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Auf Tuchfühlung im Badepark

Das Straßentheaterfestival ViaThea gastiert am 10. Juli im Hermannsbad des Muskauer Parks. So nahe kommt man Künstlern sonst nicht.

Von Constanze Knappe
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Beim 2. ViaThea im Badepark Bad Muskau erwies sich Elisa Salamanca als ein echtes Nachtschattengewächs.
Beim 2. ViaThea im Badepark Bad Muskau erwies sich Elisa Salamanca als ein echtes Nachtschattengewächs. © Rolf Ullmann

Erinnern Sie sich noch an Nadelarbeit? Das sollten Sie womöglich, wenn Sie mitten in Bad Muskau zum Stricken angehalten werden. Selbstverständlich wird am Ende nachgemessen, wie lang die Strickbahn geworden ist. Wer jedoch mit den Nadeln so gar nichts am Hut hat, der kann sich gerne in alpenländischer Manier auf Skier stellen. Mitten im Hochsommer.

Mime Minimale und This Maag (beide Schweiz) sind als zwei von neun Acts am 10. Juli ab 12 Uhr im Hermannsbad des Muskauer Parks zu erleben. Das Ganze ist Teil des Straßentheaterfestival ViaThea. Das findet bereits zum 26. Male statt und macht vom 7. bis 9. Juli ganz Görlitz zur Bühne. Am Sonntag begeben sich einige der insgesamt 27 Gruppen aus 15 Ländern in die Kur- und Parkstadt Bad Muskau, wo ViaThea erneut gastiert. „Für die Künstler ist es ein schöner Effekt, noch einen vierten Auftrittstag zu haben“, weiß Projektleiterin Christiane Hoffmann vom Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau.

Ohne Eintritt und Zäune

Fürs Straßentheater spricht, dass es weder Eintrittsgelder noch irgendwelche Zäune ringsherum gibt. Man kann nach Belieben kommen und gehen, schauen und staunen. Insofern ist das Festival ViaThea wie gemacht für die Region – als „ein niedrigschwelliges Kulturangebot auf dem platten Land“, wie es Cord Panning bezeichnet. „Aber es kommt nicht x-beliebig daher“, betont der Direktor vom Fürst-Pückler-Park Bad Muskau. Das liege an der Qualität der Künstler und ebenso am Veranstaltungsort im Hermannsbad. Schmunzelnd meint er, dass man dafür eigentlich den Namen von ViaThea ändern müsste, denn eine Via, also Straße, gebe es da nicht, dafür den tollen Badepark. Und von diesem kann Christiane Hoffmann gar nicht genug bekommen. „Hier kann man chillig im Liegestuhl den Künstlern zuschauen, was im Straßenraum von Görlitz nicht geht“, begründet sie.

Banda Internationale & Communale ist eine Blechbläsertruppe aus Dresden, die mit ihrer Musik zur Verständigung zwischen neuen und alteingesessenen Sachsen, Deutschen und Europäern beitragen und natürlich auch unterhalten möchte.
Banda Internationale & Communale ist eine Blechbläsertruppe aus Dresden, die mit ihrer Musik zur Verständigung zwischen neuen und alteingesessenen Sachsen, Deutschen und Europäern beitragen und natürlich auch unterhalten möchte. © Moritz Schlieb

Für die ViaThea-Managerin fühlt es sich „gerade richtig gut an“, wie sie sagt. Nachdem sie wegen der Corona-Pandemie für ein Jahr lang allen Künstlern absagen musste, sei es toll, wieder durch den Park zu gehen und nach neuen Spielstätten zu schauen. 2019 hätten schätzungsweise 40.000 bis 45.000 Zuschauer in Görlitz das Festival miterlebt, seien Straßen und Plätze in der Stadt voll gewesen, weil an vielen Orten gleichzeitig gespielt wurde. Auch in Bad Muskau war es voll, erlebten um 1.000 Leute das Festival mit. Und dann kam Corona.

