SZ + Update Politik
Merken

Scholz: "Putin wird nicht gewinnen"

Bundeskanzler Scholz hat sich in einer Fernsehansprache geäußert. Er betonte, Putin solle die Geschlossenheit der Nato nicht unterschätzen.

 7 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Bundeskanzler Olaf Scholz hat den russischen Angriff bis aufs Schärfste verurteilt.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat den russischen Angriff bis aufs Schärfste verurteilt. © dpa-POOL

Von Christopher Stolz und Julia Bernewasser

In einer Fernsehansprache hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den russischen Präsidenten Putin dazu aufgerufen, die Waffen niederzulegen. Er erklärte, der russische Präsident versuche mit den Angriffen die Zeit zurückzudrehen. Scholz aber betonte: "Es gibt kein Zurück in die Zeit des Kalten Kriegs, als Supermächte die Welt unter sich aufteilten". Der Kanzler appellierte an Putin, er solle die Kampfhandlungen unverzüglich einstellen und die Völkerrechtsverletzung widerrufen.

Weiter sagte Scholz, man müsse jetzt dafür sorgen, dass der Konflikt sich nicht weitere Länder Europas ausweite. "Deutschland und seine Verbündeten wissen sich zu schützen", betonte Scholz. Putin solle die "Entschlossenheit der Nato nicht unterschätzen". Darin liege seine Stärke. "Putin wird nicht gewinnen", sagte Scholz weiter. "Europas Zukunft wird eine Zukunft in Frieden und Freiheit sein. Dafür werden wir sorgen."

Bereits am Donnerstagmittag hatte Scholz gesagt: "Putin bringt Leid und Zerstörung über seine direkten Nachbarn. Er stellt die Friedensordnung unseres Kontinents infrage." Zudem gefährde er das Leben unzähliger Unschuldiger. "Für all das gibt es keine Rechtfertigung. Das ist Putins Krieg", sagte Scholz. Er habe dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat Deutschlands volle Solidarität ausgesprochen.

Putin habe einen großen Fehler begangen. Es gehe nun darum, der russischen Regierung klarzumachen: "Für diese Aggression zahlt sie einen hohen Preis."

Scholz berief am Donnerstag das Sicherheitskabinett der Bundesregierung ein. Das Gremium wird vom Bundeskanzler einberufen, wenn Fragen der inneren oder äußeren Sicherheit zu besprechen sind. Dazu gehören auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sowie Vertreter der Sicherheitsbehörden. Der Kanzler kündigte außerdem an, am Sonntag in einer Sondersitzung des Bundestags eine Regierungserklärung "zur aktuellen Lage" halten.

Bereits zuvor hatte Scholz den Angriff Russlands auf die Ukraine "auf das Schärfste" verurteilt. Er sei "ein eklatanter Bruch des Völkerrechts" und "durch nichts zu rechtfertigen ist", erklärte Scholz am Donnerstagmorgen. Scholz sprach von einem "rücksichtslosen Akt" Putins. "Dies ist ein furchtbarer Tag für die Ukraine und ein dunkler Tag für Europa", erklärte er. "Unsere Solidarität gilt der Ukraine und ihren Menschen."

Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilt. "Wir sind heute in einer anderen Welt aufgewacht", sagte Baerbock. Der russische Präsident Wladimir Putin habe "seinen Drohungen schreckliche Taten folgen lassen". Russland habe diesen Weg gewählt.

"Ukrainer haben nichts getan, das dieses Blutvergießen rechtfertigt", sagte Baerbock. Dieser Krieg solle den Traum der Ukraine auf Recht auf Demokratie, Frieden und bessere Zukunft ohne Unterdrückung zerstören. "Präsident Putin, diesen Traum werden sie niemals zerstören können", sagte Baerbock.

Auch in Russland würden sich Menschen dafür schämen, so die Außenministerin Baerbock. "Wir sind fassungslos, aber nicht hilflos." Sie wiederholte auch die Aufforderung an alle deutschen Staatsbürger, die Ukraine "unverzüglich" zu verlassen.

Mehr zum russischen Angriff auf die Ukraine:

Baerbock kündigte schärfste Sanktionen gegen Russland an. "Wir werden das volle Paket mit massivsten Sanktionen gegen Russland auf den Weg bringen", sagte sie. Dazu werde sich Deutschland international mit der Europäischen Union, der Nato sowie den stärksten Wirtschaftsmächten im G7-Format abstimmen.

Zuvor hatte Baerbock den russischen Überfall auf die Ukraine bereits als "Tag der Schande" verurteilt. "Mit dem Angriff auf die Ukraine bricht Russland mit den elementarsten Regeln der internationalen Ordnung", sagte Baerbock nach Angaben des Auswärtigen Amts am Donnerstagmorgen in Berlin.

