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Drüben im Himmel: Ist Twitter-Alternative "Bluesky" das nächste große Ding?

Die App Bluesky steht aktuell im Fokus. Immer mehr Nutzer wechseln vom Twitter-Nachfolger X dorthin. Auch Sächsische.de hat schon einen Account.

Von Fabian Deicke
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Blauer Himmel mit Wolken: So sieht der Startbildschirm beim Laden der App Bluesky aus.
Blauer Himmel mit Wolken: So sieht der Startbildschirm beim Laden der App Bluesky aus. © Fernando Gutierrez-Juarez/dpa

Dresden. "Ich bin jetzt auch drüben im Himmel." So oder so ähnlich lauten immer öfter Postings, die Nutzer auf der Plattform X (vormals Twitter) verfassen. Der Himmel steht dabei sinnbildlich für "Bluesky", einem Sozialen Netzwerk, von dem Experten glauben, es könnte eine echte Alternative zu X werden.

Was ist Bluesky und wo kommt es her?

Die Grundlage für das Netzwerk wurde ursprünglich bei Twitter gelegt. Jack Dorsey, einer der Twitter-Gründer, startete 2019 als damaliger Chef die Entwicklung eines neuen dezentralen Standards, auf den nach seinen Vorstellungen mit der Zeit auch Twitter aufspringen sollte. Bevor es so weit kam, wurde Bluesky 2021 allerdings zu einem eigenständigen Unternehmen mit Sitz in Seattle und ein Jahr später kaufte der Milliardär Elon Musk Twitter. Seit September bekommt das Netzwerk in Deutschland immer mehr Aufmerksamkeit bei Nutzern, die seit der Musk-Übernahme ein neues "Zuhause" suchen.

Was bedeutet dezentrales Netzwerk?

Bluesky ist dezentral angelegt, ähnlich wie der Dienst Mastodon. "Allerdings kommt Bluesky nicht so technisch daher und schafft es, seine komplizierte Struktur für den Nutzer doch noch einfach aussehen zu lassen", sagt der Dresdner Social-Media-Experte Andreas Szabó gegenüber Sächsische.de.

Dezentrales Netzwerk heißt, dass Nutzerdaten nicht bei einem großen Anbieter liegen, sondern verteilt auf Servern von Anbietern eigener Domains innerhalb des Netzwerks. Wem das Erstellen einer eigenen Domain im ersten Schritt zu technisch ist, kann beim Erstellen eines Accounts aber auch den standardmäßig voreingestellten "bsky.social"-Server wählen.

Wo kann man Bluesky nutzen und was kann es?

Für das Soziale Netzwerk gibt es eine App (iOS, Android) Die sieht ähnlich aus wie das frühere Twitter und kann auch die gleichen grundlegenden Dinge. Man kann sich ein Profil mit Bild und Banner anlegen, Beiträge erstellen, liken, reposten und kommentieren. Auch Listen mit Accounts können erstellt werden. "Nützliche Funktionen wie etwa Direktnachrichten oder Videos fehlen aber noch", sagt Szabó. Ebenso gibt es noch keine Hashtags. Allerdings sei Bluesky auch gerade erst noch im Entstehen. Man könne davon ausgehen, dass entsprechende Features noch kommen.

Bluesky kann außerdem im Browser genutzt werden. Und wer es gerne übersichtlich mag, kann auch ähnlich wie seinerzeit auf Tweedeck seinen Account über das sogenannte Skydeck managen.

Wie anfangs bei Twitter liegt bei Bluesky-Postings der Fokus zunächst auf Text-Botschaften. Die Postings dürfen maximal 256 Zeichen lang sein und können Links sowie Fotos enthalten.

Wer nutzt Bluesky schon?

In Deutschland gibt es aktuell eine starke Dynamik. Auf der Plattform X trendeten zuletzt tagelang sogar die Begriffe "Himmel" und "Bluesky", weil viele Nutzer ihren Wechsel entsprechend kommentierten. Von den Nutzerzahlen ist der Dienst allerdings noch sehr weit von X entfernt, wenngleich es gegenwärtig ein starkes Wachstum gibt. Im September verzeichnete die Plattform insgesamt rund eine Millionen Nutzer weltweit, im Mai waren es noch rund 40.000.

Mit Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow war Anfang Oktober der erste deutsche Spitzenpolitiker bei Bluesky vertreten. Die erste Bundesministerin mit eigenem Account war kurze Zeit später Annalena Baerbock. Da ist ebenfalls Wetterexperte Jörg Kachelmann, Satiriker Jan Böhmermann, ebenso eine Reihe von größeren Medienhäusern, Journalisten, Wissenschaftlern und natürlich viele private Personen, die den Dienst nach und nach für sich entdecken.

Auch Sächsische.de hat sich bereits einen Account angelegt. Wie bei vielen anderen Medien ist dieser Account zunächst im Entstehen und teilt noch nicht regelmäßig Inhalte.

Wird Bluesky ein relevantes Soziales Netzwerk?

Die Nutzerzahlen sind noch längst nicht auf einem Niveau wie bei anderen großen Plattformen. Der Social-Media-Experte Szabó schätzt dennoch: "Wenn tatsächlich eine kritische Masse an Nutzern von Twitter rüber macht, dann könnte in der Tat zumindest für die sehr an Nachrichten, Politik, Gesellschaft und Wissenschaft interessierten Nutzer ein neues zu Hause entstehen."

Denkbar wäre auch, dass öffentliche Stellen wie die Polizei, Feuerwehren, Behörden und Ministerien künftig diesen Dienst für ihre Kommunikation bevorzugen könnten. Bei X herrscht seit der Einführung einer Bezahlfunktion für Verifizierungshaken ein gewisses Misstrauen gegenüber Profilen mit entsprechender Kennzeichnung.

Wie bekommt man Zugang zu Bluesky?

Einfach Account anlegen und loslegen, das geht leider aktuell nicht. Um einen Account zu erstellen, benötigt man einen Einladungscode. Den Code kann man in der Regel nur von Personen bekommen, die bereits einen Account haben. Auf Ebay machen einige Nutzer damit Geschäft, Codes werden für 5 bis 200 Euro angeboten. Weil die Nutzerzahlen momentan rasch wachsen, könnte das Warten darauf, bis man einen Code erhält, unter Umständen aber auch gar nicht so lange dauern.

Wer schon auf Bluesky unterwegs ist, kann andere mit Einladungscodes für das Nettwerk versorgen. Gegenwärtig erhält man circa einmal pro Woche einen frischen Code. Sobald ein neuer Code zum Versenden verfügbar ist, leuchtet in der App unter dem Menü auf der linken Seite der Punkt „Invite Codes“ blau auf. Dabei wird auch die Anzahl verfügbarer Codes angezeigt.