Will man dem Volksmund glauben, ist ein guter Verkäufer, wer einem Eskimo einen Kühlschrank verkaufen kann. Markus Zilinsky lacht. „Es geht nicht darum, etwas aufzuschwatzen. Als guter Verkäufer muss man auf die Kunden eingehen, ein Produkt finden, welches zu ihren Wünschen, Bedürfnissen und nicht zuletzt zu ihrem Geldbeutel passt“, erklärt er.
Der 22-Jährige hat ein feines Gespür dafür – und die fachliche Kompetenz. Denn der junge Mann aus Weißwasser ist Bundessieger im Berufswettbewerb des deutschen Kfz-Handwerks. Oder anders gesagt: Markus Zilinsky ist der beste Automobilkaufmann des Jahrgangs 2020.
Für Fahrzeuge habe er sich schon immer interessiert, erzählt er. Schon als kleiner Junge konnte der gebürtige Muskauer von Weitem sagen, welches Auto da angerollt kam. Und als großen Motorsportfan begeistern ihn DTM und Formel 1. Da er gut sprechen und noch dazu gut mit Menschen umgehen könne, wurde ihm in der Schule zu einer kaufmännischen Ausbildung geraten. Er fand, dass die Lehre am Besten was mit Autos zu tun haben müsste.
Erfahrenen Mentor an der Seite
Im August 2017 fing er im Autohaus Horn & Seifert GmbH in Weißwasser an. Den theoretischen Teil der Lehre absolvierte er am BSZ Meißen, den praktischen im Verkauf des Autohauses. Zudem schnupperte er in die Bereiche Buchhaltung, Teiledienst und Kundenservice rein, ein bisschen auch in die Werkstatt. Dabei habe er einen guten Einblick in die Abläufe der Firma bekommen wie auch ein technisches Grundverständnis. Darüber Bescheid zu wissen, mache einen guten Autoverkäufer aus, sagt Markus Zilinsky. Dankbar ist er, dass er sich von seinem Mentor Uwe Tabor, der seit über 40 Jahren in dem Autohaus arbeitet, viele Kniffe abschauen konnte.
Die Abschlussprüfung als Automobilkaufmann absolvierte Markus Zilinsky mit der vollen Punktzahl von 100 Prozent – und katapultierte sich damit an die Spitze aller sächsischen Azubis dieses Jahrganges in dem Beruf. Ihm selbst war das gar nicht bewusst. Die Handwerkskammer Dresden erklärte ihn zum Landessieger und delegierte ihn zum Bundeswettbewerb.
Berufswahl war goldrichtig
In Frankfurt/Main hätte Markus Zilinsky im Vergleich mit anderen Landessiegern etwa in fiktiven Kundengesprächen oder in einer Bedarfsanalyse Kompetenz und Können unter Beweis stellen sollen. Unter den strengen Augen der Juroren hätte er zeigen müssen, was er auch im Alltag draufhat. „Ich war schon ganz schön aufgeregt. Aber mehr noch überrascht, dass es für den Bundeswettbewerb gereicht hat“, sagt er. Doch zu dem Trip an den Main sollte es nicht kommen. Durch die Pandemie wurde der Endausscheid abgesagt. Da sei er schon ein bisschen traurig gewesen, gibt er zu. Mitte November bekam er dann per Post mitgeteilt, dass er der Bundessieger 2020, also der beste Azubi der Automobilkaufleute dieses Jahrgangs in ganz Deutschland ist.
Mutti Daniela verdrückte mehr als nur ein Freudentränchen. Sie und ihr Mann sind mächtig stolz auf den Junior. Der Name ist in Weißwasser so unbekannt nicht, da Olaf Zilinsky viele Jahre eine Gaststätte betrieb. Doch die Gastronomie war nichts für Markus. Die Arbeitszeiten seines Vaters von 6 bis 21 Uhr schreckten ihn ab. Er wolle „am Ende des Tages noch ein bisschen Freizeit haben“, begründet der Sohn, der in Weißwasser sportlich aktiv ist. Der Erfolg im Azubiwettbewerb des Kfz-Handwerks zeigt, dass die Berufswahl goldrichtig war. Die sonst übliche große Feier für die Bundessieger in Berlin gab es wegen Corona nicht. Am Sonnabend fand sie virtuell statt. Gemeinsam mit seiner Chefin Uta Eisebitt, Mitarbeiterin Kerstin Onitschke und seiner Mutti saß Markus Zilinsky im Autohaus vor dem Bildschirm. Das Zertifikat für den Bundessieg erreichte ihn per Post, der Pokal geht ihm im Januar zu.