Bundesinnenministerin Faeser (SPD) ist mit der polnischen Regierung und der EU-Kommission zu möglichen Fluchtbewegungen in engem Austausch. Das teilte sie am Donnerstag via Twitter mit. "Die EU-Koordinations- und Unterstützungsmechanismen für humanitäre Hilfe sind bereits angelaufen, damit Hilfe für die Nachbarstaaten der Ukraine sehr schnell erfolgt."

CDU-Chef Friedrich Merz hat dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vorgeworfen, mit seinem Angriff auf die Ukraine Krieg gegen die Demokratie zu führen.

"Es ist Krieg in Europa. Es ist nicht nur ein Krieg gegen die Ukraine, sondern es ist ein Krieg gegen die Demokratie, gegen unsere Freiheit", sagte Merz, der auch Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag ist, am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Dass die Nato Putin bedrohe, sei "ein Popanz der russischen Propaganda schon seit vielen Wochen und Monaten". Die Nato bedrohe niemanden.

Putin fühle sich vielmehr bedroht durch die Demokratiebewegung in der Ukraine und in Belarus, sagte Merz. Die Verschärfung der Tonlage habe begonnen, als es monatelange Proteste gegen die gefälschten Wahlen in Belarus gegeben habe. Putin habe große Angst davor, dass sein politisches System in Russland und sein Umfeld bedroht würden durch die Freiheits- und Demokratiebewegungen in seiner Nachbarschaft. Gegen diese führe er jetzt Krieg, sagte Merz.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat den Angriff Russlands auf die Ukraine als "schamlosen Bruch des Völkerrechts" verurteilt. "Für Russland wird dieser Angriff schwere politische und wirtschaftliche Konsequenzen haben", erklärte der Vize-Kanzler laut seinem Ministerium am Donnerstag. "Dieser Tag ist eine Zäsur für Europa und die Welt."

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat den russischen Angriff auf die Ukraine scharf verurteilt und Moskau aufgefordert, sofort die Waffen ruhen zu lassen. "Es handelt sich hier um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Der russische Präsident ist ein Kriegsverbrecher", erklärte Mützenich am Donnerstag. "Präsident Putin und die russische Führung werden dafür einen hohen Preis bezahlen", kündigte Mützenich an.

Mützenich sagte, er befürchte, dass sich ein neuer "Eiserner Vorhang" über Europa senken werde. "Dies ist das Ende einer europäischen Sicherheitsordnung, die wir nach dem Ende des Kalten Krieges schaffen wollten." Nötig sei nun eine entschlossene und abgestimmte Reaktion des Westens und weitere schwerwiegende Sanktionen. Russland habe sein Vetorecht im UN-Sicherheitsrat moralisch und politisch verwirkt.

Die Fraktionschefs der AfD, Alice Weidel und Tino Chrupalla, sagten, dass der russische Angriff durch nichts gerechtfertigt sei. "Russland muss die Kampfhandlungen umgehend einstellen und seine Truppen aus der Ukraine zurückziehen", so Weidel und Chrupalla, der auch Parteichef ist. Die Lösung zwischenstaatlicher Konflikte könne nur am Verhandlungstisch erfolgen, hieß es in der gemeinsamen Mitteilung.

"In den Gesprächen müssen dem russischen Partner endlich glaubwürdige Angebote gemacht werden, die das gegenseitige Vertrauen wieder stärken." Der Bundesregierung sicherte die Fraktion "bei allen Versuchen, gemeinsam mit unseren Verbündeten eine friedliche Lösung des Konflikts herbeizuführen" ihre Unterstützung zu.

Die G7-Staats- und Regierungschefs kommen am Nachmittag zu einer Schalte zusammen. Am Abend findet in Brüssel ein EU-Sondergipfel statt.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will als Reaktion auf den russischen Angriff den Zugang russischer Banken zu den europäischen Finanzmärkten stoppen. Zudem sollen russische Vermögenswerte in der EU eingefroren werden, und wichtigen Sektoren der russischen Wirtschaft soll der Zugang zu Schlüsseltechnologien und Märkten verwehrt werden.

Putin hatte in der Nacht zum Donnerstag erklärt, er habe die Entscheidung für eine "Militäroperation" in der Ukraine getroffen. In der ukrainischen Hauptstadt Kiew und anderen Städten waren kurz danach Explosionen zu hören gewesen. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erklärte, Russland habe eine "groß angelegte Invasion" der Ukraine gestartet. (mit Agenturen)