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Über alle Berge

Extremläuferin Katrin Jeschke war zum ersten Mal in ihrer Heimatstadt beim Radebeuler Treppenlauf dabei.

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© Norbert Millauer

Von Beate Erler

Radebeul. Der 14. Radebeuler Treppenmarathon ist gestartet, ruft Organisator und Moderator Peter Heilsberg am Sonnabend punkt 16 Uhr in das Mikro. Mit einer Rekordteilnehmerzahl von 77 Starterinnen und Startern. So viele Frauen wie in diesem Jahr waren noch nie dabei. Im Vergleich zu den 65 männlichen Läufern sind die zwölf Frauen dennoch deutlich in der Unterzahl. „Wahrscheinlich haben die Männer mehr Zeit“, scherzt Peter Heilsberg. Viele Frauen trauten sich solche Extremsportevents nicht zu.

Katrin Jeschke ging im Röckchen auf die Strecke.
Katrin Jeschke ging im Röckchen auf die Strecke. © Norbert Millauer
„De Lahmen 3“ nannte sich das Polizei-Dreierteam um Sandro Kriegel und seine Kollegen.
„De Lahmen 3“ nannte sich das Polizei-Dreierteam um Sandro Kriegel und seine Kollegen. © Norbert Millauer
Entspannter hatten es da die Zuschauer, die die Läufer tagsüber anfeuerten. In der Nacht wurde es einsamer.
Entspannter hatten es da die Zuschauer, die die Läufer tagsüber anfeuerten. In der Nacht wurde es einsamer. © Norbert Millauer

Nicht so Katrin Jeschke. Die 54-jährige Radebeulerin steht kurz vor dem Start schon ziemlich weit vorne im Getümmel. Beim Laufen fliegt ihr blonder Pferdeschwanz durch die Luft, über der Radlerhose trägt sie ein Sportröckchen: „Ich mag es, wenn ich auch beim Sport fraulich aussehe“, sagt sie. Nach der ersten Runde ist sie die zweite Frau, die über die Matte läuft, welche die einzelnen Runden zählt. Doch der Marathon hat gerade erst angefangen, noch 24 Stunden oder mindestens 100 Runden liegen vor ihr.

Neben den Einzelkämpfern sind auch in diesem Jahr wieder die Dreierseilschaften, die Touri-Staffeln und die „Elf Freunde“ dabei. Während die Dreiergespanne um Mitternacht loslaufen, geht es für die Touri-Staffeln Sonntagfrüh um acht Uhr und für die „Elf Freunde“ um 14 Uhr an den Start. Einen ganzen Tag und eine ganze Nacht wird auf den Spitzhaustreppen der wahrscheinlich härteste Treppenlauf der Welt ausgetragen. Das sieht man den Läufern schon nach den ersten Runden an: Der Schweiß tropft ihnen nicht nur von der Stirn.

Einen Tag vor dem Wettkampf ist Katrin Jeschke zu Hause in Kötzschenbroda, um sich auszuruhen. Nur flotte drei Kilometer ist sie am Morgen noch gelaufen. Sie ist die einzige Radebeulerin, die sich den Radebeuler Treppenlauf in diesem Jahr zutraut. Ihr Facebook-Profil ist voll mit Laufevents, an denen sie teilgenommen hat. Vor einigen Tagen hat sie ein Foto von sich beim Training auf den Stufen gepostet. „Es gibt nicht mehr viel zu tun, außer essen, schlafen und warten“, schreibt sie.

Dabei hatte sie gar nicht vor, sich anzumelden. Im Sommer will sie beim Großglockner Ultra-Trail, einem der anspruchsvollsten Bergmarathons in Österreich, mitmachen. „Auf der Treppe wollte ich mich darauf vorbereiten“, sagt sie, „gerade im Winter ist sie ein super Training.“ Doch dann dachte sie sich, warum nicht gleich dabei sein, gerade weil sie Radebeul so liebt. Erst im Januar fängt sie mit dem Training auf der Treppe an, oft nach der Arbeit und manchmal fünf bis sechs Stunden am Stück.

Obwohl sie schon drei Mal am härtesten Triathlon auf Hawaii teilgenommen hat, ist sie nervös: „Ich bin noch nie 24 Stunden am Stück gelaufen und auch die 8 848 Höhenmeter mache ich zum ersten Mal“, sagt sie. Von anderen Teilnehmern, die den Treppenmarathon schon gemacht haben, weiß sie, dass vor allem die Nachtstunden ab zwei Uhr schlimm sind. „Bis in die Nacht werde ich gut kommen“, sagt sie, „und dann hoffe ich auf das Licht und das die Vögel richtig schön Krach machen.“

Als Ziel hat sie sich die 24 Stunden gesetzt, die will sie schaffen. Ihr Traum wäre aber die vorgegebenen Höhenmeter noch zu schlagen und auf 10 000 zu klettern. Am Freitagabend soll ein Glas Rotwein beim Einschlafen helfen. Ausreichend Schlaf und auch zuvor viel trinken, ist sehr wichtig. Einen Tag später fragt Peter Heilsberg nach einigen Runden ins Mikro: „Na, Katrin, wie läuft es?“ Als Antwort bekommt er einen gestreckten Daumen nach oben.