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Freital hilft den Geflüchteten

Der Verein „Das Zusammenleben“ hat eine Sammelstelle für Sachspenden eröffnet. Auch Helfer aus der Ukraine engagieren sich.

Von Dorit Oehme
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Freitals Oberbürgermeister Uwe Rumberg besuchte die Sammelstelle für Hilfsgüter des Zusammenleben-Vereins und sprach mit den Helferinnen Tatjana Shulman (l.) und Kristina Eremina.
Freitals Oberbürgermeister Uwe Rumberg besuchte die Sammelstelle für Hilfsgüter des Zusammenleben-Vereins und sprach mit den Helferinnen Tatjana Shulman (l.) und Kristina Eremina. © Egbert Kamprath

Sie trägt ein schwarzes Haarband. Die Freitalerin Tatjana Shulman sagt: „Es ist zum Zeichen der Trauer. Sogar kleine Kinder, die sich nicht schützen können, müssen in dem Krieg in meiner Heimat so Schlimmes erleben. Ich habe zwei Kinder und möchte nun den Flüchtlingskindern, die hierher kommen, etwas Glück und ein Stück Kindheit zurückgeben.“

Die 30-Jährige hilft in der neuen Spendenannahme- und Ausgabestelle für Flüchtlinge aus der Ukraine, die der Verein „Das Zusammenleben“ in Freital aufgebaut hat. Der im Jahr 2005 von russlanddeutschen Spätaussiedlern gegründete Verein setzt dabei seine vielfältigen Erfahrungen ein. Spielzeug, Babytrinkflaschen, Schlafsäcke, Kinderschuhe liegen sortiert bereit. Ebenso Kleidung für Erwachsene, Decken und sogar Gehstöcke.

Mahnung des Oberbürgermeisters

Tatjana Shulman stammt aus Riwne, einer Großstadt im Nordwesten der Ukraine. Sie lebt seit zehn Jahren in Deutschland, seit zwei Jahren in Freital. Seit Wladimir Putin mit seiner Armee am 24. Februar in ihr Heimatland eingedrungen ist, engagiert sie sich unablässig für aus dem Kriegsgebiet Flüchtende. Mit ihrem Mann beherbergt sie auch Flüchtlinge daheim. „Bis zu 13 waren es schon, ich habe aufgehört zu zählen. Es wechselt ständig.“

Anfangs besorgte sie das Nötigste dazu vom Deutschen Roten Kreuz. Über die Dresdner Tafel erfuhr sie vom Integrationsverein „Das Zusammenleben“. Seit Donnerstag hat Vereinschefin Tatjana Jurk dort die Sammelstelle für Kleidung und andere Sachspenden mit ihren Helferinnen aufgebaut. Die Räume stellte die Stadt Freital kostenfrei zur Verfügung.

„Ich danke allen, die sich hier engagieren“, sagte Freitals Oberbürgermeister Uwe Rumberg zur Eröffnung. Jede Sammelstelle sei wichtig. Am besten funktioniere das in so kleinen Einheiten und „so unbürokratisch wie möglich.“ Bewegt berichtete Rumberg von seiner Begegnung am Sonntag mit ukrainischen Frauen und Kindern, die im Gasthof und Hotel zur Linde gerade Zuflucht gefunden haben. Inhaber Frank Gliemann bietet die Unterkunft und Versorgung kostenfrei an. Rumberg betonte: „Es ist schlimm, diese aus ihrer Heimat vertriebenen Menschen zu sehen. Ich bitte und mahne: ‚Lassen sie uns weiter friedlich zusammenleben.‘“

Die Kraft der Liebe

Mit anderen ukrainischen Frauen, die schon länger in Dresden leben, hat sich Tatjana Shulman vernetzt. „In der Internetgruppe tauschen wir uns aus, was konkret gebraucht wird.“ Über ihre Kontakte hat sie schon Flüchtlinge ins Ostseegebiet, nach Leipzig, Hannover und Dortmund weitergeleitet. Sogar bis in die Niederlande, nach Amsterdam. „Es waren Unbekannte.“

Sie hat fünf jüngere Geschwister. Die Mutter ist mit Zweien schon nach Deutschland geflüchtet. Ihr Vater ist Pfarrer einer evangelischen Kirche in ihrer Heimatstadt. „Wenn ich die Online-Gottesdienste sehe, höre ich öfters Sirenengeheul als Warnung vor Luftangriffen. In der Kirche übernachten auch Flüchtlinge aus anderen Landesteilen. Dort wird gekocht und Wäsche gewaschen.“

Ihr 49-jähriger Vater sei ein liebevoller Mensch. „Er steht den Menschen auch psychisch bei, damit sie zumindest kurzzeitig Ruhe finden.“ Sein Wunsch und Gebet sei, dass das Gute das Böse und die Dunkelheit überwindet. Shulman sagt: „Auch den Flüchtlingen, die hier ankommen, hilft es bei dem Leid sehr, wenn ihnen Liebe gezeigt wird. Diese Liebe ist im Verein ‚Das Zusammenleben' zu spüren.“

Dem Verein möchte sie auch helfen, indem sie online registriert, was Flüchtlinge brauchen. „Wichtig sind auch SIM-Karten, damit sie in Kontakt bleiben können“, sagt Tatjana Jurk aus der Corona-Quarantäne. Auch sie vermittelt telefonisch fast 24 Stunden um die Uhr Flüchtlinge in Unterkünfte, wobei sie betont: „In der Ukraine leben verschiedene Nationalitäten. Wir helfen allen in Not.“ Ihre Vertreterin, Kristina Eremina, ergänzt: „Wir helfen Flüchtlingen auch bei der Anmeldung bei der Ausländerbehörde.“

Was wo gebraucht wird:

Die Sammel- und Ausgabestelle für Sachspenden des Vereins „Das Zusammenleben“ in Freital befindet sich in der Dresdner Str. 162, 2. Obergeschoss. Dort werden Montag bis Mittwoch von 10 Uhr bis 15 Uhr Spenden angenommen und an Flüchtlinge abgegeben. Auch nach telefonischer Absprache unter: 0351 65219588

Gebraucht werden: Kleidung, Kinderunterwäsche und Socken, Schuhe, Bettwäsche, Handtücher, Kindernahrung, Windeln, Corona Schnelltests, FFP2-Masken, Zahnpasta, Zahnbürsten, Shampoo, Seife, Toilettenpapier, Damen-Hygieneartikel, SIM-Karten, Lebensmittel mit langer Haltbarkeit.


Die Stadt Freital aktualisiert fortlaufend die Möglichkeiten, wie Betroffenen in Freital geholfen werden kann.

Die Freitalerin Ines Kummer, Landtagsabgeordnete der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, regte an, die Angebote für Flüchtlinge zusammenzufassen und auch ins Ukrainische und Russische zu übersetzen.

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