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Treff mit tschechischem Außenminister: Protest gegen Baerbock-Besuch in Sachsen

Außenministerin Annalena Baerbock hat am Freitag im Erzgebirge ihren Amtskollegen Jan Lipavský getroffen. Grenzkontrollen schließt sie weiter aus. Vor Ort gab es Protest der rechtsextremen Freien Sachsen.

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Jan Lipavský (rechts), Außenminister von Tschechien, trifft seine deutsche Amtskollegin Annalena Baerbock an der deutsch-tschechischen Grenze zwischen Vejprty und Bärenstein.
Jan Lipavský (rechts), Außenminister von Tschechien, trifft seine deutsche Amtskollegin Annalena Baerbock an der deutsch-tschechischen Grenze zwischen Vejprty und Bärenstein. © Ondřej Hájek/ČTK/dpa

Bärenstein/Vejprty. Deutschland und Tschechien haben der Ukraine weitere Hilfe in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Invasion zugesagt. Bei einem Treffen mit seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock (Grüne) im Grenzort Bärenstein/Vejprty sprach der tschechische Außenminister Jan Lipavský am Freitag von einer "nie da gewesenen imperialen russischen Aggression". Sie sei die größte Gefahr für die Sicherheit in Europa. "Tschechien bleibt an der Seite der Ukraine, bis der letzte russische Panzer dort verschwunden ist."

Bereits auf dem Nato-Gipfel in Vilnius habe man vereinbart, die militärische Unterstützung für das Recht auf Selbstverteidigung zu erhöhen, sagte Baerbock. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe dort ein Paket von weiteren 700 Millionen Euro angekündigt. Nun prüfe man gemeinsam mit Partnern, wie man die Ukraine auch mit Blick auf eine weitere große Herausforderung unterstützen könne: Denn die russische Armee habe in der Ukraine ein Gebiet von der Größe Westdeutschlandes vermint und mache es unmöglich, die Menschen dort zu befreien.

Keine Grenzkontrollen zwischen Sachsen und Tschechien

"In dem Moment, wo man sich zwischen einem Aggressor und einem Opfer entscheiden muss, steht nicht nur Europa, sondern steht die Mehrheit dieser Welt auf der Seite der Opfer", sagte Baerbock. Die europäische Kooperation bei den Waffenlieferungen schütze Menschenleben. Tschechien habe Bemerkenswertes geleistet, mehr als 500 000 Menschen aus der Ukraine aufgenommen und als erste schwere Waffen geliefert.

Baerbock macht auch klar: Die Bundesregierung lehnt stationäre Kontrollen an der Grenze zu Tschechien weiter ab. Man wolle solche Kontrollen nicht. Täglich würden 70.000 Menschen über die deutsch-tschechische Grenze pendeln, um zu arbeiten, einzukaufen oder Angehörige und Freunde zu besuchen. Das tägliche Pendeln sei der Pulsschlag der Regionen und der Pulsschlag Europas. Gerade die Corona-Pandemie habe gezeigt, wie sehr geschlossene Grenzen schaden könnten, erklärte sie.

Die CDU-Innenminister von Sachsen und Brandenburg, Armin Schuster und Michael Stübgen, hatten angesichts stark gestiegener Flüchtlingszahlen auch stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien gefordert.

Deutschland will Dialog mit Tschechien vertiefen

Baerbock zufolge spielt Osteuropa schon heute eine starke Rolle im europäischen Kontext. Sonst würde Europa so nicht funktionieren. Als Beleg nannte sie die Reaktion auf die Aggression Russlands. Da habe sich gezeigt, dass Europa vereinter und stärker sei denn je. Diese Einigkeit brauche man nicht nur in europäischen Hauptstädten, sondern auch in Grenzregionen - dort, wo das europäische Herz schlage.

Nach den Worten von Baerbock will Deutschland den strategischen Dialog mit Tschechien vertiefen. Man überlege, Formate wie das Weimarer Dreieck - wo Deutschland, Frankreich und Polen zusammenarbeiten - auf andere osteuropäische Länder auszudehnen. In diesen Zeiten brauche es mehr Zusammenarbeit in der EU.

Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) begrüßt auf dem Markt eine Mutter mit ihrer Tochter. In dem deutsch-tschechischen Grenzort Vejprty hat sich Baerbock mit ihrem tschechischen Amtskollegen Lipavský über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit unter
Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) begrüßt auf dem Markt eine Mutter mit ihrer Tochter. In dem deutsch-tschechischen Grenzort Vejprty hat sich Baerbock mit ihrem tschechischen Amtskollegen Lipavský über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit unter © Hendrik Schmidt/dpa

Lipavský sieht in der Nato und der EU nach eigenen Worten einen Garanten für den Frieden in Europa. Er hoffe sehr, dass der Ukraine und auch Moldau die europäische Perspektive offen stehe. Zudem gehe es um die Integration der Westbalkan-Staaten in die EU. Das könne nicht über Nacht geschehen, man sollte aber die "Politik der offenen Tür" fortsetzen.

Baerbock war bei ihrem Eintreffen in Bärenstein von etwa zwei Dutzend Menschen - einige von ihnen hatten Fahnen der rechtsextremen Freien Sachsen dabei - beschimpft worden. Sie nahm es gelassen. In einer Demokratie habe jeder das Recht, seine Meinung zu sagen und auch zu brüllen, konterte sie später. Am Abend wollte sie noch auf einem Leser-Forum der Chemnitzer "Freien Presse" auftreten. (dpa)