„Wir haben uns sehr darüber gefreut“, sagt Uta Eisebitt nicht ohne Stolz. Dass Markus Zilinsky so erfolgreich ist, zeige, dass auch in Weißwasser – also fernab des großen Geschehens – berufliche Perspektiven bestehen. Die fand auch Nicholas Sommer bei Horn & Seifert. Der junge Mann hat seine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker erfolgreich beendet.
Nachdem ihr Mann Torsten Eisebitt 2007 das Unternehmen übernommen hatte, aus gesundheitlichen Gründen aber nicht mehr leiten konnte, führt Uta Eisebitt seit vier Jahren die Geschäfte. Sie fühlt sich nach wie vor den Intentionen ihres Schwiegervaters verpflichtet.
Vertrauen vom ersten Tage an
Siegfried Horn gehörte der Betriebsleitung der 1959 gegründeten PGH „Motor“ an, ehe er 1990 mit Gerd-Heiner Seifert das Autohaus gründete. „Vom ersten Tag an sind unsere Azubis im direkten Kundenkontakt. Da fallen manchmal auch Späne“, weiß Uta Eisebitt. Aber dass den Azubis von Anfang an mehr zugetraut wird, als es in vielen Betrieben üblich ist, hat sich bewährt. Ebenso, dass ihre Tür immer offensteht. 18 Mitarbeiter beschäftigt das Autohaus. Fast alle sind nach der Lehre geblieben. Die drei Kollegen, die 2021 in den Ruhestand gehen, sind seit über 40 Jahren dabei. „Es ist ein gutes Miteinander, ein toller Austausch zwischen älteren Kollegen mit ihren Erfahrungen und den jungen Leuten mit neuesten technischen Kenntnissen“, sagt sie.
Markus Zilinsky hat schnell die Wirklichkeit eingeholt. Ab Montag geht es für ihn ins Homeoffice. Mit dem strengen Lockdown ist der Autoverkauf verboten. Die Werkstatt aber bleibt geöffnet. „Wir garantieren den Unternehmen, die für die Versorgung der Bürger zuständig sind, auch weiterhin alle erforderlichen Serviceleistungen“, versichert Uta Eisebitt.
Weiter auf der Karriereleiter
Mit vielen Hygienemaßnahmen stellte sich das Autohaus Horn & Seifert GmbH auf die Schutzmaßnahmen ein. Besonders gut kommt bei den Kunden der Hol-und-Bring-Service an. Dass ihr Auto abgeholt und nach der Reparatur desinfiziert zurückgebracht wird, ohne dass sie groß in Kontakt zu den Mitarbeitern der Werkstatt kommen, das wissen längst nicht mehr nur ältere Bürger zu schätzen.
„2020 ist ein schweres Jahr“, sagt Uta Eisebitt. Auf dem über lange Zeit gelegten guten Fundament könne man zwar das Schlimmste abfedern, aber nicht ewig stemmen. Sie und ihre Mitarbeiter hoffen auf den Neustart in 2021. Ob das Autohaus wieder ausbildet, vermochte sie nicht zu sagen. Grundsätzlich ja, doch müsse man schauen, wie die Pandemie sich entwickelt.
Für Markus Zilinsky geht es weiter, in der Karriere. Mit einem Weiterbildungsstipendium möchte sich der junge Mann zum Betriebswirt im Kfz-Handwerk qualifizieren. Darauf freut er sich. Und ebenso darauf, mal wieder die Tischtenniskelle in die Hand zu nehmen. Das hat er seit Ende Oktober nicht mehr getan. Dabei trainiert er seit 15 Jahren zweimal die Woche in Weißwasser, spielt in der 1. Bezirksliga. Doch die Saison war wegen Corona gekippt worden, nachdem sie gerade erst begonnen hatte.