Weißwasser
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Ein guter Rat für die Verteilung der Gelder

Weißwasser ist besonders und soll es bleiben. Entdeckungen und Gedanken zu einer Stadt zwischen den Welten - eine Kolumne von Gregor Schneider.

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Symbolbild © Symbolfoto: dpa

Das Osterfest 2024 ist vorbei, die Nester geplündert, das goldene Ei der Erlösung war vermutlich wieder nicht darin. Noch haben die Lausitzer Städte und Gemeinden im Strukturwandel 14 Osterfeste Zeit zur Hoffnung, dass ein Osterhase den Jackpot doch noch auf ihrer Gemarkung versteckt.

Doch welch edler Mann soll das Gewand des Hasen tragen? Ein Landespolitiker? Beim gütigen Vater, nein! In Dresden ist man viel zu sehr in sich selbst verliebt. Ein Gesandter der Strukturwandelgesellschaft SAS? Fraglich, ob sie kernbetroffene und unbetroffene Regionen auseinanderhalten können. Elon Musk? Der gute Mann macht doch so viel Tolles. Aber denkt er dabei nicht immer zuerst an sich? Dann Daniel Kŕetinsky, Eigentümer der EPH-Gruppe, der zur Hälfte die Leag gehört. Ein Oligarch und einer der reichsten Europäer – der könnte doch mal ein paar goldene Eier in seinen blühenden Tagebaufolgelandschaften auslegen! Doch auch da: Funkstille. Eher das Gegenteil wird hier der Fall sein.

Auf diesem Wege wird das nichts. Hoffnung macht allerdings ein Beispiel aus Österreich. Und, alle haben es geahnt: Natürlich ist es dort kein Mann, sondern eine Frau! Marlene Engelhorn, Nachfahrin von BASF-Gründer Friedrich Engelhorn. Sie kam per Geburt in eine privilegierte Lebenslage und will nun den Großteil ihres Erbes – 25 Millionen Euro – an die Allgemeinheit „rückverteilen“. Dazu wurde ein „Guter Rat für Rückverteilung“ gegründet, der mit 50 Personen besetzt ist, die den Querschnitt der Bevölkerung abbilden sollen. Dieser Bürgerrat soll mit Unterstützung von Experten Ideen entwickeln, wie dieses geerbte Vermögen gerecht verteilt wird.

Das ist eine tolle Sache. Doch nicht immer da, wo man sie bräuchte, sind solche Reichen und Superreichen zu finden, die dann noch eine ethisch-moralische Denke mitbringen, dass – Zitat aus der Webseite guterrat.info - „Vermögen immer aus der Gesellschaft heraus entsteht – nie aus sich selbst“. Die Erbin sieht ihren finanziellen Überschuss schlichtweg besser unter denen aufgeteilt, die es nötiger haben und die etwas – im Gemeinwohlsinne - Sinnvolles damit anfangen. Das ist ehrenwert und könnte eine Vorlage für manch anderen Verteilungsmechanismus hier im Freistaate sein. Es geht um die Frage der Verteilung, und damit letztlich um Macht und Einfluss. Konkret in der Lausitz sind das die Debatten um die heißen Kohlegelder, die Entscheidungsmuster, wie sie verteilt werden und wer über Zukunftsfragen mitbestimmen darf.

Natürlich können wir davon ausgehen, dass solch freiwilliger Aktivismus seitens der Reichen mit der Lupe zu suchen ist und bleibt. Geld strömt nach oben. Aber was kommt von dort zurück von den Musks und Kŕetinskys dieser Welt? Während wir ehrfurchtsvoll die goldenen Kälber anbeten, die uns Giga-Fabriken und –Seen schenken wollen, lauert vielleicht schon hinterm nächsten Osternest eine Lausitzer Erbin (oder Politikerin) mit Herz und Verstand, die „Verteilung“ neu definiert. Denn schließlich, so sagte es schon Louis de Funès: Es spielt keine Rolle, ob Sie Stil, Ruf oder Geld haben; wenn Sie kein gutes Herz haben, sind Sie nichts wert.

Unser Autor Gregor Schneider ist gebürtiger Weißwasseraner und Rückkehrer. Der Stadtplaner begleitet aktiv die Transformation der Heimatregion. Hier äußert er seine privaten Gedanken zum Stadtgeschehen.