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Was steckt hinter neuem Neustadt-Bild?

Ein acht Meter großes Frauenporträt mit einem Loch in der Brust prangt seit Kurzem auf einer Fassade an der Bautzner Straße. Die Künstler sind zwei alte Bekannte.

Von Melanie Schröder
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Tattookünstlerin Lisa Schilling und Sprayer Sebastian Girbig bringen Farbe in die Neustadt.
Tattookünstlerin Lisa Schilling und Sprayer Sebastian Girbig bringen Farbe in die Neustadt. © René Meinig

Auf den ersten Blick wirkt das neue, gut acht Meter hohe Frauenporträt an der Bautzner Straße, Ecke Pulsnitzer Straße strahlend, lebendig und farbenfroh. Doch nur fröhlich – das ist die Arbeit nicht. In der Brust der Figur klafft ein Loch, schützend hält sie die Hände davor, Fische schwimmen durch die offene Stelle. Was und wer steckt hinter der Szene, die seit einigen Tagen, die Fassade schmückt?

Schon länger wird die Fläche für große Illustrationen genutzt. Die Dresdner Kreativagentur Cromatics verkauft die Hauswand für Auftragswerbung an Unternehmen – auch Radeberger hat hier schon eine Anzeige für einige Wochen geschaltet. Cromatics zahlt dem Hauseigentümer für die Fläche eine monatliche Miete. Doch dieses Mal steckt keine Werbung hinter dem Fassadenbild.

Fläche soll nicht zugebombt werden

Sebastian Girbig, unter dem Namen Slider selbstständig mit Auftragsgraffiti und seit 25 Jahren als Sprayer aktiv, hat einen Anteil an der Aktion. Auch wenn die Wand nicht gerade an einen Kunden verkauft ist, soll hier Kunst entstehen. „Die Hausverwaltung möchte nicht, dass sich ein Vakuum bildet und die Fläche in diesen Zeiten mit Graffiti zugebombt wird“, sagt er. Für Dresdens Kreative hat das auch einen Vorteil: Eine große Freifläche mehr, die bunt gestaltet werden kann.

Für das jetzige Motiv hat Girbig erneut mit einer Tattoo-Künstlerin aus Dresden zusammengearbeitet: der 24-jährigen Lisa Schilling, die unter dem Namen Maybe Liz in Szene bekannt ist. Sie arbeitet im Neustädter Studio Tiefschwarz und hat sich auf Frauenporträts spezialisiert. Schon vor zwei Jahren hat sie an selber Stelle gemeinsam mit Girbig bereits eine Astronautin auf die Wand gebracht. Damals war es ihre erste großflächige Arbeit.

Raum für Gefühle, die durch einen hindurchgehen

Ihren Stil beschreibt sie als detailliertes Blackwork – das heißt, auf der Haut anderer Menschen arbeitet sie nur mit schwarzer Farbe. „In meinen Porträts spiegeln sich gegensätzliche Gefühlswelten“, erklärt sie. „Das Loch in der Brust zeigt, dass die Person in sich hineinhört, die Fische können als unterschiedliche Emotionen verstanden werden, die in bestimmten Lebensphasen durch einen hindurchgehen.“

Normalerweise malt Liz maximal auf A 3-Format, ihre Arbeit nun auf acht Metern Höhe zu sehen, macht sie stolz. „Das ist ein unglaubliches Gefühl. Auf so einer Wand malt man ein Auge, das so groß wie ein Kopf ist. Das sind völlig andere Dimensionen.“ Damit die Perspektive stimmt, haben Girbig, Liz und zwei weitere Helfer das Motiv auf der Wand vorgezeichnet. „Dann arbeiten zwei Leute oben auf der Hebebühne, zwei Leute unten“, sagt Girbig. „Man muss immer wieder zurücktreten, um zu schauen, ob das Gesamtbild passt“, sagt er.

Drei Tage hat die Aktion gedauert, finanziert hat es die Gruppe weitgehend aus eigener Tasche. Auch die Agentur Cromatics hat sie bei der aufwendigen Arbeit finanziell unterstützt. Wie viele Spraydosen die vier geleert haben, kann Girbig nicht sagen. "Dass liegt auch daran, dass wir auf großen Flächen Farbe ausgerollt haben." Für die Grundierung allein habe die Gruppe jedoch drei Farbeimer gebraucht.