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Wer macht im Kirchspiel den leckersten Kochkäse?

Beim Wettbewerb um das Schleifer Nationalgericht wollten sich gleich 23 Teilnehmer die Siegerkrone sichern. Selbst die Organisatoren überraschte das.

Von Constanze Knappe
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Beim 1. Kochkäsewettbewerb in Schleife hatte die Jury zwar eine leckere, aber keineswegs eine leichte Aufgabe. Mittels Verkostung ermittelten Detlef Rölke (li.) sowie Manfred Hermasch und seine Frau die Sieger aus 23 Bewerbern.
Beim 1. Kochkäsewettbewerb in Schleife hatte die Jury zwar eine leckere, aber keineswegs eine leichte Aufgabe. Mittels Verkostung ermittelten Detlef Rölke (li.) sowie Manfred Hermasch und seine Frau die Sieger aus 23 Bewerbern. © Joachim Rehle

Einfach nur lecker. Das war die einhellige Meinung der Jury. Und dieser Aussage schlossen sich alle an, die sich jüngst zur Auswertung des 1. Schleifer Kochkäsewettbewerbs im Sorbischen Kulturzentrum (SKC) eingefunden hatten.

Kochkäse hat in Schleife den Status eines Nationalgerichts. Die Zutaten sind mit Quark, Butter, Eiern, Kümmel und Natron durchaus überschaubar. Es sind alles Dinge, die es einst auf jedem Bauernhof gab, weil sie dort in der Tierhaltung selbst erzeugt oder anschließend selber gemacht wurden. Kein Wunder also, dass der Kochkäse im Schleifer Kirchspiel bei jeder Gelegenheit auf den Tisch kam. Dass jetzt im SKC gleich 23 Schüsseln auf einer langen Tafel standen, ist ein Beleg dafür, wie beliebt der Kochkäse in Schleife und Umgebung bis heute ist.

Ausgegangen sei das Ganze von einer Kräuterwanderung, die immer wieder verschoben werden musste, sagt Domowina-Regionalsprecherin Diana Matiza. Als sie 1992 nach Schleife kam, war das erste, was sie zu essen bekam, Kochkäse, erinnert sie sich schmunzelnd. Als man jetzt nach einem Ersatz für die Wanderung suchte, stand irgendwann die Frage im Raum, warum nicht mal einen Kochkäsewettbewerb veranstalten. Gesagt – getan. Der 1. Schleifer Kochkäsewettbewerb wurde ausgerufen, obwohl zunächst gar nicht absehbar war, wie die Bewohner des Kirchspiels darauf reagieren würden. Zehn Schüsseln hatte Diana Matiza bestellt – in Aussehen, Größe und Farbe vollkommen gleich. Denn bei der Bewertung sollten anhand der Gefäße keinerlei Rückschlüsse auf den jeweiligen Einreicher möglich sein. Für die Teilnahme an dem Wettbewerb konnten sich Interessenten zwischen dem 22. und 29. November jeweils eine Schüssel abholen, die dann mit Kochkäse zu befüllen war. Diana Matiza und Stephanie Bierholdt vom SKC staunten nicht schlecht, denn die Gefäße gingen weg wie warme Semmeln. So mussten noch Schüsseln nachgeordert werden. Am Ende wurden 23 ausgegeben.

Die große Zahl der Teilnehmer hat die beiden Organisatorinnen „schon ziemlich überrascht“, wie sie gestehen. Beteiligt haben sich Einwohner aus Schleife, aus anderen Dörfern des Kirchspiels, ebenso aus Graustein und Gablenz. Sie sind dem mittleren Alter „ab 40 aufwärts“ und älter zuzuordnen. „Man braucht schon ein bissel Lebenserfahrung“, begründet Stephanie Bierholdt. Sie selbst betrachtet Kochkäse als heimelig. „Das ist Zuhausesein“, sagt sie – und ist sich da mit vielen Schleifern einig.

Rezepte in den Familien überliefert

Doch die eigentliche Überraschung sollte noch kommen: die Vielfalt der Kochkäse. Trotz der identischen Grundzutaten und der einheitlichen Vorgabe, 500 Gramm Quark zu verwenden, waren Farbe und Beschaffenheit der eingereichten Kochkäse sehr verschieden. Der Geschmack ebenfalls. Das liegt vor allem daran, dass das Rezept für den Kochkäse in den Familien im übertragenen wie echten Sinne von Mund zu Mund weitergegeben, aber so gut wie nie aufgeschrieben wurde. Stattdessen galt die Faustregel: Pi mal Daumen. Das macht es den Jüngeren heute recht schwer, den Kochkäse wie einst die Oma hinzukriegen. Zudem erfuhr das Rezept über Generationen hinweg hier und da eine Abwandlung, etwa durch die Verwendung von Kräutern.

Der fünfköpfigen Jury stand somit keine leichte Aufgabe bevor: Jedes Mitglied hatte in vier Kategorien jeweils fünf Punkte zu vergeben. Bewertet wurden Aussehen, Konsistenz, Geschmack und, ob es sich um eine traditionelle oder innovative Ausführung handelte. Das bedeutete erst einmal, dass sich die Juroren etwas vom Inhalt jeder Schüssel auf der Zunge zergehen lassen mussten. Die Verkostung zog sich hin, weil sich die Bewerter in dem einen oder anderen Fall nicht so leicht entscheiden konnten. Das spiegelte auch das Ergebnis wieder, nachdem alles zusammengezählt war. Die Punkte lagen ziemlich dicht beieinander. Die drei Erstplatzierten des 1. Schleifer Kochkäsewettbewerbs sind: Marie Berton, Helga Jakubik und das Team der Sportklause. Allesamt aus Schleife, dürfen sie sich über eine kleine Anerkennung freuen. Zur Auswertung des Wettbewerbs war keiner von ihnen zugegen. „Vielleicht haben sie nicht damit gerechnet, unter den Siegern zu sein“, vermutet Stephanie Bierholdt.

Auch Bürgermeister Jörg Funda (CDU) ließ es sich nicht nehmen, von den verschiedenen Kochkäsen zu probieren. Im Gegensatz zu seiner Frau Simone sei ihm das „nicht in die DNA gelegt“, bedauert er fast ein bisschen. Am Ende war der Kochkäsewettbewerb ein weiterer toller Höhepunkt zum Jubiläum 750 Jahre Schleife. Und vor allem sehr lecker. Oder wie es Jörg Funda formuliert: „Eine coole Geschichte mit Augenzwinkern“. Als Gemeindechef freut er sich darüber, wie viele Leute von der Idee begeistert waren.

Ob es mal einen zweiten Wettstreit um den Kochkäse gibt, lassen Diana Matiza und Stephanie Bierholdt offen. Sicher ist hingegen schon, dass es in einem Jahr einen neuen Wettbewerb geben soll. „Dann zu einem anderen Gericht der sorbischen Küche“, so viel verraten sie schon mal.