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Schleife hat jetzt einen Finanzplan

Im Vorjahr war das nicht der Fall. Zwar könne man mit dem Beschluss jetzt wieder vernünftig arbeiten, doch die Frage nach mehr Einnahmen bleibt auch weiter eine Herausforderung.

Von Constanze Knappe
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Für den Haushaltsbeschluss war eine Sondersitzung des Gemeinderates einberufen. Dazu traf man sich im neugebauten Dorfgemeinschaftshaus am Umsiedlungsstandort Mühlrose, der jetzt ein Ortsteil der Gemeinde Schleife ist.
Für den Haushaltsbeschluss war eine Sondersitzung des Gemeinderates einberufen. Dazu traf man sich im neugebauten Dorfgemeinschaftshaus am Umsiedlungsstandort Mühlrose, der jetzt ein Ortsteil der Gemeinde Schleife ist. © Constanze Knappe

Dunkle Wolken hatte Kämmerin Dana Piehl als Sinnbild für die aktuelle Situation der Gemeinde Schleife gewählt. Aus gutem Grund: Mehr als die Hälfte aller sächsischen Kommunen hat eine kritische oder nichtstimmige Haushaltslage, wie sie sagte. Schleife gehört dazu. 2023 agierte die Gemeinde ohne Haushalt – wie vier andere Kommunen im Landkreis Görlitz. Umso größer ist die Erleichterung jetzt. In einer Sondersitzung beschloss der Gemeinderat den Haushalt 2024. Einstimmig. Das bedeutet Licht am Ende des Tunnels, die dunklen Wolken aber bleiben. Zwar fließen noch Gelder, etwa im Zusammenhang mit der Umsiedlung von Mühlrose, was jetzt ein Ortsteil der Gemeinde Schleife ist, dennoch seien die Aussichten für die nächsten Jahre nach Aussage der Kämmerin „nicht gerade vielversprechend“.

Für 2024 weist der Ergebnishaushalt ein Defizit von 72.000 Euro auf, der Finanzhaushalt von 380.000 Euro. Die Löcher können durch Verrechnung mit dem Basiskapital gestopft werden, weshalb der Haushalt als ausgeglichen gilt. Für 2025 wird ein deutlicher Überschuss erwartet, damit müsse allerdings das nicht unerhebliche Finanzloch aus dem Vorjahr gestopft werden. In der Folge geht die Kämmerin wiederum von Defiziten aus. Die Rechtsaufsicht muss den Haushalt noch genehmigen, aber der Beschluss bietet zumindest schon mal die Grundlage, „nun wieder vernünftig arbeiten zu können“, wie es Bürgermeister Jörg Funda (CDU) formulierte. Die vorläufige Haushaltführung 2023 war mit erheblichen Einschränkungen verbunden.

Alles in allem will die Gemeinde Schleife in diesem Jahr 8,5 Millionen Euro investieren – in ihre Großprojekte Ärztehaus, Feuerwehr, Kita Rohne, die ÖPNV-Verknüpfungsstelle mit vier Bussteigen in Schleife, den weiteren Breitbandausbau sowie den siebten Bauabschnitt der zentralen Abwasserentsorgung. 7,5 Millionen Euro gibt es dafür aus Fördertöpfen. Ergänzend zum Entwurf wurde eine zusätzliche Investition von 32.000 Euro aufgenommen. Dafür soll auf dem Verwaltungsgebäude eine Photovoltaikanlage installiert werden. „Eigenmittel braucht die Gemeinde dafür nicht“, so der Bürgermeister. Das Geld stammt aus einem Klimafonds. Die daraus im Vorjahr verteilten Fördermittel hatte der Kreis Görlitz für sich genutzt, 2024 werden die Gelder an die Kommunen weitergereicht.

Für den Neubau des Gerätehauses der Freiwilligen Feuerwehr in Schleife sind in diesem Jahr 1,8 Millionen Euro veranschlagt, davon 128.900 Euro als Eigenmittel aufzubringen. Mario Klar (CDU) wollte angesichts zusätzlicher Ausgaben wissen, ob es „zu Ende gerechnet“ oder mit weiteren Kosten zu rechnen sei. „Mit allen uns bekannten Mehrkosten haben wir uns an den Fördermittelgeber gewandt, so dass auf die Gemeinde keine weiteren Kosten zukommen“, erklärte Bauamtsleiter Steffen Seidlich. Über den bewilligten Nachschlag an Fördermitteln hatte er bereits in der regulären Ratssitzung informiert. Er sehe „keine Punkte, wo noch signifikante Mehrkosten entstehen könnten“, sagte er.

Der Ersatzneubau der Kita in Rohne nähere sich mit knapp 2,9 Millionen Euro beinahe den Gesamtkosten beim Feuerwehrbau in Schleife. „Wir können froh sein, das gefördert zu bekommen“, so Funda.

