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Styropor aus Grünschnitt

Styropor aus Erdöl, das muss nicht sein. Schaumaplast bietet seit diesem Jahr Verpackungen, hergestellt aus Biomasse, an.

Von Uta Büttner
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Styropor aus Biomasse: Schaumaplast in Nossen hat als erster Verpackungsmittelhersteller Thermoboxen auf der Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellt. Der erste Kunde: ein Eishersteller aus Brandenburg.
Styropor aus Biomasse: Schaumaplast in Nossen hat als erster Verpackungsmittelhersteller Thermoboxen auf der Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellt. Der erste Kunde: ein Eishersteller aus Brandenburg. © Schaumaplast

Nossen. Styropor-Verpackungen. Derzeit unverzichtbar beim Versenden temperatur- oder stoßempfindlicher Waren. Doch diese Verpackungen haben einen Makel: Die Rohstoffe wurden bis dieses Jahr ausschließlich aus Erdöl synthetisiert. 

Im Frühjahr 2018 stellte nun Schaumaplast in Nossen erstmalig Styroporverpackungen auch aus Rohstoffen her, die aus Biomasse gewonnen wurden. Damit ist sie nach eigenen Angaben die weltweit erste Firma im Formteilbereich, die auf das sogenannte Biomassenbilanz-Konzept setzt. BASF-Kunststoff-Erzeuger und -Lieferant des neuen Styropors, des sogenannten Biomass Balance Styropor, bestätigt dies.

Angefangen hat alles 2017. Damals stellte BASF sein Konzept, fossile Rohstoffe durch nachwachsende bei der Styroporherstellung zu ersetzen, bei Schaumaplast vor: „Wir waren sofort begeistert“, sagt Markus Hoffmann, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing. Aber natürlich musste zunächst ein Kunde gefunden werden, der bereit ist, für derartige Thermoboxen auch mehr Geld zu zahlen. 

Mit dem Speiseeishersteller IceGuerilla aus dem brandenburgischen Beeskow hat Schaumaplast den ersten Abnehmer gefunden. „Inzwischen haben wir auch weitere Kunden deutschlandweit“, sagt Hoffmann. Doch die Vermarktung sei nicht einfach. Gerade in Geschäftsbeziehungen zu Unternehmen sei es aufgrund des Kostendrucks schwerer, „an das grüne Gewissen zu appellieren“. Bei privaten Kunden sei die Bereitschaft größer, einen Beitrag zur Umwelt zu leisten. Denn auch für die Unternehmen ist es erst einmal ein wirtschaftliches Risiko, da am Ende höhere Kosten für die Verpackungen entstehen.

Doch wie funktioniert das, Styropor aus Biomasse? Styropor ist ein Kunststoff, der aus dem sogenannten Naphtha – eine Art Rohbenzin – hergestellt wird. Bisher ein reines Erdölprodukt. Statt diesem fossilen Rohstoff können jedoch auch nachwachsende Stoffe aus organischen Abfällen oder pflanzlichen Ölen eingesetzt werden. Daraus entsteht das sogenannte Bio-Naphtha, das zu dem physikalisch und chemisch identischen Styropor-Endprodukt verarbeitet wird, erklärt Hoffmann. Es kann also genauso recycelt werden wie Styropor aus Erdöl. „Das ist ein großer Vorteil, da die Recyclingstrecke komplett identisch ist.“

Als nachwachsende Stoffe kommen ausschließlich Abfälle zum Einsatz, betont der Geschäftsmann. „Keine essbaren Pflanzen, wie beispielsweise Raps oder Mais. Auch kein Palmöl.“ Es werden also keine Regenwälder abgeholzt. Stattdessen werden Grünabfälle und auch alte Speiseöle verwendet. Mit einem Kilogramm Biomasse-Styropor-Granulat werden etwa 1,25 Kilogramm fossiles Naphtha und damit im Vergleich etwa 85 Prozent Kohlendioxid eingespart.

Zur Herstellung des „Biomass Balance Styropor“ werden keine neuen Produktionsanlagen benötigt. Vielmehr wird beim Herstellungsprozess eine gewisse Menge an fossilen Rohstoffen durch nachwachsende ersetzt, sodass am Ende ein Rohstoffmix entsteht, erläutert Hoffmann.

Das Konzept sei vergleichbar wie beim Ökostrom. Wenn ein Kunde Ökostrom kauft, kommt aus seiner Steckdose nicht unbedingt Ökostrom. Aber der Stromanbieter verpflichtet sich, dass genau diese Menge an Ökostrom in das Netz eingespeist wird. Der einzelne Ökostromkunde könnte also auch Strom beispielsweise aus dem Kohlekraftwerk nebenan erhalten.

Ähnlich verhält es sich bei dem „Biomass Balance Styropor“. Wenn ein Kunde die Biomassebilanzprämie zahlt, wird entsprechend Biomasse in den Herstellungsprozess des Styropor-Granulates gegeben. Am Ende kann der Hersteller also nicht sagen, wie viel Biomasse genau in der Verpackung des Endkunden steckt. Aber Nachhaltigkeit ist in jedem Fall gegeben. Dies wird durch das Dienstleistungsunternehmen TÜV Süd getestet und zertifiziert. So werde überprüft, dass die durch einen Kunden beauftragte Menge an fossilen Rohstoffen auch durch nachwachsende ersetzt wurde. IceGuerilla beispielsweise entschied sich für 100 Prozent Biomasse-Styropor.

Im Formteilbereich ist Schaumaplast laut BASF-Kunststofflieferant bis heute der einzige Abnehmer von „Biomass Balance Styropor“. Jedoch setzen andere Firmen, wie beispielsweise aus dem Farbenbereich, bereits auch auf diesen neuen Rohstoff.