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Grundschule probiert die Inklusion aus

Die evangelische Grundschule beteiligt sich am sächsischen Pilotprojekt. Die Schulanfänger werden vorher nicht aussortiert.

Von Jens Hoyer
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In der Grundschule Technitz wird ab nächstem Schuljahr die Inklusion innerhalb eines Pilotprojektes ausprobiert. Die Schule ist schon immer offen für alternative Lernformen.
In der Grundschule Technitz wird ab nächstem Schuljahr die Inklusion innerhalb eines Pilotprojektes ausprobiert. Die Schule ist schon immer offen für alternative Lernformen. © Jens Hoyer

Döbeln. Während man an der Grundschule in Döbeln Ost noch um die Entscheidung ringt, ob sich die Schule am Pilotprojekt zur Inklusion lernschwacher Kinder beteiligt, sind die Würfel ein paar Kilometer entfernt in der evangelischen Grundschule Technitz schon gefallen.

Ab dem neuen Schuljahr wird dort die Inklusion ausprobiert. Dabei werden auch Kinder mit Förderbedarf in normalen Klassen unterrichtet. Die erste Klasse wird Melanie Bedoya Villafrades übernehmen.

Das Besondere dabei: Im Vorfeld wird es keine Sondierung geben, ob die aufgenommenen Kinder möglicherweise einen Förderbedarf haben – und unter anderen Umständen vielleicht die Lernförderschule besuchen würden.

„Es ist kein Sonderpädagoge dabei. Wir werden mehr mit den Eltern sprechen, um ein breiteres Bild von dem Kind zu bekommen“, sagte Melanie Bedoya Villafrades. „In der ersten und zweiten Klasse wird mit dem Kind dessen Schulfähigkeit entwickelt.“

Die Inklusion steht seit zwei Jahren im Sächsischen Schulgesetz. In dem Pilotprojekt will das Kultusministerium ausprobieren, wie sich Inklusion in einigen Jahren flächendeckend in der Praxis umsetzen lässt. 

In der Grundschule Technitz war im vergangenen Jahr die Entscheidung gefallen, „Wir haben in der Schulkonferenz die Idee vorgestellt. Die Elternvertreter waren sehr dafür“, sagte Melanie Bedoya Villafrades. Die Voraussetzungen seien in Technitz besonders gut. Und das liegt am besonderen Lernkonzept. Schule und Hort arbeiten lange schon in einem gemeinsamen „Lernraum“ eng zusammen.

Das bedeutet, dass Horterzieher mit in die Schulklassen gehen und damit sehr gut über die Befindlichkeiten der Schüler Bescheid wissen. In der Grundschule werden außerdem schon lange offene Lernformen praktiziert, in denen sich Schüler selbst Wissen erarbeiten. „Wir schlüpfen in die Rolle der Lernbegleiter“, sagte Melanie Bedoya Villafrades.

Träger der evangelischen Grundschule ist der Christliche Schulverein. Der bekommt innerhalb des Pilotprojektes zusätzliche Mittel für einen oder auch zwei Lernassistenten, der die Kinder mit Förderbedarf mit betreut. „Bisher steht noch keine Person dahinter“, sagte Melanie Bedoya Villafrades. Es gebe auch keine konkreten Vorgaben, welche Qualifikation der Assistent haben muss. „Günstig wäre ein Lerntherapeut. Die Institution kann selbst entscheiden, wer die Position bestmöglich ausfüllen kann.“

In der vierjährigen Pilotphase steht die Grundschule unter besonderer Beobachtung. „Wir müssen viel dokumentieren und einer Evaluationsgruppe zuarbeiten“, sagte Melanie Bedoya Villafrades. Sie sieht Bedarf für Inklusion, denn die Auffälligkeiten bei Kindern würden zunehmen. 

In Sachsen liegen relativ wenig Erfahrungen mit Inklusion vor. Andere Bundesländer wie etwa Thüringen sind da schon weiter, sagte Melanie Bedoya Villafrades. Auf die Lehrer kommen zusätzliche Aufgaben zu. Sie müssten Erfahrungen in Diagnostik haben, um die Kinder besser beurteilen zu können und die Ursachen für deren Verhalten zu erkennen. „Im Studium spielt die Diagnostik bisher kaum eine Rolle“, sagte Melanie Bedoya Villafrades.