Merken

Vergiftet Asche den Waldboden?

Ärger um den Bestattungswald in Coswig: Ein Friedhofsplaner behauptet, Totenasche sei mit Schwermetallen belastet und greift Daniel von Sachsen an.

Teilen
Folgen
NEU!
© Norbert Millauer

Von Peggy Zill

Coswig. Wo ein Bestattungswald geplant wird, lässt Andreas Morgenroth nicht lange auf sich warten. Der Friedhofsplaner aus Hamburg hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Urnenwälder zu verhindern. Nun ist Coswig dran. Im Friedewald war Morgenroth zwar noch nie, aber es geht ihm auch nicht um die örtlichen Gegebenheiten, sondern ums Prinzip. Die Bestattungswälder seien eine Gefahr für Wald und Mensch. Die Stadt habe sich zudem nicht ausreichend mit der Haftungsfrage beschäftigt.

Morgenroths erstes Argument: In der Totenasche befänden sich Schwermetalle, die den Waldboden belasten. Morgenroth ließ von der Dekra Asche- und Bodenproben untersuchen. Ergebnis: Der Chrom VI-Gehalt sei so hoch gewesen, dass die Aschen nicht einmal auf einer Hausmülldeponie gelagert werden dürften. Tatsächlich können Kremationsaschen unterschiedliche Schwermetalle enthalten. Sie gelangen zu Lebzeiten in den Körper oder entstehen beim Einäschern. Dazu gibt es bisher nicht viele Untersuchungen, deren Ergebnisse stark schwanken und die deshalb unterschiedlich ausgelegt werden. Dass die Belastung auch normale Friedhöfe betrifft, gibt Morgenroth zu. „Aber im Wald ist das doch eine ganz andere Hausnummer.“

Daniel von Sachsen, der den Bestattungswald betreiben wird, ist von Morgenroth bereits vor Monaten kontaktiert worden. Bei all seinen Besichtigungen von Bestattungswäldern in Deutschland habe er keinen gefunden, wo Andreas Morgenroth nicht beim Landratsamt angerufen und Belastungen durch Schwermetall angekündigt hat. „Er stützt seine Aussagen auf sechs Exhumierungen von Urnen, welche allesamt nicht wissenschaftlich begleitet wurden“, so von Sachsen. Bezahlt hat die Dekra-Untersuchung der Verband Deutscher Natursteinverarbeiter, der sich unterdessen Verband für Gedenkkultur nennt. „Morgenroth hat sich von der Steinmetzindustrie als Lobbyist einkaufen lassen, um gegen Bestattungswälder zu wettern“, sagt Daniel von Sachsen. Als Landschaftsarchitekt für Friedhofsgestaltung fürchte er außerdem um sein Einkommen, vermutet von Sachsen.

Lobbyist oder Naturschützer?

„Die Bestattungswälder sind eine Kampfansage an unsere Friedhofskultur“, so Morgenroth. „Wenn wir nicht aufpassen, haben wir in Sachsen bald 30 Bestattungswälder und die Friedhöfe werden zu Bauland.“ Er stünde aber nicht auf der Gehaltsliste irgendwelcher Verbände und sei deshalb auch kein Lobbyist. Er versuche lediglich, die Friedhöfe zu stärken und zu schützen. „Ich bin Dienstleister. Wer mich bezahlt, bekommt meine Arbeit. Ich bin an die Untersuchung der Totenaschen aber ergebnisoffen gegangen“, erklärt der Hamburger. Er wolle nichts verhindern, sondern es passend machen.

Im Clinch liegt Morgenroth auch mit der Friedwald GmbH, jenes Unternehmen, das in Deutschland über 50 Bestattungswälder betreibt. Gerichte mussten sich bereits mit dem Streit befassen. Die Friedwald GmbH wollte verhindern, dass Andreas Morgenroth weiter gegen die Bestattungswälder wettert und „wettbewerbswidrige Falschbehauptungen“ verbreitet. Der Friedhofsplaner darf seitdem bestimmte Aussagen nicht mehr tätigen, muss alte aber nicht widerrufen.

Die Friedwald GmbH ließ die Forstwissenschaftler der Universität Freiburg die Auswirkungen von Urnenbeisetzungen im Wald auf Pflanzen und Grundwasser untersuchen. Dabei ging es speziell um die Schwermetalle Zink, Chrom und Nickel sowie Aluminium, Kalium und Eisen. Außerdem sollte herausgefunden werden, ob der pH-Wert des Waldbodens durch die basische Kremationsasche steigt.

Ergebnis: Die Aschen seien unbedenklich für den Wald. Der pH-Wert steigt zwar leicht, dauerhafte Änderungen der Bodeneigenschaften seien jedoch auszuschließen, heißt es in der Zusammenfassung der Studie. „In einem Zeitraum von bis zu 13 Jahren nach der Beisetzung hat keinerlei Verlagerung von Schwermetallen aus Kremationsasche in den darunterliegenden Boden stattgefunden.“

Viel zu kurz gedacht, findet Andreas Morgenroth. Wie lange es dauert, bis die Schwermetalle im Boden landen, hänge von der Urne ab. Die einfachste Lösung sei, Edelstahlurnen statt biologisch abbaubare zu nehmen. Doch das erlaubt das sächsische Bestattungsgesetz nicht. „Dann müssten die Urnen in eine Hülse, die sich nicht zersetzt und nach der Ruhezeit entfernt wird“, schlägt Morgenroth vor.

Er wirft Daniel von Sachsen vor, seine privaten Eigeninteressen vor die Interessen der Allgemeinheit zu stellen. „Der Prinz weiß genau, was er dem Wald damit antut. Und statt die Finger davon zu lassen, macht er, was er will.“ Daniel von Sachsen räumt ein, dass es Belastungen geben könnte. „Allerdings gibt es bisher keine rechtlichen Rahmenbedingungen dies zu berücksichtigen, zumal die vermutlichen Belastungen auch weit unter der Verordnung des Bodenschutzes liegen.“ Nichtsdestotrotz nehme er solche Bedenken ernst. „Ich lasse selber an dem Thema Schwermetalle in Aschen forschen, um herauszubekommen, ob es hier eventuell einen Bedarf für die Zukunft gibt“, so von Sachsen.

Stadt haftet im Fall einer Insolvenz

An die Zukunft hätte auch die Stadt Coswig denken sollen, die Träger des Bestattungswaldes ist, sagt Morgenroth. Man habe sich zu wenig abgesichert. Denn wenn die Naturruhe Friedewald GmbH pleite geht, ist die Stadt für den Wald zuständig. „Coswig hat den Bestattungswald vor sechs Jahren abgelehnt, weil auf den Friedhöfen genug Platz war. Was ist jetzt anders?“, fragt sich Morgenroth. Bäume gäbe es doch sicherlich auch auf den bestehenden Gottesäckern.

Wie Oberbürgermeister Frank Neupold (parteilos) erklärt, habe man keine andere Wahl gehabt. „Wenn wir die Trägerschaft nicht übernommen hätten, hätte es jemand anderes getan.“ Die Kommune hafte laut Bestattungsgesetz sowieso immer, egal wer den Friedhof betreibt und was es für einer ist. „Wenn wir immer endverantwortlich sind, machen wir es lieber selbst“, so Neupold. Eine Insolvenz der Betreibergesellschaft sei zwar nicht ausgeschlossen. „Aber wir haben Vertrauen zum Hause Wettin“, betont Neupold. Und die Geschäftszahlen werde die Stadt regelmäßig prüfen.