Weißwasser
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Lebensmittel retten statt wegwerfen

In Weißwasser gibt es dafür jetzt einen Ableger einer internationalen Initiative. Firmen können sich melden und mitmachen.

Von Marcel Pochanke
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Hier funktioniert Foodsharing schon länger: Blick in eine Kiste mit vor dem Wegwerfen geretteten Lebensmiteln in Bautzen.
Hier funktioniert Foodsharing schon länger: Blick in eine Kiste mit vor dem Wegwerfen geretteten Lebensmiteln in Bautzen. © SZ/Uwe Soeder

Studien gehen davon aus, dass bis zu einem Drittel aller Lebensmittel auf ihrem Weg vom Feld zum Teller verschwendet werden. Das berichtet Friederike Böttcher, Vorsitzende des Vereins „Eine Spinnerei“ in Neustadt/Spree. Um das zu ändern, gibt es die Initiative Foodsharing, zu Deutsch Lebensmittel teilen. Diese hat seit Kurzem auch einen Ableger in Weißwasser, wo sich Ehrenamtliche für mehr Wertschätzung von Lebensmitteln und gegen deren Verschwendung einsetzen.

„Wir wissen, dass natürlich auch in Weißwasser viele Lebensmittel bei Märkten und Läden in der Mülltonne landen“, sagt Adrian Rinnert, Mitgründer und verantwortlicher Botschafter des neuen Foodsharing-Bezirks.

Eine Frage der Einstellung

„Es ist oft so, dass diejenigen, die die Lebensmittel wegwerfen, sich Möglichkeiten wünschen, diese weitergeben zu können. Sie sind aber leider der Wirtschaftlichkeit unterworfen und haben wenig Spielraum. Hier möchten wir ein attraktives Angebot machen.“ Die Idee sei gut durchdacht und werde deutschlandweit schon vielerorts praktiziert.

Es funktioniert so, dass Betriebe mit den Personen, die ehrenamtlich Lebensmittel retten wollen, Abholtermine vereinbaren, erläutert Friederike Böttcher. Grundsätzlich können Lebensmittel, welche die Anforderungen für den Verkauf nicht mehr erfüllen, weil sie zum Beispiel das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben, trotzdem noch weiter genutzt werden.

„Abgelaufene Lebensmittel sind häufig nicht schlecht oder ungenießbar. Hier geht es eher um eine Haftungsfrage“, sagt Rinnert und führt aus: „Wer über Foodsharing gerettete Lebensmittel verwendet, erklärt vorher, die Verantwortung dafür selbst zu übernehmen. Für die Beurteilung der Lebensmittel gibt es klare Regeln. Nichts wird der Unkenntnis überlassen.“

Um dies zu gewährleisten, gibt es Lernformate und Prüfungen, in denen wichtiges Wissen sowohl im Theoretischen als auch im Praktischen beigebracht wird, bevor man bei Foodsharing aktiv werden darf. Jeder, der dann an geretteten Lebensmitteln Interesse hat und bereit ist, verantwortungsvoll damit umzugehen, kann diese Bildungsangebote nutzen.

Rechtliche Kenntnisse sind wichtig

Damit beim Foodsharing alles rund läuft, braucht es aber auch einige Grundvoraussetzungen. Hier ermögliche der Verein „Eine Spinnerei – vom nachhaltigen Leben“ wichtige Unterstützung, sagt Friederike Böttcher. So stehen für Abholungen ein Lastenfahrrad als auch die „SpinnRäder“ (elektro-unterstützte Kabinenfahrräder) des Vereins in Weißwasser zur Verfügung. „Wir haben großes Interesse daran, dass sich Foodsharing in Weißwasser etabliert“, sagt sie. „Und weil wir die Fahrzeuge wegen der Kooperation mit der Freien Alternativschule (FAS) Weißwasser ohnehin dauerhaft in Weißwasser unterbringen möchten, bot sich dies an dieser Stelle trefflich an.“
Der Verein mache Nägel mit Köpfen und hat in Zusammenarbeit mit Privatpersonen und dem Stromanbieter Green Planet Energy eine vereinseigene Photovoltaikanlage in Weißwasser realisiert. Diese ermögliche nun, dass die Akkus der Fahrzeuge mit Solarstrom betankt werden können, führt Friederike Böttcher aus.

Aber nicht nur an den über Foodsharing geretteten Lebensmitteln gibt es Interesse. Die FAS Weißwasser findet die Idee von Foodsharing in Weißwasser sehr ansprechend. „Wir finden die Hintergründe und die erfahrbare Nähe des Ganzen spannend“ so Ursula Eichendorff, Schulleiterin der Grundschule: „Was bringt es, wenn wir Kindern im Kleinen beibringen, dass man Essen nicht wegwirft und im Großen und Ganzen aber genau diese Verschwendung jeden Tag passiert?“

Fürs Abholen der Lebensmittel stehen auch die „SpinnRäder“ (elektro-unterstützte Kabinenfahrräder) des Vereins in Weißwasser zur Verfügung.
Fürs Abholen der Lebensmittel stehen auch die „SpinnRäder“ (elektro-unterstützte Kabinenfahrräder) des Vereins in Weißwasser zur Verfügung. © PR


Deswegen wünscht sie sich Bildungsformate gemeinsam mit den Foodsharern, bei denen Kinder erfahren und sehen können, was alles weggeworfen wird, aber auch, was man tun kann, um hier etwas zu verändern. „Ich bekomme bereits jetzt positive Rückmeldungen aus den Familien der Kinder, die die Idee toll finden und Interesse haben, bei Foodsharing mitzuwirken. Erfahrungen, die Kinder mit ihren Eltern machen, gehören zu den intensivsten Eindrücken und Lernimpulsen von Kindern. Ich glaube, dass Foodsharing hier viel bewegen kann“, so Ursula Eichendorff weiter.

Die Idee wird auch von anderen Seiten begrüßt und unterstützt. „Wir müssen endlich ins Handeln kommen, anstatt darauf zu warten, dass die Politik bei allem vorangeht“, sagt Christian Hoffmann, Vorsitzender der Nabu-Gruppe Weißwasser.

„Lebensmittelverschwendung zieht letztlich riesige Umweltzerstörungen nach sich, und wir als Naturschützer sind immer froh, wenn die Probleme konstruktiv angegangen werden, anstatt sich an den traurigen Fehlentwicklungen abzukämpfen.“
„Damit Foodsharing in Weißwasser nun erfolgreich umgesetzt werden kann, braucht es erste Kooperationen mit Betrieben und Unternehmen, die bereit sind, mit den Lebensmittelrettern zusammenzuarbeiten“, wirbt Friederike Böttcher um Interessenten. Bisher habe man in der Stadt gute Erfahrungen mit anderen Akteuren gemacht. „Die Stadtverwaltung Weißwasser zeigt immer Offenheit und guten Willen, wenn es darum geht, vielversprechende Ideen und Lösungsvorschläge umzusetzen“, betont die Vereinsvorsitzende.

An einer Kooperation interessierte Betriebe und Unternehmen können sich an den Botschafter des Foodsharing-Bezirks Weißwasser, Adrian Rinnert, wenden:
[email protected]

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