Durch die Pandemie ist die Arbeit im Pückler-Park „arg durcheinandergerüttelt“ worden. Jetzt versuche man, „wieder stimulierend in die Kultur einzugreifen“, sagt Cord Panning. Mit einem Plan B auf der Bühne des Kavalierhauses gab es zwar 2021 ein abgespecktes ViaThea und damit einen Neustart für die Kultur im Park. Doch es habe etwas gefehlt. Darin ist er sich mit Christiane Hoffmann einig.
Noch etwas improvisiert wird auch 2022. Eigentlich sollten Musikpavillon und Badehaus im Hermannsbad schon fertig sein. Dass dem nicht so ist und es noch ein bisschen ruckelt, dafür bittet der Parkdirektor um Verständnis. Die gute Laune werde das aber Niemandem verderben.

Höherer Stellenwert: ist erwünscht

In diesem Jahr steht Via Thea unter dem Motto „Tuchfühlung“. Es sei ein Sinnbild dafür, sich in schweren Zeiten die Hände zu reichen, sagt die Projektleiterin. Und natürlich gehen die Künstler, wie es dem Straßentheater zu eigen ist, in verschiedenen Genres mit den Zuschauern auf Tuchfühlung. Einige machen es ganz gezielt, andere lassen sich treiben. „Straßentheater versteht man ohne Worte. Gestik, Mimik, Musik und tolle Gewänder beziehen das Publikum in die Geschichten ein“, so Christiane Hoffmann. Als Beispiel nennt sie Delinus aus den Niederlanden „mit dem kleinsten Taxi ever“. Sie selber freut sich besonders auf Banda Internationale & Communale, eine internationale Brassband aus Dresden, die versucht Heimatmusik neu zu interpretieren und damit Herzen zu öffnen.

„Straßentheater ist Kunst im öffentlichen Raum“, betont die Theaterfrau. In Frankreich werde dies wie institutionelles Theater gefördert. Dass es auch hierzulande einen anderen Stellenwert kriegt, würden sich die Veranstalter von Via Thea sehr wünschen. In Deutschland finanziert sich Straßentheater hauptsächlich aus Eigenmitteln, weshalb man auf die Unterstützung durch Sponsoren angewiesen sei. Mit dem Kauf eines Programmhefts für fünf Euro tragen Besucher zur Finanzierung bei. Gedruckt wurde es in einer Auflage von 5.000 Exemplaren. Erhältlich ist das Heft bei der Tourist-Information in Bad Muskau sowie bei den Stadtwerken in Weißwasser, die das Festival ViaTheaerneut fördern.

Mit dem Dampfzug hin

Bei der Waldeisenbahn Muskau (WEM) freut man sich ebenfalls, dass ViaThea im Badepark Bestand hat. Die WEM setzt an dem 10. Juli einen historischen Dampfzug als zusätzlichen Zubringer von Weißwasser nach Bad Muskau ein, der außerdem durch den Bergpark nach Krauschwitz fährt. Die „quietschorange“ Lok gibt es nach den Worten von WEM-Chef Volker Lichnok deutschlandweit nur einmal.

Um das leibliche Wohl kümmern sich der Förderverein des Muskauer Parks mit Bratwurst und Getränken und der Historikverein mit Kaffee und Kuchen. Zum Parken werden alle öffentlichen Parkplätze im Stadtgebiet zur Verfügung stehen und nach Aussage von Bürgermeister Thomas Krahl (CDU) extra gekennzeichnet sein.

Via Thea in Bad Muskau: am 10. Juli von 12 bis 17 Uhr im Hermannsbad mit This Maag, Mime Minimale (beide Schweiz), Circus Zanzara (Niederlande), Banda Internationale & Communale (Deutschland), Theatr Akt (Polen), La Compagnie d‘ Ailleurs (Frankreich), Delinus (Niederlande) und Silke Schirok (Deutschland). Eintritt ist frei.

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