Weißwasser
Merken

Was bringt die Zukunft am Tagebau-Restloch?

Die Evangelische Kirchengemeinde Schleife lud zum Dorfgespräch mit einem Sprecher der Grünen Liga ein.

Von Andreas Kirschke
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
René Schuster, Mitglied im Braunkohlen-Ausschuss des Landes Brandenburg und Sprecher der Grünen Liga Netzwerk ökologischer Bewegungen, hielt den einführenden Impulsvortrag. Danach stand er Rede und Antwort.
René Schuster, Mitglied im Braunkohlen-Ausschuss des Landes Brandenburg und Sprecher der Grünen Liga Netzwerk ökologischer Bewegungen, hielt den einführenden Impulsvortrag. Danach stand er Rede und Antwort. © Andreas Kirschke

Schleife. Zum Braunkohlen-Tagebau Nochten im Kirchspiel Schleife gibt es noch etliche offene Fragen. Dies unterstrich René Schuster, Mitglied im Braunkohlen-Ausschuss des Landes Brandenburg und Sprecher der Grünen Liga Netzwerk ökologischer Bewegungen, am vergangenen Mittwoch in Schleife. Die Evangelische Kirchengemeinde hatte zum Dorfgespräch mit ihm eingeladen. „Was bringt die Zukunft am Tagebau-Restloch?“ hieß das Thema. Rund 20 Einwohner und Interessierte kamen in die Begegnungsstätte. „Noch offen ist die Überarbeitung des Braunkohlenplans. Ebenso offen sind das Grundabtretungsverfahren zur Enteignung privaten Waldes ab 2026, die Verlängerung des Hauptbetriebsplanes ab 2026, die Verlängerung des Rahmenbetriebsplanes ab 2027 und die wasserrechtliche Erlaubnis ab 2027. Der neue Rahmenbetriebsplan für das Sonderfeld Mühlrose ab 2030 ist noch gar nicht beantragt“, erläuterte René Schuster und verdeutlichte: „Das ist eine rechtlich sehr offene Situation.“

2017 bereits hatten die Verbandsräte des Regionalen Planungsverbandes Oberlausitz-Niederschlesien die Überarbeitung des Braunkohlenplanes beschlossen. Wie weit darf der Kohlekonzern abbaggern? Wo genau entsteht der künftige Restsee Mühlroser See? Wie groß und wie tief soll er sein? „Ergebnisoffen sollte das geprüft werden. Doch seitdem ist nichts passiert“, so René Schuster. „Der überarbeitete Braunkohlenplan wäre für die Bergbau-Behörde eine wichtige Vorgabe. Doch es liegt kein Vorentwurf vor. Es gibt kein Beteiligungsverfahren.“

See soll 2.000 Hektar groß werden

Bürger und Kommunen ermutigte er, sich im laufenden Verfahren durch Stellungnahmen mit einzubringen. Das betrifft vor allem den Erhalt der Straße Schleife-Mühlrose. Links und rechts davon ließ die LEAG in den vergangenen Monaten viel Wald entfernen. Bereits 2017 forderte das Initiativbündnis „Strukturwandel jetzt – kein Nochten II“ den Erhalt der Straße als „rote Linie“ und Grenze zum Tagebau. „Dafür ist es noch nicht zu spät“, meinte die Rohnerin Edith Penk, die seit vielen Jahren für den Erhalt des Schleifer Kirchspiels kämpft. „Seit Jahren warnen wir vor den Folgen für die Natur durch den Tagebau. Die Umwelt lässt nicht mit sich spaßen.“

In seinem Vortrag ging René Schuster vor allem auf den künftigen Mühlroser See ein. Er wird rund 2.000 Hektar groß sein. Mit circa einer Million Kubikmetern Wasser wird er gefüllt. Die Flutungsdauer beträgt voraussichtlich 30 Jahre. Der Zufluss geschieht durch Pumpen. „Beginn der Flutung soll nach Leag-Angaben 2038 sein“, erläuterte René Schuster. „Endgültig gefüllt soll der See (im Fall der Abbaggerung von Mühlrose) 2078 sein.“

Viele Fragen kamen von den Zuhörern auf. Wo kommt das Wasser für den Restsee her? Gibt es Alternativen zu diesem riesigen Restsee? Wie wird das Grundwasser nach dem Ende des Tagebaus wieder ansteigen? „Wer schützt uns vor Lärm und Staub? Ich habe Sorge, dass eine massive Umweltkatastrophe auf uns zurollt“, meinte eine Mulkwitzerin. Sei wohnt unweit des Tagebaus Nochten. Werner Karg vom Gemeindekirchenrat fragte nach der Entscheidung und nach dem Verlauf der Flutung. Und Einwohner Günter Beesdo fragte: „Ist es ratsam für die Gemeinde und für die Bürger, Forderungen zu stellen, sich Gedanken zu machen?“ „Möglich ist das in jedem Fall. Stellungnahmen können durchaus Entscheidungen mit beeinflussen“, erwiderte René Schuster. „Die Gemeinde gibt in der Regel zu jedem Hauptbetriebsplan eine Stellungnahme ab. Doch auch die Bürger können sich äußern. Sie müssen sich durcharbeiten, es sind sehr sperrige Verfahren.“

Gerichtsprozess um privates Waldstück

Unweit der Straße Schleife-Mühlrose liegt noch ein 0,5 Hektar großes Waldstück. Die Grüne Liga hat es vom privaten Eigentümer gepachtet. Sie führt dort immer wieder Umwelt- und Kultur-Veranstaltungen durch. Am 18. September vorigen Jahres gab es eine Anhörung vor dem Sächsischen Oberbergamt zum sogenannten Grund-Abtretungs-Verfahren. „Damals gab es noch keine endgültige Entscheidung, nur den Austausch von Argumenten“, verdeutlichte René Schuster Mittwoch beim Dorfgespräch und versicherte: „Wir werden weiter um das Waldstück kämpfen.“Die Kirchengemeinde ihrerseits will sich weiter zum Thema Tagebau äußern. „Wir sollten zu allen relevanten Fragen immer wieder öffentlich Stellung nehmen“, meinte Kerstin Schuster. „Was das Anzeigen möglicher Bergschäden angeht, werden wir jetzt an der Kirche sogenannte Messmarken setzen. Damit können wir die Risse dokumentieren.“

Zum Dorfgespräch will die Kirchengemeinde weiter einladen. Im Herbst soll ein Gesprächsabend mit Wolfgang Zettwitz stattfinden. Er ist Leiter der Verbandsverwaltung des Regionalen Planungsverbandes Oberlausitz-Niederschlesien. „In den vergangenen Jahren haben wir als Kirchen-gemeinde immer wieder zum Thema Tagebau eingeladen. Anliegen ist, Menschen ins Gespräch zu bringen, Argumente auszutauschen, einen geschützten Raum für offene Diskussionen zu geben“, ließ Schleifes Pfarrerin Jadwiga Malinkowa wissen. Am 23. Juni um 10 Uhr lädt die Kirchengemeinde zu einem Gottesdienst im Waldgebiet Tiergarten ein.