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Uhrenchefs gehen auf Glashütter zu

Im Bürgerdialog konnten viele Fragen geklärt werden. Einige Wünsche werden aber nicht erfüllt.

Von Maik Brückner
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Uhrenfirmen und Bürger von Glashütte haben ein ganz spezielles Verhältnis. Das wurde auch am Donnerstag im Bürgerdialog deutlich.
Uhrenfirmen und Bürger von Glashütte haben ein ganz spezielles Verhältnis. Das wurde auch am Donnerstag im Bürgerdialog deutlich. © Egbert Kamprath

Die Uhrenindustrie hat Glashütte berühmt gemacht. Wenn sich Schweizer Uhrmacher über die Konkurrenz im nördlichen Nachbarland Gedanken machen, sprechen sie von Glashütte, nicht von Deutschland. Diese Erfahrung hat jedenfalls Wilhelm Schmid, Chef von Lange Uhren, gemacht. Mit 700 Mitarbeitern ist Lange der größte Glashütter Uhrenhersteller. Doch so sehr sich die Glashütter über den Ruhm freuen, sie haben auch ihre Probleme damit. Denn die Uhrenfirmen arbeiten in den beiden Tälern, in denen sie wohnen. Die Konkurrenz um die Flächen führt zu Konflikten, die bei der Bürgerbefragung „Wenn ich Bürgermeister wäre“ zutage kamen. Nur 17 Prozent der Befragten gaben an, dass das Verhältnis zwischen Uhrenfirmen und Bürgern gut oder sehr gut sei. Für 40 Prozent ist es schlecht beziehungsweise sehr schlecht, erklärte der Leiter der Umfrage, Martin Neumann, am Donnerstagabend zu Beginn einer neuen Runde des Bürgerdialogs. Diese fand im Arthur-Fiebig-Haus statt. Hierhin hatte die Stadt ihre Bürger eingeladen, um mit ihnen Themen rund um die Uhrenindustrie zu besprechen. Elf Bürger nahmen das Angebot von Bürgermeister Markus Dreßler (CDU) an. Mit Lange-Chef Wilhelm Schmid, Lange-Berater Hartmut Knothe, Wempe-Betriebsleiter Gunter Teuscher und Nomos-Glashütte-Geschäftsführer Uwe Ahrendt stellten sich vier Vertreter der Uhrenindustrie den Fragen. Die sachlich geführte Debatte, in der mehrere Themen angesprochen wurden, dauerte mehr als zwei Stunden.

Firmen brauchen kein Hotel

Über mehrere Jahre bemühte sich Glashütte erfolglos um die Ansiedlung eines Hotels. Moderator Neumann wollte wissen, wie sehr die Uhrenfirmen auf ein Hotel angewiesen seien. Die Antwort war eindeutig. Die Firmen brauchen in Glashütte kein Hotel, um Kunden und Geschäftspartner unterzubringen. Die Nähe zu Dresden ist „Fluch und Segen“ zugleich, sagte Schmid. Wäre Dresden 100 Kilometer weit entfernt, würde ein Hotel Sinn machen. So aber nicht. Dresden ist gut zu erreichen. Dort gibt es jede Menge Hotels in dieversen Klassen und zu günstigen Preisen. „Eine Übernachtung im Fünf-Sterne-Hotel mit Frühstück kostet zwischen 115 und 135 Euro.“ Es gibt auch eine große Auswahl an Restaurants. Zudem verfügt Dresden über eine Oper, Theater und andere Kultureinrichtungen. Diese Vielfalt könne Glashütte nicht bieten. Dafür punktet die Uhrenstadt mit der traditionellen Handwerkskunst, die Uhrenfans hier hautnah erleben können. Nach einem Besuch in der Manufaktur fahren sie „mit leuchtenden Augen nach Hause“. Das gibt es nur in Glashütte. Ähnlich argumentierte Ahrendt. Auch Nomos-Gäste übernachten in Dresden, wenige ziehen das „ruhige“ Erzgebirge vor.

