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Was vom Uranbetrieb übrigbleibt

Die Wismut startet in Königstein die nächste Sanierungsetappe. Sie ist geprägt vom Abriss. Aber es wird auch neu gebaut.

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© Grafik: SZ

Von Matthias Weigel

Königstein. Carsten Wedekind fährt langsam mit der Hand über das Luftbild. Bei einem Gebäude stoppt sein Finger. „Das da kommt weg“, sagt der Bereichsleiter der Wismut in Königstein. Die Fahrt mit dem Finger geht weiter. Das nächste Gebäude, der gleiche Satz. „Kommt weg.“ Das Szenario wiederholt sich wieder und wieder. „Kommt weg. Kommt weg. Kommt weg.“ Nach Jahrzehnten der Vorbereitung und Arbeiten, um mit der strahlenden Altlast unter Tage umzugehen, startet die Wismut im Königsteiner Ortsteil Leupoldishain nun in eine der letzten Etappen bei der Sanierung des Standortes. Es ist ein Abrissprogramm mit Ausmaßen. Rund 4 000 Kubikmeter Bauschutt, 300 Tonnen Schrott sind allein in den kommenden fünf Jahren zu bewältigen – selbstredend streng überwacht von den Behörden.

Auf dem Gelände in Leupoldishain will die Wismut ein neues Funktionsgebäude errichten (links). Das ersetzt die alten Gebäude, die abgerissen werden. Auch an der Aufbereitungsanlage sind Modernisierungsarbeiten geplant, verbunden mit dem Abriss alter Berei
Auf dem Gelände in Leupoldishain will die Wismut ein neues Funktionsgebäude errichten (links). Das ersetzt die alten Gebäude, die abgerissen werden. Auch an der Aufbereitungsanlage sind Modernisierungsarbeiten geplant, verbunden mit dem Abriss alter Berei © Visualisierung: Wismut
Auf dem Gelände in Leupoldishain will die Wismut ein neues Funktionsgebäude errichten (links). Das ersetzt die alten Gebäude, die abgerissen werden. Auch an der Aufbereitungsanlage sind Modernisierungsarbeiten geplant, verbunden mit dem Abriss alter Berei
Auf dem Gelände in Leupoldishain will die Wismut ein neues Funktionsgebäude errichten (links). Das ersetzt die alten Gebäude, die abgerissen werden. Auch an der Aufbereitungsanlage sind Modernisierungsarbeiten geplant, verbunden mit dem Abriss alter Berei © Daniel Spittel

Zudem werden Zehntausende Kubikmeter Material bei der anschließenden Wiederherstellung der Flächen bewegt – ebenso bei der fortschreitenden Abdeckung der benachbarten Schüsselgrund-Halde. 2014/15, als die markanten Fördertürme fielen, hat der Standort sein Gesicht schon einmal maßgeblich verändert. In fünf bis zehn Jahren wird er nun nicht mehr wiederzuerkennen sein. Nicht mehr viel bleibt von dem, was über 50 Jahre die Landschaft prägte. Ganz aufgegeben wird der Standort aber nicht. So sollen unter anderem ein großes Lagerhaus und eine Werkstatthalle erhalten bleiben. Außerdem ist der Neubau eines Funktionsgebäudes geplant – in dem dann alle noch nötigen Bereiche und Aufgaben am Standort zusammengefasst sind. Das moderne, zweigeschossige Haus bietet Platz für rund 120 Mitarbeiter und beherbergt Umkleiden, Labore, Büros, Konferenz, Sozial- und Sanitärräume, Lager, Haustechnik. „Wir bauen keinen Luxus, sondern zweckmäßig“, sagt Wedekind. Bis Ende des Jahres könnte es noch einen Baustart geben, denkt Wedekind. Wenn alles glatt läuft mit Genehmigung und Bau, wäre die Wismut 2018 drin. Erste Rodungen und der Abriss kleinerer Nebengebäude gehen bereits voran. 9,5 Millionen Euro sind für das Projekt veranschlagt. „Das ist viel Geld, ja. Aber wir machen den Standort damit fit für die nächsten Jahrzehnte“, sagt Wedekind. Denn trotz groß angelegtem Abriss und Sanierung: Mit den Folgen des Bergbaus umzugehen, bleibt immer noch Aufgabe für Generationen.

