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Vier Vorwürfe um strittige Geheimhaltung

Der Haushalt von Bad Gottleuba-Berggießhübel sollte keine Rolle im Wahlkampf spielen. Nun steht er im Mittelpunkt.

Von Heike Sabel
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Hinter diesen Mauen zofft sich die CDU mit dem Bürgermeister.
Hinter diesen Mauen zofft sich die CDU mit dem Bürgermeister. © Schäfer

Wie geheim dürfen Informationen sein und darf ein Stadtrat sie trotzdem verwenden? Diese Fragen beschäftigen jetzt Stadtrat und Verwaltung in Bad Gottleuba-Berggießhübel und führen zu gegenseitigen Vorwürfen. Ausgangspunkt: Stadträtin Madlen Rätze (CDU) hatte nicht öffentliche Informationen aus der Haushaltsberatung in ihrem Bürgermeisterwahlkampf öffentlich verwendet. Dafür sollte sie ermahnt werden. Diesen Punkt setzte Bürgermeister Thomas Mutze (parteilos) auf die Tagesordnung der öffentlichen Stadtratssitzung. Das Landratsamt legte ihm jedoch nahe, das hinter verschlossenen Türen zu behandeln. Es gebe ein berechtigtes Interesse Einzelner. Immerhin kandidiert Madlen Rätze zur Bürgermeisterwahl im Januar. Das sah Mutze ein und schob den Punkt zu Sitzungsbeginn in den nicht öffentlichen Teil. Damit wäre es erledigt gewesen. Doch die CDU widersprach, sie wollte es öffentlich. Dank ihrer Mehrheit setzte sie sich durch. Welche Vorwürfe gibt es und was ist dran?

Erster Vorwurf: Die Stadträtin hat geheimes Material öffentlich gemacht

Madlen Rätze räumt ein, Informationen aus dem bis dahin nichtöffentlich beratenen Haushalt in ihren Wahlkampfveranstaltungen verwendet zu haben. Dass Stadträte das nicht dürfen, darüber wurden sie mehrfach belehrt. Sie werde das künftig beachten, auch wenn sie nichts Schlimmes darin sah, sagte Madlen Rätze im Stadtrat. Sie habe einiges gelernt. Dazu gehöre, dass sie das rechtswidrige Handeln des Bürgermeisters im Umgang mit der Haushaltsberatung hätte rügen müssen.

Zweiter Vorwurf: Der Haushalt durfte gar nicht vertraulich sein

Madlen Rätze und die CDU werfen Bürgermeister Mutze vor, er hätte den Haushalt aufgrund seiner besonderen Bedeutung gar nicht als vertraulich einstufen dürfen. Das sei rechtswidrig gewesen. Das Landratsamt sieht das anders. „Bis zur öffentlichen Auslegung des Entwurfs der Haushaltssatzung ist der Entwurf nicht öffentlich.“ Das sei keine Entscheidung des Bürgermeisters, sondern ergebe sich aus der sächsischen Gemeindeordnung. Im November hatte der Stadtrat sogar auf Wunsch der CDU beschlossen, den Haushalt beim ersten Mal nicht öffentlich zu diskutieren, um mit ihm keinen Wahlkampf zu machen.

Dritter Vorwurf: Der Stadtrat darf gar nicht ermahnen

Darf der Stadtrat oder nicht? Rätzes Anwalt ebenso wie das Landratsamt verweisen auf die Gemeindeordnung. Die besagt, der Gemeinderat kann einem ehrenamtlich Tätigen, der seine Pflichten gröblich verletzt, ein Ordnungsgeld bis zu 500 Euro auferlegen. Aus Sicht des Anwaltes fehlt dafür jedoch jegliche Grundlage, da es weder eine Anhörung noch ein Verfahren gab. Laut Landratsamt sind auch disziplinarische Maßnahmen wie Rüge, Verweis oder Ermahnung zulässig. Es bezieht sich dabei auf Rechtskommentare, nach denen es im Ermessen des Stadtrates liegt, Pflichtverletzungen auch mit weniger schweren Sanktionen zu ahnden.

Vierter Vorwurf: Bürgermeister hat gegen Neutralitätspflicht verstoßen

Mit der Ermahnung so kurz vor der Wahl habe Mutze gegen seine Neutralitätspflicht verstoßen, sagt Madlen Rätze. Es sei ein missbräuchlicher Eingriff in die Wahl. Das Landratsamt verweist auf die von Mutze beabsichtigte nichtöffentliche Behandlung des Themas. Damit wäre es intern geklärt worden. Es sei ihm keine Verletzung der Neutralitätspflicht vorzuwerfen. Mutze tritt nicht mehr zur Wahl an.

Die möglichen Konsequenzen

Die CDU-Mehrheit im Stadtrat lehnte die Ermahnung ab. Mutze kündigte Widerspruch an. Der Beschluss müsste dann wiederholt werden. Wie das Ganze ausgeht, ist offen. Auf die Bürgermeisterwahl im Januar wirkt sich die Sache zumindest rechtlich nicht aus, sagt das Landratsamt. Eine offene Entscheidung sei auch kein Grund für eine Wahlanfechtung. Stadtrat Bodo Hippe (CDU) fühlte sich nicht in der Lage, ein gerechtes Urteil zu fällen. Er hofft auf eine neutrale Entscheidung des Landratsamtes. Das mischt sich aber erst ein, wenn Bürgermeister Mutze dem ersten und gegebenenfalls zweiten Beschluss widerspricht.