardtsche Werbung und Lautsprechertanzmusik bis ins Triebischtal trugen.