Wesentlicher Punkt für den neuen Standort ist daher auch die Modernisierung der Wasserbehandlungsanlage. Die ist in die Jahre gekommen. Der Aufwand, sie auf dem Stand der Technik zu halten, ist groß. Außerdem ist sie inzwischen überdimensioniert – seit Jahren sinkt die Konzentration von Uran, Schwefelverbindungen und anderen Schadstoffen in dem Wasser, dass die Wismut von unter Tage fördert und vor Abgabe in die Elbe aufwendig behandelt reinigt. Doch die Pumpen müssen weiter laufen angesichts der noch vorhandenen Belastungen. Und immerhin ist die Grube auch erst zu zwei Dritteln geflutet. Über den Rest wird hart mit den Behörden verhandelt. Die Umbaupläne der Anlage berücksichtigen aber bereits mehrere Optionen, was den Umfang des zu behandelnden Wassers in Zukunft anbelangt. 9,4 Millionen Euro soll die Modernisierung kosten. Das Genehmigungsverfahren läuft. Der Umbau – samt Abriss von nicht mehr benötigten Nebenanlagen und Prozessstufen ist zwischen 2018 und 2019 geplant, der Probe- und Regelbetrieb für 2019/20.

Die Wismut in Königstein

Geologische Erkundungen begannen 1961. Der Schacht 388 wurde 1965 auf 235 Meter geteuft, der Schacht 390 im Jahr 1968 auf 300 Meter Tiefe.

Bis 1967 wurde Uran in Königstein konventionell abgebaut. Danach begann die chemische Gewinnung.

1990 wurde der Bergbau eingestellt. 18000 Tonnen Uran hatte man gewonnen.

1993 begannen erste Probeflutungen. Nachdem ein Konzept erarbeitet und teilweise genehmigt war, begann 2001 die teilweise Flutung. Das endgültige Flutungskonzept ist jedoch bis heute nicht genehmigt. Das durch die Laugung bis heute saure Grubenwasser muss vor Ableitung in die Elbe in einer Aufbereitungsanlage vor Ort aufwendig geklärt werden.

Die Sanierung seit 1990 hat allein am Standort Königstein, zu dem auch der Bereich Dresden-Gittersee gehört, bislang rund eine Milliarde Euro gekostet.

Einst arbeiteten bis zu 2200 Leute am Standort. Heute sind es rund 150.

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Die ausgewaschenen Stoffe sollen dann in einen verbliebenen und geschützten Sonderbereich der Halde kommen – auch Uran, das bisher regelmäßig verkauft worden ist. Mit sinkenden Konzentrationen lohnt sich das dann aber nicht mehr. Schon bisher war in der Halde strahlendes Material aus Wismutprojekten eingelagert worden – wie kontaminierter Schrott und Bauschutt, der nicht mehr in den normalen Umlauf gelangen durfte. Externer Müll ist im Übrigen für die Einlagerung tabu. Ein Teil der Schüsselgrundhalde ist inzwischen bereits fertig abgedeckt. Für die weiteren Arbeiten laufen die Verfahren, auch für die Einrichtung des speziellen Sonderabfallbereichs. Nach letzten Aussagen wird der dann bis zum Ende der Wasserbehandlung betrieben, die Halde also erst später komplett abgedeckt. „Die Wismut hat das Arbeitsprogramm bis vorerst 2045 definiert“, sagt Wedekind. Die weitere Überwachung dürfte locker noch viele Jahre darüber hinaus laufen.