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Das Beste aus 90 Jahren

Einprägsam und lebendig bleibt die Geschichte des Jahnbades in Weißwasser – dank eines Wandbilds von Frank Stein.

Von Constanze Knappe
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Der Grafiker Frank Stein gestaltet die Fassade am Jahnbad in Weißwasser.
Der Grafiker Frank Stein gestaltet die Fassade am Jahnbad in Weißwasser. © Joachim Rehle

Seit 90 Jahren gibt es das Jahnbad in Weißwasser. Gefeiert wurde das Jubiläum in diesem Jahr aber nicht. Denn das Naturbad ist seit mehreren Monaten eine Baustelle, ein großes Fest damit unmöglich. Bis Jahresende soll es flott gemacht werden – für die Zukunft und die Bürger der Stadt. In diesem Zuge wird die Geschichte des Jahnbades wieder lebendig – auf schätzungsweise zehn mal 2,50 Meter. So groß ist jenes Wandbild, welches Frank Stein mit der Sprühpistole an die Außenwand des verbliebenen Gebäudes aufbringt.

Der alte Steg im Jahnbad ist inzwischen abgerissen. An ihn und andere Details aus den letzten 90 Jahren erinnert das neue Wandbild am Eingang des Naturbades.
Der alte Steg im Jahnbad ist inzwischen abgerissen. An ihn und andere Details aus den letzten 90 Jahren erinnert das neue Wandbild am Eingang des Naturbades. © Constanze Knappe

Auf dem Teich fuhr mal ein Raddampfer

Die jüngeren Weißwasseraner werden sich kaum vorstellen können, dass auf dem Teich sogar mal ein Raddampfer fuhr. Jener Dampfer, aber auch der alte und im Zuge der Sanierung vor Wochen weggerissene Steg aus den Vierzigern, die Paddelboote aus den Sechzigern – all das soll in Erinnerung bleiben. Am besten in Verbindung mit Turnvater Jahn, dessen Namen die Einrichtung ja nicht zufällig trägt. So jedenfalls stellt es sich der Grafiker Frank Stein aus Schleife vor. Ganz offenbar traf er damit den Nerv der Stadtväter in Weißwasser – der Verwaltung wie auch der Räte im Bau- und Wirtschaftsausschuss. Unter mehreren Bewerbern bekam er den Auftrag für die Fassadengestaltung. Eigentlich, so sagt er, sollte das Bild längst an der Wand dran sein. Doch habe es mit deren Vorbereitung etwas länger gedauert.

Am Computer setzte Frank Stein zunächst die historischen Bilder zu einer Szene zusammen und ergänzte sie mit dem Schriftzug „90 Jahre Jahnbad 1930 – 2020“. Danach war eine Skizze als grober Umriss auf den Putz aufzubringen und anschließend das Ganze auszumalen. Das passiert mit der Airbrushpistole, die auch als Luftpinsel bezeichnet wird. Die hellgelbe Fassade ist nun mit braunen, grauen und leicht grünen Naturtönen bedeckt. In derart dezenten Farben wirkt das Wandbild „nicht laut und kitschig“, wie Frank Stein findet, dafür ansprechend und einprägsam. Eine Tafel an dem gleich nebenan neu aufgestellten Sanitärcontainer wird Informationen zu den Szenen des Wandbildes liefern.

Kunststudium an einer Privatschule

Gemalt hat der gebürtige Schleifer schon während der Schulzeit. Irgendwann legte er aber die Pinsel beiseite und ging anderen Interessen nach, erzählt er schmunzelnd. Dem Showtanz zum Beispiel.

Zum Airbrush kam er 1991, als er zum ersten Mal Bilder in dieser Technik sah. Die hätten ihn so fasziniert, dass er es selbst probierte. In einem Kunststudium an einer Privatschule vervollkommnete er seine Fähigkeiten. Schon zu DDR-Zeiten wollte Frank Stein an die Kunsthochschule nach Dresden. Seinerzeit blieb ihm das jedoch verwehrt. So lernte er das Handwerk eines Graveurs in der Glasindustrie. Mit Malen hatte er da aber schon komplett aufgehört. Durch die Arbeit mit dem Luftpinsel hat er das Malen für sich neu entdeckt. Er selber sieht sich nicht als Airbrusher. Dafür gebe es eine spezielle Szene. Er aber möchte nicht auf die Pistole reduziert werden. „Mit Airbrush kann man bestimmte Effekte erzielen, aber Malen ist eben noch viel mehr“, begründet der 50-Jährige. Er malt für private und öffentliche Auftraggeber, arbeitet für Firmen und im Internet.

Malkurse auf Eis gelegt

In einem Ganztagsangebot hat er mit Oberschülern in Krauschwitz mit Tablet und Stift digitale Maltechniken ausprobiert und war überrascht, wie kreativ die Schüler sind. Wegen der tollen Ergebnisse möchte er das Angebot weiter ausbauen und auch andere Schüler in Digitalkunst fördern. In Krauschwitz soll der Kurs fortgesetzt werden. Auch im deutsch-sorbischen Schulzentrum in Schleife sei es denkbar, weiß Frank Stein aus ersten Vorgesprächen. Es liege, so hat er festgestellt, „jedoch immer daran, wie groß das Interesse der Lehrer dafür ist“. Er würde gerne einen Kurs für Lehrer in Digitalkunst anbieten. Nachgedacht hat er darüber schon eine ganze Weile.

Doch da kam Corona dazwischen. Die Auswirkungen der Pandemie haben dem freien Grafiker und Künstler ziemlich zugesetzt. Zum Teil lebt er davon, seine Kunst auf Stadt- und anderen Festen zu verkaufen. Doch seit März waren jegliche Veranstaltungen dieser Art weggebrochen. Auch die Kunstkurse in mehreren Schulen fanden von einem Tag auf den anderen nicht mehr statt. „Da fragt man sich schon, wie es weitergeht“, sagt Frank Stein nachdenklich. Er kenne etliche Künstler, die in dieser Zeit gar nichts zu tun hatten. Da habe er noch Glück gehabt. Von Kunden, für die er schon früher gearbeitet hatte, bekam er auch jetzt Aufträge zum Bemalen von Wänden oder Fahrzeugen. „Das hat es ein bisschen einfacher gemacht, über die Zeit zu kommen“, sagt Frank Stein und man merkt ihm an, wie froh er darüber ist.

Ausstellung in Forst

Zwar wurden die Corona-Vorschriften in Sachsen gelockert, doch für die Künstler ist noch längst nicht wieder alles beim Alten. Und auch seine Kunstkurse zum digitalen Malen liegen als außerschulische Angebote auf Eis. Dabei habe die Corona-Krise mehr als deutlich gemacht, wie nötig es ist, dass Schüler mit digitalen Medien arbeiten.

Aktuell stellt Frank Stein zusammen mit dem Schleifer Thomas Schwarz im Rosengarten in Forst aus. Stein zeigt spezielle Fotos, deren Untergrund metallisch wirkt. Das harmoniere sehr mit den Skulpturen des Holzkünstlers. Ohnehin kenne man sich aus dem Schleifer Kunstverein. Bis 27. September ist die Ausstellung zu sehen. Es soll auch noch einen Workshop geben. Da niemand wisse, wie sich das mit den Großveranstaltungen entwickelt, setze er „jetzt mehr auf kleine Sachen“, so Frank Stein. Dass er im Gästebuch in Forst viel Zuspruch erhält, macht ihm Hoffnung.

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