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Unerwünschter Steinmeier: Ein verheerendes Signal

Die Ukraine lehnt einen Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ab. Das mag verständlich sein, ist aber politisch ein Fehler. Ein Kommentar.

Von Andrea Schawe
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© dpa

Zeiten des Krieges sind nicht unbedingt die Sternstunden der Diplomatie. Man sollte sie aber nicht unterschätzen oder aufgeben. Doch nun darf Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nicht nach Kiew. Eigentlich wollte er zusammen mit den Staatschefs von Polen, Litauen, Lettland und Estland in die ukrainische Hauptstadt reisen, um dort "ein starkes Zeichen gemeinsamer europäischer Solidarität mit der Ukraine zu senden und zu setzen". Doch Steinmeier ist nicht erwünscht.

Verständlicherweise steht Steinmeier auf der Beliebtheitsskala der Ukrainer nicht ganz oben. Angesichts des brutalen Angriffskrieges, der nun schon seit 50 Tagen in dem Land tobt und auch tausende Zivilisten das Leben kostet, ist der Frust über den jahrelangen naiven Kuschelkurs der Bundesregierung mit Russland groß.

Als Kanzleramtschef und Außenminister gehörte Steinmeier zu den Russland-Verstehern, er unterstützte den Bau der Gas-Pipeline Nord Stream 2 und stimmte 2008 gegen einen Nato-Beitritt der Ukraine. Fehler, die Steinmeier mittlerweile auch selbst eingestanden hat. Trotzdem hat sich die Ukraine mit der Ablehnung eines Besuchs des Bundespräsidenten keinen Gefallen getan.

Putin ist der Gewinner

Der ukrainische Präsident Wolodymir Selenskyj hatte schon in seiner Video-Ansprache vor dem Bundestag Mitte März deutlich gemacht, dass er mehr von Deutschland erwartet: mehr Waffen, auch schwere, ein Embargo für russisches Gas und Öl und härtere Sanktionen.

Dass ihm die Ausladung des deutschen Staatsoberhauptes helfen wird, diese Ziele zu erreichen, darf bezweifelt werden. Eine – von der Ukraine gewünschte – Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz nach Kiew ist nach diesem diplomatischen Affront auch nicht wahrscheinlicher geworden.

Dabei kann die Ukraine gerade jede Unterstützung gebrauchen, die sie kriegen kann. Nicht nur in Form von Geld oder Waffen, auch die symbolische. Nämlich als Zeichen an Russlands Präsidenten Wladimir Putin: Sieh her, wir sind viele – und du bist allein. Erscheint Europa zerstritten und uneinig, hilft das nämlich nur einem: Putin. Und das ist ein politisch verheerendes Signal.