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Demonstranten in Leipzig stören Film über Maidan-Proteste in Ukraine

Beim Leipziger Filmfestival "globaLE" wird der Film eines Regisseurs mit pro-russischer Haltung gezeigt. Dagegen sammeln sich Demonstranten, die später handgreiflich werden. Die Polizei greift ein.

Von Erik-Holm Langhof
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Am Leipziger Richard-Wagner-Hain wurde am Donnerstag der Film "Ukraine on Fire" gezeigt. Er stammt von einem US-Regisseur mit pro-russischer Haltung. Dagegen haben Demonstranten und Linken-Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (mitte) demonstriert.
Am Leipziger Richard-Wagner-Hain wurde am Donnerstag der Film "Ukraine on Fire" gezeigt. Er stammt von einem US-Regisseur mit pro-russischer Haltung. Dagegen haben Demonstranten und Linken-Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (mitte) demonstriert. © Silvio Bürger

Leipzig. Mehrere Aktivisten haben in Leipzig die Vorführung eines Films über die Maidan-Proteste in der Ukraine gestört. Die Mitglieder der deutsch-ukrainischen Künstlergruppe Ostov-Collective kritisierten eine pro-russische Haltung des von US-Regisseur Oliver Stone produzierten Dokumentarfilms "Ukraine on Fire" (2016).

Es kam zu Handgreiflichkeiten zwischen den Aktivisten und den Veranstaltern. Die Ausstrahlung beim globalisierungskritischen Filmfestival "globaLE" (27. Juli bis 1. November) am Donnerstagabend unter freiem Himmel wurde einige Minuten lang unterbrochen.

Wie die Polizei am Freitag mitteilt, wurde der Film etwa eine viertel Stunde nach Beginn der Filmvorführung durch mehrere Personen gestört. Die daraufhin gegen 21 Uhr alarmierten Beamten führten nach eigenen Angaben Rücksprache mit den Veranstaltern. Dabei sei die Lage noch ruhig gewesen, so Polizeisprecherin Dorothea Benndorf.

"Kurz darauf begannen sieben Personen den Film zu stören, indem sie lautstark Worte riefen, die Sitzreihen durchliefen und die Sicht auf die Leinwand versperrten. Einige der Personen spielten auf mitgeführten Trommeln", beschreibt die Sprecherin die Lage. "Die Polizisten forderten die Personen auf, die Störungen zu unterlassen, dem sie erst nach mehrfachem Ansprechen Folge leisteten."

"Ich würde ihn nicht als Propagandafilm bezeichnen"

Durch die Störungen habe der Veranstalter den Film unterbrochen und eine Ansprache gemacht. Dabei versuchte eine Frau Polizeiangaben zufolge dem Veranstalter das Mikrofon zu entreißen. "In der Folge mischten sich weitere Personen ein und es kam zu einem kurzen Gerangel, bei dem es zu wechselseitigen Körperverletzungen gekommen sein soll. In dem Zusammenhang wurde auch eine Frau von einem Unbekannten beleidigt", teilt die Polizeisprecherin weiter mit.

Die Polizei nahm Anzeigen wegen verschiedener Körperverletzungen und einer Beleidigung auf. Hinzu kam eine Ordnungswidrigkeitsanzeige aufgrund der nicht angemeldeten Störaktion, so die Beamten. Doch genau diese Versammlung hatte die Linken-Landtagsabgeordnete Juliane Nagel nach eigenen Angaben versucht, beim Ordnungsamt spontan anzuzeigen. Auf Twitter schreibt sie am Abend: "Die Polizei tritt das Recht auf Versammlungsfreiheit mit Füssen, wegen Anzeige des Veranstalters."

Polizeisprecherin Dorothea Benndorf teilt hingegen am Freitag mit: "Das Mitglied des Landtages beabsichtigte, bei den Mitarbeitern des Ordnungsamtes eine Spontanversammlung anzuzeigen, die wohl rückwirkend gelten sollte. Im nachfolgenden Kooperationsgespräch wurde jedoch auf die weitere Durchführung der Versammlung seitens der Anmelderin verzichtet."

Nach dem Polizeieinsatz konnte der Film auf dem Filmfestival weiter gezeigt werden. Beamte waren während der Ausstrahlung weiterhin anwesend. Der von den Demonstranten kritisierte Streifen "Ukraine on Fire" beschäftigt sich unter anderem mit den historischen Hintergründen zu den Maidan-Protesten in der Ukraine 2013/14 gegen die damalige Regierung von Viktor Janukowitsch, wie die Veranstalter auf ihrer Internetseite schrieben.

Gegenüber der Leipziger Volkszeitung erklärte Mike Nagler, einer der Veranstalter des Filmfestivals, die Auswahl des Films damit, dass man in diesem Jahr angesichts des Krieges in der Ukraine "eine Dokumentation zeigen will, die den Hergang des Konflikts aufzeigt". Bereits 2017 sei "Ukraine on Fire" bei der "globaLE" gezeigt worden und habe zu anschließenden Diskussionen geführt. "Ich würde ihn nicht als Propagandafilm bezeichnen", so Nagler gegenüber der Leipziger Volkszeitung.

Stadt distanziert sich ebenfalls von gezeigtem Film

Bereits vor der Vorführung des Films am Donnerstagabend distanzierte sich die Stadt Leipzig, die das Filmfestival "globaLE" jährlich fördert, "ausdrücklich" von dem Film. "Wir unterstützen die Ukraine und unsere Partnerstadt Kiew nach Kräften gegen die brutale russische Aggression. Unser Dank gilt allen Helfern und Spendern", schreibt die Verwaltung auf Twitter.

Weiter heißt es: "Gleichwohl achten wir die Freiheit der Kunst und fördern diese. Im Unterschied zu einem autoritären Regime hält eine Demokratie das Zeigen eines Films zweifelhaften Inhalts aus."

Da die Stadt das Filmfestival nach eigenen Angaben immer nur für ein Jahr finanziell unterstützt, muss über eine weitere Förderung für 2023 ebenfalls neu entschieden werden. Der Verlauf des Festivals 2022 werde dabei "selbstverständlich" berücksichtigt, so die Stadtverwaltung Leipzig am Freitag. (mit dpa)