Bürger fordern mehr Parkplätze und Öffnung des Parkhauses

In Glashütte gibt es werktags zu wenig Parkplätze – vor allem für die Anwohner der Uhrenmeile. Warum, so fragte Dennis Nitschke, öffnet Lange sein Parkhaus nicht für andere Firmen oder Anwohner? Das sei aus mehreren Gründen unmöglich, so Lange-Chef Schmid. Dagegen spräche der Versicherungsschutz. Zudem müsste Lange bei einer Öffnung Subventionen zurückzahlen, da die Hochgarage als Betriebsparkplatz gebaut wurde. Lange sei in der Lage, jedem Mitarbeiter einen Stellplatz anzubieten. Der Eindruck, dass das Parkhaus überdimensioniert sei, täuscht. Lange arbeite in Schichten, es müsse Puffer geben. Auch in der Urlaubszeit werden naturgemäß weniger Autos dort stehen. Trotz der Betriebsparkplätze komme es vor, dass Lange-Mitarbeiter ihre Fahrzeuge auf öffentlichen Stellplätzen abstellen. Wenn er so etwas bemerke, weise er die Kollegen darauf hin, sagte Schmid. Und so wolle er das weiter halten. Bürgermeister Dreßler räumte ein, dass es an manchen Tagen zu wenig Parkplätze gebe. Doch das läge nicht nur an den Mitarbeitern der Uhrenfirmen. Denn es gibt einen Grundsatz: Vermieter müssen Stellplätze für ihre Mieter schaffen, die Stadt für Bewohner und Besucher und die Firmen für ihre Mitarbeiter. Für das Einhalten der Parkordnung sei die Stadt zuständig. Allerdings mache er regelmäßig die Erfahrung, dass sich nach verstärkten Kontrollen besonders viele Bewohner darüber beschweren. Nitschke verlangte, dass die Stadt die Dauerparker unter die Lupe nehmen sollte, die auf zeitbegrenzten Parkplätzen ihre Parkscheibe alle zwei Stunden weiterdrehen. „In Dresden wird auch das kontrolliert.“

Die Vereine können Hilfe erwarten

Wo es sich anbietet, werden die Uhrenfirmen Vereine und Initiativen unterstützen. Allerdings müsste diese Hilfe beantragt werden. „Ich muss jede Ausgabe genehmigen lassen“, so Lange-Chef Schmid. Vereinschef Maik Lehmann bedankte sich indes bei Nomos und Wempe für die bisher geleistete Unterstützung, Bürgermeister Dreßler dankte Lange. Denn dank der Gewerbesteuern dieser Firma – dem Vernehmen nach zahlt Lange mehr als die Hälfte der über sechs Millionen Euro – könne man zum Beispiel Stadtfeste ausrichten, ohne dafür Eintritt zu verlangen. Nachbarstädte können das nicht.

Kein Interesse am Vereinshaus

Der Glashütter Freizeit- und Kulturverein möchte, dass die Stadt ein Vereinshaus beziehungsweise einen Vereinssaal in der Kernstadt errichtet. Wie groß ist das Interesse der Firmen, so einen Raum mit zu nutzen, um Kongresse oder Tagungen auszurichten?, wollte Vereinschef Maik Lehmann wissen. Auch hier war die Antwort eindeutig: Es gibt kein Interesse. Für Mitarbeiterversammlungen und Kundenbesuche habe man selbst ausreichend Räume, so Lange-Chef Schmid. Werden repräsentative Räume gebraucht, miete man sich in Dresden ein. Ähnlich antwortete Nomos-Chef Ahrendt.

Keine Hilfe fürs Stadtbad

Noch ist nicht entschieden, ob Glashütte ein neues Stadtbad bekommt. Allerdings sollten sich die Glashütter nicht der Hoffnung hingeben, dass die Uhrenfirmen sich dort finanziell einbringen werden. „Das ist nicht Aufgabe der Uhrenindustrie“, erklärte Bürgermeister Markus Dreßler (CDU) und ersparte damit den Firmenchefs eine entsprechende Antwort.

Das Job-Ticket ist eine Option

Das Parkplatzproblem in Glashütte könnte sich entschärfen, wenn alle Firmen ihren Mitarbeitern das Job-Ticket anbieten würden, glaubt Borges Neubauer. Warum tun sie es nicht?, fragte er. Wempe macht’s und übernimmt seit 25 Jahren die Kosten für Bus und Bahn zu 100 Prozent, versicherte Geschäftsführer Teuscher. Und Nomos Glashütte bietet das Jobticket über den Regionalverkehr an und übernimmt ebenfalls alle Kosten, erklärte Ahrendt. „30 bis 40 Prozent der Mitarbeiter nutzen es.“ Lange hingegen bietet den Mitarbeitern kein Job-Ticket an. Bei mehreren Befragungen hätten sich die Mitarbeiter dagegen ausgesprochen. „Etwa 60 Prozent unserer Mitarbeiter sind Frauen“, sagte Schmid. Sie wollen und müssen flexibel sein, weil sie vor und nach der Arbeit in die Kindereinrichtungen fahren.

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