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Weihnachtsmann-Mangel auch in Pirna

Rotbefrackte und Weißbärtige trafen sich am Sonnabend wieder auf dem Pirnaer Weihnachtsmarkt. Doch es wollen immer weniger ins Kostüm schlüpfen.

Von Daniel Förster
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Weihnachtsengel Laura hatte viel Spaß mit ihren Männern.
Weihnachtsengel Laura hatte viel Spaß mit ihren Männern. © Daniel Förster

 „Was tut man nicht alles für Freunde“, sagt der 15-jährige Nicolas, als er sich in der Parfümerie Thiemann auf der Pirnaer Schuhgasse einen roten Mantel angezogen, den weißen Wattebart angeklebt und eine rote Mütze aufgesetzt hat.

Etwas zurückhaltend wartet der Junge aus Thürmsdorf, auf das, was dann kommen soll. Zum ersten Mal schlüpft er in die Rolle des Weihnachtsmannes. „Eine Klassenkameradin hat gefragt, ob nicht jemand von uns mitmachen will. Da habe ich mich freiwillig gemeldet“, sagt der Schüler von der Evangelischen Mittelschule etwas schüchtern.

Mit ihm haben sich in dem Geschäft acht weitere Männer für die Mission "Geschenke verteilen und Freude bringen" in Pirnas historischer Altstadt bereit gemacht. Der Jüngste ist Ron Raue, 14 Jahre alt. Der Junge aus Dresden Loschwitz fiel auf. Der Oberschüler kannte die Aktion bereits aus dem Vorjahr. 

Er singt bei den Dresdner Kapellknaben und freute sich schon, dass zum Schluss wieder gemeinsam auf der Bühne des Canalettomarktes, Pirnas Weihnachtsmarkt, gesungen wird. Vor den Kindern beeindruckte er mit einer tiefen Stimme. Aber nicht nur mit seinem Gesang, sondern auch mit einem Gedicht versetzte er die Passanten ins Staunen und brachte sie zum Schmunzeln.

Mit Gästeführer Uwe Kelly aus Pirna war diesmal ein weiteres Unikum unter den Rotbefrackten. „Ich hatte heute keine Stadtführung und deshalb Zeit, mir den Kittel über zuziehen“, erklärt der 76-Jährige, warum er sich spontan für den Einsatz meldete. Er war wohl auch der Schnellste.

Im Handumdrehen hatte er seinen Sack leer, die Kleinigkeiten unter die Leute gebracht. Auch beim dritten Mal ist wieder Dieter Schwanz (75) aus Meusegast dabei. „Ich unterstütze gern die Gewerbetreibenden, die das hier auf die Beine gestellt haben.“

Wirklich, „mitten aus dem Walde“, wie er sagte, nämlich aus dem Schwarzwald, reihte sich Klaus Danckert (70) aus der Nähe von Pforzheim in die Runde ein. Damit war er der, der wenn man so will, am Weitesten angereiste. 

"Ich wohne derzeit kurz in Bannewitz, lebe aber im Schwarzwald, habe eine Freundschaft in Sachsen und den Aufruf in der Zeitung gelesen“, erzählt der 70-Jährige. „Ich liebe Kinder. Ihnen Freude zu bringen, das ist für mich wichtig.“ Er habe eine soziale Ader, betreue auch Senioren im Heim.

Zoé Beier, die 15 Jahre alte Tochter der Parfümerie-Chefin Kelly Beier, wies diesmal die Rotkittel in ihren Job ein: „Ihr sollt die Kinder anlachen, mit ihnen reden, fragen: Wart ihr artig? Was wünscht du dir…?“ Damit nicht alle Weihnachtsmänner auf einer Straße herumlaufen, hatte sie ihnen einen Stadtplan mitgegeben und ihre Marschrouten eingezeichnet.

Viele Passanten zücken die Handys

Nach einem Gruppenbild schwärmten die diesmal nur zehn Akteure aus. Auch Anne Carl vom Citymanagement hatte sich mehr Mitstreiter gewünscht. „Wir wollen den Aufruf nächstes Jahr größer streuen und hoffen, dass sich damit mehr Leute aus privatem Antrieb finden, die sich sagen, es wäre doch schön in der Vorweihnachtszeit die Weihnachtsstimmung auf diese Art und Weise mit in die Stadt zu tragen.“

Gerade das mache Laura Klug Spaß. Sonst Funke-Mädchen im Faschingsclub, war die 18-Jährige aus Bielatal der Weihnachtsengel unter den Männern. Zwischendurch nahm sie immer mal wieder ihren drei Jahre alte Neffen Jannik auf den Arm, verteilte aber auch fleißig Geschenke an Klein und Groß.

Gemeinsam mit den Weißbärtigen zauberte sie aus ihren Jutesäcken frisches Obst und kleine süße Überraschungen hervor und beglückte viele Kinder mit kleinen Präsenten und hörte sich deren Wünsche an. Einige gut gelaunte Passanten bedankten sich mit einem Weihnachtslied und sangen mit den Akteuren im Chor.

Bei ihrem gemeinsamen Spaziergang durch die Gassen besuchten der Engel und die Weihnachtsmänner auch die Geschäfte der Einzelhändler, unter anderem diejenigen, für die sie Werbung machten, und sorgten so bei den in der Stadt Bummelnden für Überraschungen.

Und da es eine gehäufte Anzahl von Rotbefrackten auf einem Haufen nicht alle Tage gibt, zückten viele Passanten, die ihre Weihnachtseinkäufe erledigten, ihre Handys und machten Schnappschüsse. Nicht zuletzt wollten viele Kinder, aber auch Erwachsene, ein Foto mit den Rauschebärten und dem Engel, die sich allesamt gern fotografieren ließen.

Mitten im Getümmel auf der Dohnaischen Straße wollte das auch der Entertainer und Kult-Wirt Karl-Heinz Bellmann (72), ein Dresdner Original. Der Unterhalter, der heute noch regelmäßig den Kult-Schaffner im Erlebnis-Lokal „Dresden 1900“ auf dem Neumarkt gibt und neuerdings auch Trauredner vor Hochzeitsgesellschaften steht, ließ sich vor seinem Besuch auf dem Canalettomarkt gern mit Weihnachtsengel Laura fotografieren. Am liebsten hätte er sie ja „auf den Schoß genommen“.

Schneller als gedacht wurden die Rauschebärte und der Engel auf der Marktbühne erwartet. Dort trafen sie den Weihnachtsmann des Canalettomarktes, den Canaletto-Weihnachtsmann zu einem Plausch. Flink wurden Liedzettel ausgegeben, alle sangen mit ihm und den Gästen das Weihnachtslied „Alle Jahre wieder“.

Dabei stimmte besonders der jüngste Rauschebart Ron Raue (14) aus Dresden Loschwitz ein. Der Sänger bei den Dresdner Kapellknaben gab dann noch ein amüsantes Gedicht zum Besten. Und der am Weitesten angereiste Weihnachtsmann aus dem Schwarzwald entlockte seiner Mundharmonika auf der Bühne „Ihr Kinderlein kommet“.

Nach mehr als zwei Stunden hat es auch Nicolas geschafft und er kann sich dem Kostüm entledigen. „Es hat Spaß gemacht“, sagt er. Vielleicht ist er auch im nächsten Jahr wieder mit dabei. Erfahrung hat er ja nun gesammelt. Und wie auch ihm aufgefallen ist: Weihnachtsmänner werden gebraucht. Denn sie sind Mangelware… 

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