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Ärztehaus hat für Schleife oberste Priorität

Die Gemeinde hofft mit ihren Plänen für ein Medizinisches Versorgungszentrum auf Gelder aus dem Kohleausstiegstopf. Bis Ende Oktober ist Abgabe.

Von Constanze Knappe
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Die Villa Lehnigk soll zum Herzstück eines Medizinischen Versorgungszentrums in Schleife werden. Seit diesem Jahr gehört das Grundstück Neustädter Straße 1 der Gemeinde. Mit dem Abriss der ehemaligen Bäuerlichen Handelsgenossenschaft (BHG) wurde dort Bauf
Die Villa Lehnigk soll zum Herzstück eines Medizinischen Versorgungszentrums in Schleife werden. Seit diesem Jahr gehört das Grundstück Neustädter Straße 1 der Gemeinde. Mit dem Abriss der ehemaligen Bäuerlichen Handelsgenossenschaft (BHG) wurde dort Bauf © Joachim Rehle

Auf dem Grundstück Neustädter Straße 1 in Schleife soll ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) errichtet werden. Das beschloss der Gemeinderat am Dienstag einstimmig. Zugleich beauftragte er Bürgermeister Jörg Funda (CDU), die dafür erforderlichen Maßnahmen in die Wege zu leiten. Alle vorbereitenden Planungen sollen bis zur Leistungsphase 3 so weit vorangetrieben werden, dass die Gemeinde bis Ende Oktober alle erforderlichen Unterlagen für eine Projektförderung aus dem Kohleausstiegstopf abgeben kann. Ziel sei es, so unterstrich Funda in der Ratssitzung, dass Schleife mit dem Vorhaben in der Frühjahrssitzung des Regionalen Begleitausschusses Lausitz 2023 vertreten ist. „Wir sind auf Förderung angewiesen“, betonte der Bürgermeister erneut. Und das meint ganz klipp und klar die hohe Förderquote nach dem Strukturstärkungsgesetz.

Hausarztversorgung prekär

Ausgangspunkt der Überlegungen war seit langem, auch künftig die hausärztliche Versorgung in der Gemeinde und darüber hinaus im Kirchspiel zu sichern. Das Thema gewann zusätzlich an Brisanz, nachdem Ende April die Halbendorfer Hausärztin Dr. med. Gisela Stiehler nach 52 Dienstjahren in den Ruhestand ging. Da war die Medizinerin selber bereits 77 Jahre alt. Dass nicht alle ihrer Patienten einen anderen Hausarzt fanden, machte ihr das Ziehen des wohl verdienten Schlussstrichs alles andere als leicht. Deshalb hatte sich der – inzwischen selbst im Ruhestand befindliche – Groß Dübener Bürgermeister Helmut Krautz (parteilos) an die Kassenärztliche Vereinigung gewandt. Von dort hatte er zwar ein dreiseitiges Schreiben erhalten, wie er seinerzeit im Gemeinderat erklärte, aber „leider nichts Greifbares“.

Umso intensiver ist man in Schleife an der Idee des Ärztehauses dran. Aber vor 2027 sei mit der Eröffnung keinesfalls zu rechnen. So ehrlich müsse man sein, dämpft Jörg Funda die Erwartungen. Wenn es gelingt, das Projekt erfolgreich durch den Regionalen Begleitausschuss zu bringen, folgt „die Tippeltappeltour“ durch alle Behörden, die an Genehmigung und Finanzierung beteiligt sind, was etwa ein Jahr dauert. Mitte 2024 könnten die Ausschreibungen vorbereitet werden, der Bau frühestens Mitte 2025 beginnen. „Aber da müssen auch alle Zahnräder ineinandergreifen“, ist sich Jörg Funda bewusst. Dennoch ist er überzeugt davon, dass es gelingt. „Unsere Begründung wird so gut sein, dass wir nicht unten auf der Prioritätenliste stehen“, erklärt er auf Nachfrage von TAGEBLATT. Für Schleife hat das Thema angesichts der mittlerweile prekären Hausarztversorgung im Nordkreis jedenfalls oberste Priorität.

Dass man ein ähnliches Projekt in Boxberg trotz sehr guter und von Experten begleiteter Vorbereitung „von oben“ mit der Forderung abgeschmettert hat, dass die Boxberger erst mal den Bedarf an Ärzten nachweisen müssten, findet der Schleifer Bürgermeister wie zuvor schon sein Boxberger Amtskollege Hendryk Balko (WV Boxberg) reichlich unverschämt. Für Funda gibt es deshalb nur eine Schlussfolgerung: „Wir müssen es wagen und mit einem qualitativ hochwertigen Projekt um die Ecke kommen“. So ähnlich äußerte er sich auch am Dienstag im Gemeinderat.

An Gemeindeschwester gedacht

Die hausärztliche Versorgung ist als wesentlicher Schwerpunkt im Dorfentwicklungskonzept von Schleife festgeschrieben. Mit einer Absichtserklärung hatten die Räte im April beschlossen, die Villa Lehnigk auf dem Grundstück Neustädter Straße 1 zu einem Medizinischen Versorgungszentrum auszubauen. Anfangs war die Rede von zwei Arztpraxen, Physio- und Ergotherapie. Inzwischen ist ebenso das Thema einer Gemeindeschwester angedacht, würden auch Möglichkeiten für Telemedizin in die Betrachtungen einbezogen. Zudem sei man mit der Schleifer Allgemeinmedizinerin Petra Rudtsch im Gespräch.

Erste Eckpunkte zu dem MVZ hatte der Cottbuser Architekt Ulrich Weineck im September im Technischen Ausschuss des Gemeinderats vorgestellt. Nach einem bis dahin bereits intensiven Abstimmungsprozess, an dem auch die Entwicklungsgesellschaft Niederschlesische Oberlausitz mbH (Eno) beteiligt ist, wartete der Planer „mit Vorschlägen in hohen Qualität“ auf. „So konkret wie nötig, aber so flexibel wie möglich“ sei dabei der Grundsatz, um den Nutzern Freiräume zu lassen.

Auch mit Betreibern im Gespräch

Offen ist beispielsweise die Frage, ob die Praxen durch niedergelassene Mediziner betrieben oder durch angestellte Ärzte geführt werden. Das werde sich nach den Vorstellungen der Interessenten richten. Die Gemeinde Schleife fährt deshalb zweigleisig. Anhand diverser Betreibermodelle habe es auch Gespräche mit möglichen Betreibern gegeben. Diese Zweigleisigkeit mache die Planungen allerdings deutlich anspruchsvoller, hieß es.

„Wir sind in einem sehr frühen Planungsstadium und können deshalb noch nichts zu den Kosten sagen“, betonte Bauamtsleiter Steffen Seidlich im Gemeinderat. Und auch der Bürgermeister wollte sich gegenüber TAGEBLATT nicht auf eine Summe festlegen lassen. Denn allen Beteiligten ist bewusst, dass es für die Fachplaner von Heizung, Lüftung und Sanitär angesichts der Entwicklungen auf dem Markt schwer sei, die Leistungen einzupreisen. Allerdings werden genau diese Angaben für den Projektantrag benötigt. „Es wird sportlich“, so Funda am Dienstag. Sobald die Unterlagen eingereicht sind, soll das Projekt den Bürgern vorgestellt werden. Und natürlich werde dann im Hintergrund auch weiter daran gearbeitet.