Mit bisher geplanten Kosten von 5,1 Millionen Euro ist der Bau eines Medizinischen Versorgungszentrums das größte Investitionsvorhaben der Gemeinde – und aus vielerlei Gründen anspruchsvoll. Nicht nur wegen der Herausforderung, mit diesem Strukturwandelprojekt bis 2026 fertig sein zu müssen. Bis 1. April müsste die Gemeinde den qualifizierten Fördermittelantrag stellen. Es sei aber bei Behörden und der Sächsischen Aufbaubank angezeigt, dass es später wird, informierte Funda. Drei Monate später sei mit dem Bewilligungsbescheid zu rechnen. Statt 90 Prozent könnte es sogar 92,5 Prozent Förderung geben. Knackpunkt dabei ist jedoch, dass die Gemeinde in Vorkasse gehen muss. Und das bereitet einigen Räten Bauchschmerzen. So befürchtet beispielsweise Wolfgang Goldstein (WV SV Lok Schleife), „am Ende womöglich mit einem riesigen Finanzloch dazustehen“. Bürgermeister Jörg Funda hingegen ist zuversichtlich. Denn mit diesem Problem stünde Schleife nicht alleine da. Zudem habe die Gemeinde bei Antragstellung geordnete Finanzen. „Und nach allen Signalen, die wir bisher erhalten, kriegen wir auch das Geld“, erklärte er.

Öfter auch Chancen diskutieren

Weitere Vorhaben sind beispielsweise die Ertüchtigung der Brandmeldeanlage im SKC, der Bau des Schulradwegs von Schleife nach Groß Düben, die Erneuerung der Straßenbeleuchtung in Rohne, Anschaffung neuer Technik für den Bauhof, die Instandsetzung von Straßen sowie die weitere Digitalisierung der Verwaltung. Matthias Rohne (CDU) vermisste die jedes Jahr vorgesehenen 5.000 Euro für die zweisprachige Beschilderung. Die Ausgabe zur Sichtbarmachung der sorbischen Sprache sei im Haushalt eingestellt, gehöre aber nicht zu den Investitionen, stellte daraufhin die Kämmerin klar.

Zur Finanzierung plant die Gemeinde Schleife Kreditaufnahmen von 535.000 Euro in diesem und weiteren 2,18 Millionen Euro im nächsten Jahr. Die Hebesätze der gemeindlichen Steuern werden angepasst: Die Grundsteuer A steigt von 307,50 auf 315 Prozent, die Grundsteuer B von 420 auf 435 Euro, die Gewerbesteuer bleibt unverändert bei 390 Prozent. Bei aktuell 2.434 Einwohnern hat die Gemeinde Schleife einen Schuldenstand von 1.025 Euro pro Kopf. Er steigt bis 2025 sogar auf 1.992 Euro je Einwohner, was allerdings durch die Vorfinanzierung des Strukturwandelprojekts bedingt ist. 2026 soll die Verschuldung dann auf 867 Euro pro Kopf sinken.

Aktuell beschäftigt die Gemeinde 57 Leute in Voll- und Teilzeit, davon 18 in der Kernverwaltung. Bürgermeister Jörg Funda ist froh, „dass die haushaltslose Zeit überstanden wurde“. Allerdings drehe sich die Welt immer schneller, sei das Personalkonzept „eine riesige Herausforderung“, um auch künftig den Aufgaben gerecht werden zu können. „Als wir keinen Haushalt hatten, wurde jeder Euro dreimal umgedreht. Aber auch jetzt müssen wir genau auf die Kostenseite gucken“, sagte er und benannte die Nachfinanzierung für den Abwasserbau als Beispiel.

Dass die Gemeinde mehr Einnahmen braucht, darüber war man sich in der Sondersitzung des Rates schnell einig. „Die Kommunalfinanzen in Deutschland sind eine Katastrophe“, meinte Thomas Schwarz (CDU). Da stünden Probleme an, die in Schleife nicht zu lösen sind, meinte er. Und, dass ihm die Chancen des Strukturwandels zu wenig rauskommen. Nach Ansicht von Mario Klar bräuchte die Gemeinde da „jeden klugen Kopf, um vielleicht doch was zu machen“. Nicht bloß im Hinblick auf Erneuerbare Energien oder die Beibehaltung des Standesamtsbezirkes sollte man sich in der Gemeinde „öfter trauen, auch Chancen zu diskutieren und nicht gleich von vornherein abzulehnen“, betonte Jörg Funda. Kämmerin Dana Piehl gab zu bedenken, dass in den vergangenen Jahren in Schleife viele freiwillige Sachen bezahlt wurden, die es in anderen Kommunen schon lange nicht mehr gibt. „Wir haben eine super Infrastruktur und werden zu tun haben, die zu erhalten“, sagte sie. Insofern seien die dunklen Wolken noch lange nicht beiseite geschoben.