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Waffenlieferungen: Ampel und Union einigen sich auf gemeinsamen Antrag

Die Bundesregierung und die größte Oppositionspartei haben ihren Streit beigelegt. Die Lieferung schwerer Waffen sei kein Kriegseintritt, so Außenministerin Baerbock.

Von Maria Fiedler
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Bundesaußenministerin Annalena Baerbock erklärte die Waffenlieferungen am Mittwoch im Bundestag.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock erklärte die Waffenlieferungen am Mittwoch im Bundestag. © Michael Kappeler/dpa

Die Union und die Koalitionsparteien haben ihren Streit um die jeweiligen Bundestagsanträge zur Lieferung von Waffen an die Ukraine beigelegt. Die Unionsfraktion will sich Fraktionskreisen zufolge dem von der Ampel vorgelegten Antrag anschließen und ihren eigenen - weitergehenden - Antrag zurückziehen, nachdem Änderungen am Papier der Ampel erreicht wurden.

Bisher wollten beide Seiten getrennte Anträge zu dem Thema in den Bundestag einbringen, über die am Donnerstag abgestimmt werden sollte. Hinter den Kulissen liefen aber seit Tagen Verhandlungen, um ein gemeinsames Vorgehen in der Ukraine-Krise zu ermöglichen. Die Union hatte auf die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine gepocht.

In dem Antrag, der dem Berliner Tagesspiegel vorliegt, heißt es nun: „Deutschland steht in besonderer Verantwortung, alles dafür zu tun, dass aggressiver Nationalismus und Imperialismus im 21. Jahrhundert in Europa und der Welt keinen Platz mehr haben.“ Deutschland unterstütze das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine uneingeschränkt. Der Verlauf des Krieges zwinge auch zur Anpassung der Unterstützung für die Ukraine.

Russischen Vormarsch stoppen

Neben der umfassenden ökonomischen Isolierung und Abkoppelung Russlands von den internationalen Märkten sei „das wichtigste und wirksamste Mittel“, um den russischen Vormarsch zu stoppen, die Intensivierung und Beschleunigung der Lieferung „wirksamer, auch schwerer“ Waffen und komplexer Systeme durch Deutschland in enger Abstimmung mit seinen Partnern.

In dem gemeinsamen Antrag von Union, SPD, Grünen und FDP wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert:

  • die Lieferungen an die Ukraine auf schwere Waffen und komplexe Systeme etwa im Rahmen eines Ringtausches zu erweitern, ohne die Fähigkeiten Deutschlands zur Bündnisverteidigung zu gefährden,
  • Ausrüstungslücken bei der Bundeswehr, die durch die Abgabe an die Ukraine entstanden sind, schnellstmöglich zu schließen,
  • im Anschluss an das von der EU beschlossene Embargo für Kohle schnellstmöglich den Ausstiegsfahrplan für russische Öl- und Gasimporte auf den Weg zu bringen,
  • den weiteren Ausbau der Truppenpräsenz der NATO an ihrer Ostflanke auf den Weg zu bringen,
  • den Beitritt Schwedens und Finnlands zur NATO - sofern diese Länder es wünschen - aktiv zu unterstützen.

Außenministerin Annalena Baerbock hatte zuvor die Entscheidung der Bundesregierung zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine auch vor dem Hintergrund von Warnungen vor einer drohenden atomaren Eskalation verteidigt.

Welche Schritte Russland in dem Krieg noch gehe, liege allein im Ermessen von Präsident Wladimir Putin, sagte die Grünen-Politikerin am Mittwoch im Bundestag in Berlin auf die Frage, welche Rolle die Gefahr eines Atomkrieges bei der Entscheidung gespielt habe. Baerbock ergänzte: „Deswegen können wir auch nichts komplett ausschließen.“

Baerbock verteidigt Atomkrieg-Aussage von Scholz

Dennoch sei die Entscheidung der richtige Schritt, weil man sonst der Ukraine hätte sagen müssen: „Kämpft ihr alleine. Und das wollen wir nicht tun. Wir stehen in Solidarität an der Seite der Ukraine“, sagte Baerbock. Die Bundesregierung habe „eine Verantwortung, immer die Risiken deutlich zu machen und auf der anderen Seite keine Panik zu schüren“, sagte sie.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte am Dienstag die Lieferung von Flugabwehrpanzern und die Ausbildung ukrainischer Soldaten auf deutschem Boden angekündigt. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte kürzlich in einem „Spiegel“-Interview seine zurückhaltende Strategie bei der Lieferung schwerer Waffen verteidigt und es als oberste Priorität seiner Ukraine-Politik bezeichnet, ein Übergreifen des Krieges auf die Nato zu vermeiden. „Es darf keinen Atomkrieg geben“, sagte er.

Baerbock sagte auf die Frage, ob Scholz mit diesen Aussagen Panik geschürt habe: „Nein.“ Zweck des von Putin geführten hybriden Krieges sei es, „andere Länder in Verunsicherung zu bringen, andere Länder zu spalten“. Daher sei es „wichtig und richtig, immer wieder abzuwägen“.

Unterstützung für Ukraine

Völkerrechtlich sei die Lieferung schwerer Waffen kein Kriegseintritt, weil damit das in der Charta der Vereinten Nationen verbriefte Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung unterstützt werde. Baerbock schränkte jedoch ein: „Da Herr Putin deutlich gemacht hat, ihn interessiert diese Charta der Vereinten Nationen nicht mehr so herzlich, wird er sich wahrscheinlich auch nicht an jede Völkerrechtsnorm entsprechend halten.“

Baerbock hatte zunächst in einer Art Regierungserklärung die Abwägungen und internationalen Abstimmungen im Zusammenhang mit der Unterstützung der Ukraine dargelegt. Mit Blick auf die Waffenlieferungen betonte Baerbock, Zusagen müssten auch eingehalten werden können. „Versprechen allein sind schnell gesagt. Da hat man eine schnelle Überschrift in der Zeitung generiert.“

Es gehe aber „nicht darum, dass wir uns besser fühlen, dass wir glauben, jetzt haben wir an einem Tag mal was Richtiges gesagt oder vielleicht auch getan“. Das Entscheidende sei, die Ukraine auch tatsächlich in ihrem Kampf für Freiheit, Frieden und die europäische Sicherheitsordnung zu unterstützen. Deutschland stehe hier als größtes Land der Europäischen Union in einer besonderen Verantwortung. (mit dpa)