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Außenpolitische Schritte des künftigen tschechischen Präsidenten überraschen

Petr Pavel lässt keinen Tag nach seiner Wahl vergehen, ohne für Schlagzeilen zu sorgen. Zum Ärger von Russland, China und seines amtierenden Vorgängers Miloš Zeman.

Von Hans-Jörg Schmidt
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Petr Pavel, neu gewählter Präsident von Tschechien, will den Stil des höchsten Staatsamtes verändern. Und damit hat er bereits im Eiltempo begonnen.
Petr Pavel, neu gewählter Präsident von Tschechien, will den Stil des höchsten Staatsamtes verändern. Und damit hat er bereits im Eiltempo begonnen. © AP

Prag. Miloš Zeman, der noch bis Anfang März amtierende tschechische Präsident, hat sich bereit erklärt, seinem frisch gewählten Nachfolger Petr Pavel die „bisherigen Gewohnheiten“ auf der Prager Burg zu erklären. Die Initiative dazu müsse aber von Pavel ausgehen, sagte Zeman, der dem „gewählten Präsidenten“, wie Pavel derzeit offiziell heißt, persönlich noch nicht zu seinem Wahlsieg gratuliert hat, nur über Interviews.

Beobachter in Prag mussten bei dem Gedanken schmunzeln, dass sich Pavel den Gang der Dinge auf der Burg unter Zeman zum Vorbild nehmen will. Schließlich war Pavel angetreten, um den Stil des höchsten Staatsamtes total zu verändern. Und damit hat er bereits im Eiltempo begonnen.

Ganz wichtig für das künftige Zusammenwirken der Staatsführung wird ein Treffen am Mittwochabend. Pavel hält es für unerlässlich, die Zusammenarbeit von Präsident, Regierungschef und den Vorsitzenden der beiden Kammern des Parlaments auf ein völlig neues Fundament zu setzen. Nicht nur für die Konsultation wichtiger Gesetzesvorhaben für die innere Entwicklung Tschechiens. Sondern vor allem für außenpolitische Initiativen.

Anruf in Taiwan verärgert China

Zeman hatte die regelmäßigen Treffen zu außenpolitischen Fragen regelrecht kastriert. Den von den Piraten vorgeschlagenen Außenminister Jan Lipavský wollte er wegen dessen „völliger Unerfahrenheit und mangelnder Qualifikation“ gar nicht ernennen, hat dies erst unter Druck von Premier Petr Fiala getan. Den Vorsitzenden des Senats, Miloš Vystrčil, - immerhin protokollarisch dritthöchster Mann in Tschechien - lud er gezielt nicht mehr zu sich ein, seit der unter massiven Protesten aus China und gegen seinen Willen als eines erklärten Peking-Freundes Taiwan besucht hatte.

Der künftige Präsident Pavel tickt völlig anders als Zeman. Er telefonierte am Montag, seinem ersten Arbeitstag in neuer Funktion als „gewählter Präsident“, mit der Präsidentin von Taiwan, Tsai Ing-wen. Er bedankte sich nicht nur bei ihr für deren Glückwünsche zum Wahlsieg. Er versicherte zudem, das Tschechien und Taiwan mit Freiheit, Demokratie und Menschenrechten die gleichen Werte teilen. Und, „dass wir unsere Partnerschaft weiter stärken werden“. Er hoffe, so Pavel auf Twitter, „in der Zukunft Präsidentin Tsai auch persönlich zu treffen“.

Das offizielle China, das Taiwan als abtrünnig betrachtet und militärisch bedroht, ist seither außer sich über den künftigen tschechischen Staatschef. Auch, weil es nicht mehr ausgeschlossen scheint, dass Tschechien unter Präsident Pavel dem Vorbild baltischer Staaten folgt und Taiwan erlaubt, eine Vertretung in Prag unter dem Landesnamen zu eröffnen. Prag könnte damit gemeinsam mit dem Baltikum für ganz Europa eine Vorreiterrolle spielen, die Peking alles andere als schmecken würde.

Reise mit slowakischer Präsidentin nach Kiew

In jedem Fall kehrt Pavel mit seiner Kontaktaufnahme zu Taiwan zu den Werten zurück, die einst Václav Havel verfolgte. Unter Havels Nachfolgern, Václav Klaus und Miloš Zeman, wurde der Kurs von Havel verlacht, ging es nur darum, mit China Handel zu treiben - bis hin zur heute auf vielen Feldern einseitigen Abhängigkeit von Peking. Das soll sich ändern.

Klare Worte fand Pavel am Mittwoch auch zum Thema Ukraine. Sie verdiene es, nach dem Krieg mit Russland der Nato beizutreten, sagte er der BBC. Für westliche Waffenlieferungen an Kiew sehe er „fast keine Grenzen“. Ohne diese Waffen würde die Ukraine den Krieg wahrscheinlich verlieren - „und damit auch wir alle“, betonte der frühere Nato-General.

Mit Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Pavel bereits telefonisch über einen Solidaritätsbesuch in Kiew gesprochen, den er noch im März absolvieren möchte, voraussichtlich gemeinsam mit der slowakischen Präsidentin Zuzana Čaputová. Miloš Zeman besucht übrigens derzeit Serbien, das im Ukrainekrieg nicht von Putins Seite weichen will.